2 x 8 Spätburgunder vs. Pinot Noir

2 x 8 Spätburgunder vs. Pinot Noir

Titelbild-100

September 2012 stiegen jeweils acht Spätburgunder aus Deutschland und Frankreich in den Ring um die alte Frage zu klären: wer ist denn der schönste Pinot Noir im Ländle. Eigentlich ging es Heiko und mir aber viel mehr darum, den Teilnehmern der Bonner Weinrunde einen breiten Überblick über die Stilistiken der vermutlich großartigsten roten Rebsorte zu vermitteln. Die Probe sollte dabei für Normalsterbliche bezahlbar bleiben und so bewegten wir uns bei den Burgundern im Village bzw. 1er Cru-Bereich und selbst bei den dt. Spätburgundern verzichteten wir auf die absolute Spitze. Wie die Probe zeigen sollte, ist dies auch nicht notwendig, da es bereits im mittleren Segment für den verwöhnten Gaumen überaus schmackhafte Weine gibt. Die Weine wurden wie immer blind verkostet, das Line-Up war den Teilnehmern vollkommen unbekannt.

1. Flight – Burgenland vs. Chambolle-Musigny

Prieler Pinot Noir 2006-1001 Weingut Prieler Pinot Noir, 2006 (25 Euro)
Leicht kühle rotfruchtige Nase nach Kirsche und Himbeere, feine Tabakwürze, leider zeigt sich auch der Alkohol. Am Gaumen recht schlank, klar fruchtig, erneut rote Beeren, frische Säure, Kräuterwürze, das Holz zeigt sich tabakig, mittlere Tiefe und Nachhall, sauber, aber nicht sonderlich aufregend.
86/100


Hudelot-Boellat Chamolle-Musigny, 2005-100
2 Hudelot-Noellat Chambolle-Musigny, 2005 (33 Euro)
Ein Bukett nach reifen Schwarzkirschen, ein Hauch kühle Mineralik, frisch geschnittenes Gras. Am Gaumen von mittlerem Körper, sehr saubere, rotbeerige Frucht, Orangenschalen, feine, verspielte Säure, das Holz hält sich vornehm zurück, wirkt ungemein frisch und animierend, erneut kühle Mineralik nach Kalkstein, griffige Tannine, nicht sonderlich komplex, schöne Länge. Noch sehr jugendlich.
89+/100


2. Flight – Pfalz vs. Nuits-Saint-George
Georges Mugneret Nuits-Saint-Georges, 2004-100

3 Mugneret-Gibourg Nuits-Saint-Georges 1er Cru „Les Chaignots“, 2004 (43 Euro)
Kräutrige Nase mit animalischen Anklängen, kaum Frucht, unangenehm. Im Antrunk erneut viel Kräuter, kaum Frucht, ruppiger Verlauf, rote Früchte tauchen auf, rote Beete, Sauerkraut, Oliven, wirkt weit gereift und gezerrt, feste Säure, nur mäßiger Trinkspaß, mittlerer Verlauf.
81/100


Rebholz Im Sonnenschein 2004-1004 Weingut Rebholz Im Sonnenschein „R“ Goldkapsel, 2004 (35 Euro)
Offener Duft nach Lebkuchengewürzen, Schokolade, Mon Cheri, süßliches Holz, Vanille. Am Gaumen kräftig, aber in der Spur, viel, recht süßliches Holz, reife, rote Beerenfrucht, Erd- und Himbeere überwiegend, lebhafte, gut integrierte Säure, viel Holz, sehr charmant und stimmig, gute Länge, typisch deutsch. Geschmackssache, aber gut gemacht. Zukunft.
88/100


3. Flight – Rheinhessen vs. Cote de Beaune
Keller Bürgel 2007-100

5 Weingut Keller Bürgel „Felix“, 2007 (39 Euro)
Röstige Nase mit viel Fruchtfülle, Marzipan, Schokolade, verführerisch süß, sauber. Am Gaumen ebenfalls viel Saft, Fruchtfülle und Süße von Frucht und Holz, wirkt etwas zu fett und aufgesetzt, ein Charmeur, mit edlem und recht jugendlichem Holz nach Schokolade, Marzipan, Vanille, die Frucht erinnert an süße Brom- und Himbeeren, die Säure kämpft noch erfolgreich dagegen an, mittlere Tiefe, recht jung, gute Länge. Gespaltene Reaktionen am Tisch, einige sind spontan begeistert, andere halten ihn für einen Blender. Ich attestiere ihm Qualität, aber meine Sache ist es nicht.
87+/100

Pavelot Aux Gravains 2007-1006. Jean-Marc Pavelot Savigny-Lés-Beaune „Gravains“, 2007 (22 Euro)
Eine herrlich saubere und tiefe Nase präsentiert der Pavelot. Animierendes Kräuterspiel, rote Früchte und Herzkirsche, sauber, klar und frisch. Am Gaumen ebenfalls mit klarer, ja nobler Frucht, zeigt Tiefe und subtiles Spiel an, eher ein feiner, als kräftiger Wein, das Holz kaum wahrzunehmen, hinten zeigen sich florale Anklänge, steinbetonte Mineralität, trotz aller Frische und Feinheit hat der Wein auch ausreichend Dichte, ein toller Wein, dem ein wenig die Länge fehlt. Viel Zukunft. Ein Schnäppchen.
91+/100


4. Flight – Baden vs. Gevrey-Chambertin
Huber Bienenberg 2002-100

7 Weingut Huber Malterdinger Bienenberg “R”, 2002 (37 Euro)
Deutlich gereifte Nase mit viel Kräutern, tertiären Aromen, gereifte und angetrocknete Waldbeeren. Am Gaumen ebenfalls weit gereift, viel Fruchtsüße verblieben, aber überreif, Rosinen, Trockenfrüchte, ein Touch Maggi, viel Kräuter, reife Säure, wenig Tiefe, bricht hinten weg.
Entlockte mir keine Bewertung


Heresytyn Les Champonnets 2002-1008 D. Heresztyn Gevrey-Chambertin 1er Cru Champonnets, 2002 (37 Euro)
Dunkle Farbe, röstige Nase nach Teer, schwarzen Oliven, dunkle Beerenfrucht, Herrenschokolade, eigenwillig, aber stimmig. Am Gaumen dicht, mit dunklen Waldbeeren, Teer, schwarzer Tee, ein Hauch Speck und Lakritze, mit schöner Extraktsüße, gute Tiefe, sehr langer Nachhall. Ein toller Pinot Noir mit sehr eigenwilliger, aber stimmiger Charakteristik.
92/100


5. Flight – Rheingau vs. Cote de Beaune
Laurent Beaune Les Gréves, 2001-100

9 Dominique Laurent 1er Cru Greves, 2001 (35 Euro)
Gedeckte Nase mit diffuser Fruchtsüße, wenig animierend. Am Gaumen viel Süße von Frucht und Holz, resche Säure, die etwas abseits steht, kompottige dunkle Beerenfrucht, Kräuter, etwas Liebstöckel, mittlerer Nachhall. Mir passt da wenig zusammen.
81/100


Kessler Höllenberg 2001-10010 Weingut Kessler Assmannshäuser Höllenberg, 2001 (50 Euro)
Schade, die Flasche zeigt sich nicht so wie ich sie schon erleben durfte, denn es kann ein ausgezeichneter, wenngleich sehr eigenwilliger Pinot Noir sein. Ich berichtete bereits hier darüber. Diese Flasche zeigte eine kühle Nase, schön gereift, viel Kräuter, aber auch etwas hohl. Im Antrunk eine klare rotbeerige Frucht, straffes Säuregerüst, von schlankem Körper, fast ein sehniger Wein, wirkt präzise, aber auch ein wenig freudlos, es fehlt ihm das nötige Fleisch und die Dichte, viel Kräuter und es heißt Steine kauen, mittlerer Nachhall.
88/100

6. Flight – Ahrtal vs. Vosne-Romanée

Adeneuer Gärkammer GG, 2001-10011 Weingut Adenauer Wallporzheimer Gärkammer, 2006 (54 Euro)
Kein Flaschenglück hatten wir leider mit der Gärkammer. Eigentlich ein ansprechender Vertreter der Ahrstilistik und gerne für 92 Punkte gut. Nur hier war die Aromatik derart angeschlagen, dass ich mir jede Beschreibung und auch Wertung spare.


Clavelier Les Beaux Monts 2006-10012 Bruno Clavelier 1er Cru Les Beaux Monts, 2006 (50 Euro)
Die Weine von Clavelier sind mir irgendwie ein Rätsel. Obwohl ich schon einige von ihm im Glas hatte, suche ich noch nach dem Schlüssel zu ihnen. Vielleicht liegt es an ihrer Jugendlichkeit, bisher hat ich sie nur in diesem Stadium verkosten dürfen. Die Weine wirken distanziert, mit kühler und finessenreicher Frucht, auf der anderen Seite steht dann aber auch oftmals ein in spröde gehende Holzaromatik, die Tannine sind manchmal wenig charmant, selten gar bäuerlich. Ohne Zweifel haben die Weine Klasse, aber bisher haben sie noch nicht mein Herz berührt, was aber auf keinen Fall ihre Qualität diskreditieren soll. Umso mehr habe ich mich auf diesen Wein  gefreut, insbesondere weil Heiko den Les Beaux Monts anstellte, sicherlich eine 1er-Cru-Lage in Vosne-Romanée mit großem Potential.
In der Nase verhalten, fast fragile, oder zumindest scheue rotbeerige Frucht, Hagebutte, Kirschsaft und Kieselsteine, das Holz ist kaum zu vernehmen. Am Gaumen von mittlerem Körper und die Frucht ändert ihren Charakter, nun mehr Pflaumen, dunkle Früchte, erneut Kirschsaft, herrlich rein und fein gezeichnet, festes steinbetontes mineralischen Fundament, da ist wieder diese Kühle, diese Unnahbarkeit, eine Ahnung an Kräuterwiese, die Tannine noch recht griffig, das Holz zeigt sich mit dezenten, aber dunkelröstigen Noten, nicht zu unterschätzende Extraktdichte, gute Länge, der Wein hat seinen Höhepunkt noch lange nicht erreicht.
91+/100


7. Flight Burgenland vs. Gevrey-Chambertin

Bachelet Gevrey-Chambertin Vieilles Vignes, 2006-10013 Domaine Bachelet Gevrey-Chambertin Vielles Vignes, 2006 (33 Euro)
Charmante, intensive Nase nach reifen Schwarzkirschen, Schokokonfit und röstiger Holzwürze, nach gebrannten Nüssen und Rauch. Am Gaumen kräftig, jedoch balanciert, mit klarer, eher dunkler Frucht, viel Extraktsüße, sehr saftig , charmant und animierend, das Holz stürmt forsch hervor, die Tannine leicht trocknend, feines, noch jugendliches Säurespiel, gute Tiefe, langer, komplexer Nachhall. Ein Wein noch im Anbeginn seiner Entwicklung ,wird erst in 3-4 Jahren seine ganze Klasse zeigen.
92+/100


Umathum Unter den Terrassen zu Jois, 2006-10014 Weingut Umathum Unter den Terrassen zu Jois Pinot Noir Burgenland, 2006
Obwohl aus dem selben Jahr wirkt der Wein viel weiter in seiner Entwicklung. Backpflaume, reife rotbeerige Frucht, Schokolade und Röstaromen vom Fassausbau, charmant ohne dramatische Tiefe. Am Gaumen kräftig, die Frucht entspricht dem Naseneindruck, mit charmanter Fruchtsüße, sehr saftig, herrlich trinkanimierend, mit Schoko- und Nougataromen, Mon Cheri, Krokant, bestens integrierte Säure, leicht süßliche und röstige Holzwürze, sehr gut gemacht und so ziemlich das Gegenteil von Clavelier-Weinen, mittlere Tiefe, ein Charmeur vor dem Herrn, gute Länge.
90/100


8. Flight – Pfalz vs. Nuits-Saint-George
Chevillon Les Caulles, 2006-100

15 Robert Chevillon 1er Cru Les Cailles, 2006 (42 Euro)
Chevillon zählt für mich zu den großartigen Winzern in Nuits-Saint-George, der seine Weine noch zu fairen Preisen verkauft. Dies liegt sicher auch an dem Fakt, dass die Appellation keine Grand Cru-Lagen beherbergt und so von vielen wohlhabenden Weinfreunden wenig Beachtung findet. Dabei sind Premier Cru-Lagen wie Les Vaucrains, Les Cailles und St. George eine Versuchung wert, um nur einige zu nennen. Sie können in guten Jahren an Grand Crus heranreichen.

Leider ging unsere Hoffnung nicht auf, dass der angestellte 2006er bereits jetzt schön zu trinken ist. Es war ein ausgezeichneter Wein, keine Frage, jedoch weit von seinem Höhepunkt entfernt. Schon die Nase wirkt blutjung, feine, fast feminine Nase nach Veilchen, jugendlichen Himbeeren, unreife Kirschen und Kalkstaub. Am Gaumen wirkt der Wein fest, von mittlerem Körper, klare Fruchtanklänge, die sich gerade in ihre Höhle zurückgezogen haben, die Tannine noch harsch und unentwickelt, wir beißen auf Granit, die Säure tanzt ihr eigenes Spiel, eine Ahnung von großer Tiefe und Ausdruck, herrlich klar und fluid, bleibt lange am Gaumen, aber auch da noch jugendlich unausgewogen, muss noch lange reifen, vor 2017 wird das nichts.
90+/100


Becker Kammerberg 2006-10016 Weingut Becker Kammerberg, 2006
Eine Besonderheit stellt sicherlich der Kammerberg von Becker dar, denn die Lage befindet sich auf französischem Staatgebiet, zählt aber weinbaurechtlich zur Pfalz. Der Boden Kalkmergel und Ton und die Klone stammen aus dem Burgund. Also beste Voraussetzungen für einen eleganten, klarfruchtigen Wein und in der Tat zeigte der Wein Klasse, mir schien jedoch das Toasting der Barriques zu stark zu sein. In der Nase schon eine starke Holzwürze, röstige Aromen, Speck, aber auch eine tiefe dunkle Frucht nach Backpflaumen und hochreifen Schwarzkirschen. Im Mund ebenfalls recht kräftig, aber straff und klarsaftig, mit dunklen Früchten, Kirschkonfit, mineralischen Anklängen, dann tritt die Röstigkeit des Holzes wieder auf, gebrannte Nüsse, dunkle Schokolade, noch sehr jugendlich wirkende Tannine wie auch Säure, mittlere Tiefe, schöner Schmelz, gute Länge, wirkt insgesamt aber noch etwas unruhig und röstig, die Entwicklung bleibt abzuwarten, wenn sich alles findet wird das ein toller Pinot Noir, heute reißt er bei mir aber nicht die 90-Punkte-Marke.
89+/100

Der Wettstreit geht heute Abend mit 2:6 an die Franzosen, wobei wir bei den Deutschen ein wenig Flaschenpech hatten. Daraus lassen sich auf keine Fälle allgemeine Aussagen ableiten. Der deutsche Spätburgunder ist auf dem richtigen Weg und es gibt mittlerweile ansprechende Qualitäten von erfreulich unterschiedlicher Stilistik. Der Vergleich mit dem Burgund ist Unsinn, denn hier wird seit Jahrhunderten diese Rebsorte auf idealen Böden kultiviert und kann in der Spitze eine Qualität und ein Geschmackserlebnis ohne Vergleich erreichen. Schön, dass es Beides gibt und schade, dass es in Deutschland und wie im Burgund ein teureres Vergnügen geworden ist, einen guten Pinot Noir zu genießen.
Bitte beachten sie, dass viele Preisangaben bei den Burgundern Hofpreise sind, daher müssen sie bei einem deutschen Händler mit deutlichen Aufschlägen rechnen. Diese Aufschläge sind oftmals berechtigt, da der Händler nur wenige Flaschen erhält, die Marketingaufwendungen aber unabhängig von der verfügbaren Menge in vergleichbarer Höhe anfallen. Das oft bemühte Vorurteil, deutscher Spätburgunder böte mehr Qualität für weniger Geld, gilt nach meiner Erfahrung schon langer nicht mehr. Das Verständnis für das Burgund und die Suche nach dem richtigen Wein verlangen einfach mehr Engagement von uns Weinliebhabern.

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