Aufbruch des Priorats – Große Weine von den Steilhänges des Montsant-Gebirges

Aufbruch des Priorats – Große Weine von den Steilhänges des Montsant-Gebirges

Aufbruch Priorat-Probe (25 von 27)Dank meines guten Weinfreundes Norbert Kreutzer hatte ich das Glück vor einigen Jahren die Weine aus dem Priorat zu entdecken. Die besten Weine können ein einmaliges Geschmacksprofil und einen mineralischen Ausdruck entwickeln, wie ich es bei einem Rotwein nirgendwo sonst erfahren durfte. Hochfeine und glockenklare Fruchtaromen nach Blaubeeren, Kirschen und Cassis gepaart mit einer intensiven Graphit- und Schiefernote, dazu hält sich das Holz im Hintergrund. Es sind Grenzgänger und so liegt die Kunst in der richtigen Balance aus Traubenreife, Alkohol und Anteil Neuholz. Wenn es gelingt zählen sie zu den großen Weinen der Welt.

Nach dem ersten Kontakt mit diesen Weinen begann ich auf internationalen Auktionen gereifte Spitzenweine zu sammeln und siehe da, die Weine waren, im Vergleich zu den aktuellen Jahrgängen, noch einigermaßen erschwinglich und mit etwas Geduld und Ausdauer hatte ich nach drei Jahren eine hinreichende Sammlung zusammen um eine hochwertige Probe ausgewählter Spitzenweine aus den Anfängen des Priorates zusammenzustellen.

Alle Weine hatte ich mindestens 12 Stunden dekantiert, die jüngeren und konzentrierten Vertreter bis zu 32 Stunden. Die hochwertigen Priorat-Weine benötigen unbedingt diese Luftzufuhr, da sie ansonsten unter Wert getrunken werden. Bei jüngeren Jahrgängen zeigen die Wein oftmals erst nach drei Tage in der offenen Karaffe ihr ganzes aromatisches Spektrum.

Die Verkostung fand verdeckt statt, wobei das grobe Line-Up den Teilnehmern vorab bekannt war.

Als Willkommen gab es wie üblich bei mir einen hochwertigen, gereiften Riesling. Dieses Mal entschied ich mich für einen Wein aus dem Rheingau. Der 2007er-Steinberger von den Staatsweingütern ist nach langen Jahren wieder ein trockener Riesling aus dem Hause, der höchsten Ansprüchen genügt. In der Nase ein fein-gereifter klassischer Rieslingduft mit steinwürziger Mineralität, zart-nussige Anklängen vom Faßausbau, sehr beweglich und glockenklar. Im Mund herrlich beweglich, herb-saftige Stein- und Zitrusfrüchte, subtiles und bewegliches Säurespiel, ungemein animierend zu trinken und trotzdem tief und nachhaltig, herrliches Süße-Säurespiel über den gesamten Verlauf, großer Trinkfluss, große Begeisterung am Tisch, binnen Minuten leert sich die Flasche. Großer Riesling mit viel Zukunft – 95/100.

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1 Jose Luiz Perez Cims de Porrera Classic, 1997

Duftige schwarze und blaue Beeren, ein Hauch Rumtopf, Waldboden, duftiger Tabak, Konfitfrucht, Pflaumenkompott, insgesamt eine harmonisch, intensiv ausdrucksstarke Nase. Im Mund mittlere Fülle, leicht wärmend, tabakige Würze, deutliche gereifte Säure, Piment, Tannine sind stumpfend und grobkörnig, eher rustikal als feinsinnig, guter Nachhall und Trinkfluss.
88/100, jetzt trinken

2 Alvaro Palacios Finca Dofi, 1997

In der Nase leicht süßlicher Ansatz, erkennbare Holzwürze, Anflug von Weihnachtsgewürzen, Orangenschale, Creme de Casis, Schwarzkirsche, frische Zitrusnote, mineralische Note. Im Mund mit saftigen Auftakt, intensive Frucht, hochfein und glockenklar, ohne jede Überreife, absolut balanciert, deutlicher Graphitton bringt kühle in den Verlauf, intensive, feinporige Säure, geschliffener Stil, Orangen, Hagebutte, Frucht und Säure haben gutes Spiel, bleibt hinten schön kompakt. Delikat, auch der Alkohol ist gut integriert, langer Nachhall.
90-92/100, jetzt bis 2022

3 Alvaro Palacios l’Ermita, 1993

Hier springt mich die Mineralität bereits in der Nase an, ein deutlicher Graphitton umgibt die aromatische Frucht aus Waldbeerenkonfit, Blaubeere, getrocknete Schwarzkirsche, dazu ein kühle ätherische Brise, leise, nuanciert. Im Mund konzentriert, viel Saft, trocken, hier gar keine Überreife, reife, tänzelnde Säure, geradlinig, sehr mineralisch, ganz viel Graphit, tabakige Noten, Salzigkeit, blitzsaubere Frucht, die Tannine geben dem Wein Struktur, sind aber herrlich mürbe, ordentlich Kraft, dabei mittlerer Körper, dezent, sehr langer und nuacierter Nachhall. Die Flasche war noch ungemein frisch, keine Reifetöne, hat noch eine lange Zukunft vor sich, Trinkfluss pur. Ein nobler Wein.
93-95/100, jetzt bis 2023
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4 Alvaro Palacios Finca Dofi, 1994

In der zunächst etwas verhaltenen Nase Brühwürfel und Pflaumen, binnen einer Minute wandelt sich das Bukett hin zu schwarzen Früchten, Graphit, Blaubeeren, Schokolade, leicht wärmender Eindruck. Am Gaumen überraschend kühl mit klar-fruchtigem Antrunk, fast schlank und straff, herrlich bewegliches Säurespiel, dichte Schwarzkirsche, ätherische frische Noten, Schokolade, After Eight, Eisennoten, elegant, tabakig, über das Extrak kommender Abgang, auch im Antrunk saubere, klare Frucht, schöne Holznote, die aber wunderbar zum Rest passt. Saftig bis in den Abgang. Jetzt im besten Trinkfenster.
91-93/100, jetzt bis 2020

5 Rene Barbier Clos Mogador, 1994

Da kommt der Clos Mogador aus demselben Jahr nicht mit, wenngleich er sich auf sehr gutem bis ausgezeichneten Niveau präsentierte. In der Nase ebenfalls Fleischbrühe, die aber nicht ganz vergehen, herb-würzige Noten, Tabakblätter, mineralische Noten im Hintergrund, etwas geblockt. Am Gaumen saftig, mit komplexer Frucht, erneut ätherische Noten, viel Würze, aber auch angetrocknete schwarze Kirschen, dazu eine feine Süße vom Faßausbau, dazu Süße vom dichten Extrakt, nicht ganz tief im Mund, wirkt durch die Süße etwas vordergründig, könnte sich noch verbessern. Recht unterschiedliche Eindrücke am Tisch.
88-91+/100, jetzt bis 2020

6 Alvaro Palacios Finca Dofi, 1996

Ein nobles Bukett mit Cabernet-Töne, schwarze Beeren, Sauerkirschen und Cassis herrlich verwoben mit einer tollen Holzaromatik, die nur ganz leicht im Hintergrund anklingt. Im Mund ebenso schwarze Beeren, Kirschen, Pfeffernote, Graphit, leicht wärmend, wirkt etwas geschliffen. Passt nicht ganz in den Priorat-Stil, Frucht strahlt, schönes Spiel, aber komplex wirkt das nicht, guter bis sehr guter Nachhall.
90-92/100, jetzt bis 2020
Aufbruch Priorat-Probe (19 von 27)

7
Alvaro Palacios l`Ermita, 1996

Schlichtweg sensationell dann der 96er-l´Ermita mit seinem hochfeinen Bukett nach Kaffee, Mokka, tiefer, dunkler Beerenfrucht, sehr sauber, komplexe Würze, mineralische Noten, im Hintergrund Piment. Am Gaumen glockenklar, herrlich saftiger Auftakt, ganze Bäche von dunklen Beeren, Kirschen, samtige Textur, süßlicher Tabak und Mokka, packende Mineralität, eine mürbe Tanninstruktur zum hineinlegen, dazu eine schöne Extraktsüße, die tänzelnde Säure bringt Schwung in den Wein, einigen ist der Wein noch zu jung, andere lieben die klare Struktrur des Weines, im weiteren Verlauf immer eleganter, beweglicher und tiefer, schlichtweg ein großer eleganter aromatischer Wein, der nur ganz langsam auf eine blitzsauberen Kirsch- und Schlehenfrucht ausblendet.
95-96/100, jetzt bis 2026

Wein zu Fischgang

Weingut Hirtzberger Grüner Veltliner Honivogel Smaragd, 2011

2011 hat in der Wachau elegante und bereits in der Jugend animierend zu trinkende Smaragde hervorgebracht. Der Honivogel war hier keine Ausnahme und erzeugte am Tisch einhellig große Begeisterung. In der Nase noch sehr jugendlich, zarte gelbe Früchte, Mirabelle, aber auch viel Birnen, erinnert eher an Weißburgunder. Am Gaumen von mittlerer Dichte, hier zeigt sich dann eine deutliche Pfeffernote, erneut gelbe Früchte, dazu florale Anklänge, feines Säurespiel, dichte Struktur, ohne jede Breite oder Schwere, viel Trinkfluss, wird immer tiefer und nachhaltiger, sehr langer Nachhall, noch am Anfang seiner Entwicklung, wer einen guten Bestand hat jetzt unbedingt einmal versuchen.
92+/100, 2017 bis 2025

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8 Alvaro Palacios Finca Dofi, 1995

leider Kork

9 Rene Barbier Clos Mogador, 1995

der nächster Korker

10 Daphne Glorian Clos Erasmus, 1995

1995 scheinen nur miese Korken im Priorat angekommen zu sein, denn auch dieser Wein hatte heftigen Kork, was bei einem Wein von einigen hundert Euro für keine besonders gute Stimmung sorgt, während man ihn in den Ausguss kippt.

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11 Rene Barbier Clos Mogador, 1998

Würziger Duft nach Herbstlauf, Kiefernadeln, Süßholz, hochreife Pflaume, rote Beeren, ein Hauch Schwarzbrot und Tabak. Im Mund samtig, fülliger Auftakt, recht viel Körper, zum ersten Mal geht die Frucht ins Überreife, Fleischbrühe, etwas Marzipan, leicht stumpfendes Tannin, im weiteren Verlauf fächert er immer weiter auf, Graphit, Piment, salzige Mineralität, aber leider wärmt auch die Alkohol, es fehlt die letzte Frische im Nachhall, trotzdem ausgezeichnet.
90-92/100, jetzt bis 2020

12 Rottlan Torra Tirant, 1998

In der Nase sehr würzig, Röstaromen vom Faßausbau, Sahneschokolade, dunkles Brot. Im Mund schwarze Beeren, eine deutliche Sauvage-Note, ungemein salzig, welke Frucht, kommt voll über die Würze, weiche Säure und Frucht, wild und kräuterig, auch wieder dunkle Sojasauce. Deutlich andere Stilistik, wir tippen auf eine andere Zusammensetzung der Rebsorten, es fehlt an Tiefe und Frische, trotzdem durchaus lecker.
88/100, jetzt trinken

13 Rene Barbier Clos Mogador, 1999

Ein großer Wein dann der 99er-Clos Mogador mit seinem überzeugenden Bukett nach reifen Schwarzkirschen, Blaubeeren, vollkommen reintönig und harmonisch, Kräuter de Provence, noble Schokoladennoten, Marzipan und Orangenzesten im Hintergrund. Am Gaumen perfekt ausgewogen mit saftigen Auftakt, intensiver Kirschgeschmack, verbunden mit dunkler Schokolade, Bleistift, salzig-steinige Mineralität, dazu tauchen immer wieder Kaffee und Nougat-Noten auf, ungeheuer tief und vielschichtig, immer vorhanden die glockenklare und noble Frucht, sehr langer und mineralischer Nachhall. Grandios.
93-96/100, jetzt bis 2025

14 Aalto PS Ribera del Duero, 2001 (Pirat)

Der Bleistift springt aus der Nase, zerstoßener Pfeffer, schwarzer Tee, Kaffee, schwarze Beeren, Kräuter, Wildaromen, Schinken, Leder. Im Mund nimmt er die volle Würzigkeit mit, dazu eine hochelegante dunkle Beerenfrucht, schwarzer Tee, Kaffeenoten, salzig, Tabak, komplex und aromatisch ausdrucksstark zugleich. Hinten eine tolle Salzigkeit, sehr guter Abgang, aufgrund seiner Jugend noch raue aber reife Tannine. Muss noch einige Jahre reifen, aber schon heute ausgezeichnet.
94-95/100, 2020 – 2030
Aufbruch Priorat-Probe (1 von 27)

15 Alvaro Palacios l´Ermita aus der Magnum, 1995

Kirschsaft, Vanille, Graphit, Blaubeeren, sauberes Bukett. Am Gaumen von mittlerer Dichte, saftiger Auftakt nach jugendlichen Sauerkirschen, feine Säure, noch nicht vollkommen entfaltet, die Tannine zeigen noch Gripp, feine Gerbstoffe, steinwürzige Mineralität, sehr beweglich, dadurch animierend zu trinken, mittlerer Tiefe und Komplexität, sehr gute Länge.
91-92+/100, 2018 – 2025

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16 Alvaro Palacios l´Ermita, 1998

After-Eight-Nase mit schwarzen Kirschen und Blaubeeren, ein kühler Zug, Bleistift und Vanille im Hintergrund. Am Gaumen noch sehr jugendlich, klare Früchte, die an angetrocknete schwarze Kirschen erinnern, umgeben von einem Hauch Vanille und Rauch, Piment und Steinsalz, herrlich integriertes Säurespiel, Spuren von schwarzem Tee, sehnige Schokolade, noble Tannine, langes und vielschichtiges Finish.
93-95/100, jetzt bis 2030

17 Alvaro Palacios l´Ermita, 2000

Brauchte etwas bis er sich im Glas entfaltet hatte. Feines Bukett nach Zitruszesten, Schwarzkirsche, Feuerstein und Vanille, vollkommen reintönig, null Überreife. Am Gaumen dicht, vollmundiger Auftakt, erinnert an Orangen, Kirschen, Zitronen, glockenklar, perfekter Holzeinsatz, die Säure verspielt, Harmonie und Trinkfluss pur, deutlich Graphit, saftige Tanninstruktur, ätherische Noten, trotz seiner Komplexität ungemein gradlinig und straff, sehr langer und intensiv aromatischer Nachhall nach Schiefer und süßlichen Noten. Schlichtweg großartig.
96+/100, jetzt bis 2030

18 Daphne Glorian Clos Erasmus, 2001

In der Nase Piment, Bleistift, Graphit ohne Ende, dazu ein Hauch Vanilleschote, Laub, Anklänge nach schwarzen Früchte, Blaubeeren, etwas Casis, insgesamt tief, konzentriert und monolitisch, jemand spricht vom blanken, mineralischen Purismus. Am Gaumen dicht, ohne jede Schwere, fester Schokoladenkern, ummantelt von Graphit, Bleistift und groben Meersalz, alles durchzogen von reifen schwarzen Beeren und Kirschkonfit, unfassbar geschmacksintensiv, kräftige, sehr mürbe Tannine, wird im weiteren Verlauf immer mineralischer, begleitet von der noblen Schokolade, ungeheuer langer Nachhall, in dem sich alle Facetten des Weines noch einmal zeigen. Ein Meisterwerk, das noch viele Jahre reifen muss um seinen Höhepunkt zu erreichen. Aber schon heute nach zwei Tagen in der Karaffe ein Genuss.
97-98+/100, 2025 – 2040

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19 Rottlan Torra Tirant, 2001

Kräuterdurchzogene schwarze Früchte, Rauchigkeit vom Holz, leicht animalischer Anklang, dazu Milchschokolade, getrocknete schwarze Beeren, tiefe Kräuterwürze. Im Mund von mittlerer Dichte, im Auftakt Piment, Kirschen, deutliche Aromen vom Faßausbau, Walnuss, gelungene Säurestruktur, trotz des Holzeindruckes gute Balance, harmonischer Verlauf, tief integrierte Vanilleader, Holzkohle, noch sehr jugendlich, könnte sich noch weiter auffächern, sehr langer Nachhall mit deutlicher Süße vom Faßausbau.
93+/100, 2020 – 2030

20 Celler Fuentes Cartus, 2004

Noch Kindermord trotz über 30 Stunden in der offenen Karaffe. Extrem intensiv, ein reines Extraktmonster mit Graphit und schwarzen Beeren, Salzigkeit aus den Beeren, aber auch extreme Kraft. Am Gaumen dicht, im Auftakt ganze Bäche von saftigen Kirschfrüchten, Pflaumen, Blaubeeren, viel Säue, der Alkohol wärmt, heute eigentlich noch untrinkbar, denn bereits der zweite Schluck strengt an, sehr langer und geschmacksintensiver Nachhall. Ein Erlebnis und auf seine Art eine Errungenschaft. Entwicklung bleibt abzuwarten. Noch mindestens 10 Jahre weglegen. Sehr unterschiedliche Eindrück am Tisch – dem einen war es schlicht zuviel, der andere erlag schon heute seiner Intensität. Ich lag mit 93+ in etwa in der Mitte  – da wächst ein Riese heran.
89-96+/100, 2027 – 2040

(Notizen: Rainer Kaltenecker)