Burgund mit der Bonner Weinrunde – Teil 1: Gevrey-Chambertin

Burgund mit der Bonner Weinrunde – Teil 1: Gevrey-Chambertin

BWR Gevrey-Chambertin Titel-100 Dieses Jahr starteten Caro und Steffen ihre Verkostungsserie durch die bekannten Gemeinden des Burgunds. Es ging los mit Gevrey-Chambertin, dem vermeintlichen nördlichen Ende der Côte d´Or und mit seinen weltberühmten Grands Crus wie Chambertin, Clos de Béze, Chapelle-Chambertin Latriciéres-Chambertin usw. vermutlich der bekannteste Ort der Côte de Nuits. Bemerkenswert ist die Rebflächenverteilung. Nehmen die neun Grands Crus insgesamt rund 90 ha Fläche in Anspruch, müssen sich die 26 Premiers Crus sogar mit einem Tick weniger Fläche begnügen. Das Ergebnis eine schier unüberschaubare Vielfalt von Lagenbezeichnungen. Die 360 ha Villages-Weine machen den Überblick nicht leichter, noch dazu weil viele Winzer alte Flurbezeichnungen auf die Flasche schreiben, oder gerne auch den Namen ihrer Tochter, oder einfach eine schön klingende Phantasiebezeichnung. Umso willkommener sind solche Proben, bei denen einem die schwere Auswahl abgenommen wird und sich einfach an den Tisch setzt und harrt der Weine die da kommen.

Sinnigerweise fingen wir mit den gereifteren Weinen an und endeten bei den Jungweinen. Jeweils acht Flights mit je zwei Weinen, die wie immer blind ins Glas kamen.

Burguet Mes Favorites 1999-1001 Domaine Alain Burguet Gevrey-Chambertin Mes Favorites Vieilles Vignes, 1999
Bereits verblühte Nase nach dunklen, eingemachten Früchten, viel Brühwürfel und Suppengemüse, oxidative Noten. Am Gaumen ebenfalls bereits über seinen Höhepunkt, dunkle, oxidierte schwarze Früchte, Suppengemüse, mittlere Nachhall. Kein Vergnügen mehr.
82 KA-Punkte


Tortochet 1999-1002 Domaine Tortochot Charmes-Chambertin Grand Cru, 1999
Das gleiche Spiel beim Grand Cru. Viel Suppengemüse und Brühwürfel, überreife Früchte, wirkt ein Tick klarer, dafür jede Menge Stall. Im Mund Milchsäure, verwaschene rote Früchte, wirkt sehr dünn, kein Charme, oxidiert, einfach enttäuschend für einen Grand Gru.
82 KA-Punkte


Rebourseau 2000-1003 Domaine Henri Rebourseau Gevrey-Chambertin, 2000
Auch hier eine überreife Nase, viel Kräuterwürze mit gemüsigen Einschlag, leicht verwaschene rotbeerige Frucht, dunkle Herrenschokolade, in Tick Stall. Am Gaumen endlich eine saubere rote Frucht, überwiegend Sauerkirschen, leicht pfeffrige Schärfe, Tabak, wird im weiteren Verlauf recht schlank, die Tannine trockenen aus, kaum Länge, es fehlt erneut an Charme und Ausdruck.
84 KA-Punkte


Fery-Meunier 2001-1004 Fery-Meunier Gevrey-Chambertin 1er Cru Lavaux Saint-Jacques, 2001
Diese Nase völlig anders, es duftet nach Backpflaumen und Brombeeren, schöne Holzwürze, endlich kein Stall, zeigt erste Tiefe. Am Gaumen erneut eher von schlanker Statur, die Frucht aber jugendlich frisch, dunkle Waldbeeren, hat eine gewisse Saftigkeit, die er bis zum Ende durchhält, würzig-pfeffriger mittellanger Nachhall, gewisse Tiefe, nicht sonderlich komplex, aber insgesamt stimmig.
86 KA-Punkte


Roty Gevrey Chambertin 2002-1005 Joseph Roty Gevrey-Chambertin, 2002
Saubere, recht fruchtbetonte Nase nach schwarzen Beeren, Wildkräutern und milder Bitterschokolade. Am Gaumen von mittlerem Körper, bringt eine gewisse Dichte mit und versprüht als Erster einen schönen Charme. Orangenschalen, Brombeeren und Kirschfrucht verbinden sich ansprechend, leider hat der Wein auch viel trocknende Tannine, die hinteren Verlauf überhand gewinnen und das Finish herb erscheinen lassen, dank der Dichte aber noch ausgewogen.
87 KA-Punkte


Bachelet Gevrey-Chambertin 2003-1006 Domaine Bachelet Gevrey-Chambertin, 2003
Eigenwillig-ansprechende Nase nach Tannenzapfen, Lebkuchengewürz, Herzkirschen, etwas Pflaume und dazu eine kräftige Würze vom Fass. Im Mund saftig, viel dunkle Früchte, feine Süße in einem schönen Spiel mit der lebhaften Säure, auch hier trocknet das Holz hinten weg und macht den Abgang etwas uncharmant, trotzdem ein sehr guter Burgunder.
87 KA-Punkte


Heresztyn Gevrey Chambertin Les Corbeaux 2004-1007 Domaine Heresztyn Gevrey Chambertin 1er Cru Les Corbeaux, 2004
Für einen Burgunder ausgewöhnlicher Duft nach Teer, Asphalt, Sauerkirschen und ein Tick vegetabile Noten. Markante Holzwürze nach Schinkenspeck, sehr eigen, aber die rustikale Art passt zu Gevrey. Am Gaumen irritieren zunächst Lauch- und Kohlnoten, dann kommen vermehrt eine Würze nach Kräutern, Kohl und Speck auf, gepaart mit Sauerkirschen und wieder die Teeraromen, da ist auch noch Graphit und eine salzige Mineralik. Das macht für einen Sensorikfreak richtig Laune und schmeckt dazu. Gutes Finish.
88 KA-Punkte


Freres Gevrey Chambertin 2005-1008 Domaine Hubert Fréres Gevrey-Chamberin Vieilles Vignes, 2005
Hitzige Nase vom Alkohol, überreife dunkle Beerenfrüchte, Mon Cherí, dunkle Holzwürze. Saftiger Antrunk, hat Fleisch und Kraft, große Dichte, der Alkohol wärmt, das Holz markant, jedoch gut eingebunden, steinbetonte Mineralik, langes Finish.
86 KA-Punkte


9 Domaine de la Vougeraie Gevrey-Chambertin Les Evocelles, 2006
Erneut ein überzeugender Wein von Vougeraie. Die Nase zeigt ein süßlich, leicht dropsige rotbeerige Frucht nach Himbeeren, weißer Pfeffer und Dill, junges Holz. Im Mund herrlich klarer, fruchtbetonter Auftakt, viele junge Herzkirschen, Marzipan, viel milde dunkle Schokolade, trägt die klare, animierende Frucht bis zum Ende durch, begleitet von einer animierende Säure, sehr langer, aber recht holzwürziger Nachhall, noch liegen lassen, dass Potential für 90 Punkte.
88+ KA-Punkte


10 Domaine Lecheneaut Gevrey-Chambertin, 2006
Kräftige Nase nach saftigen Schwarzkirschen, reifen Pflaumen, etwas Tabak und Schokolade. Im Mund von kräftiger Statur, saftig Antrunk mit fleischigen Herzkirschen und roten Johannisbeeren, dahinter angetrocknete Pflaumen und wilde Kräuter, röstig-kräftige Holzwürze, die Säure ist ziemlich markant, erhält dem Wein die Frische, zeigte Tiefe und Spiel, guter Ausdruck, lang. Auch der nächste 2006er sehr stimmig. Ein schönes, zuweilen unterschätzes Jahr, dass daher preislich manches Schnäppchen (für burgundischer Verhältnisse) bereithalten kann.
88+ KA-Punkte


Harmand-Geoffroy Gevrey-Chambertin Cru La Borriere 2007-10011 Harmand-Geoffroy Gevrey-Chambertin 1er Cru La Borriere Monopole, 2007
Duftet nach Himbeeren und Kirschen, getrocknete Kräuter, metallische Anklänge, Aschenoten vom Holz. Kräftiger Körper im Mund viel Frucht, auf der rotbeerigen Seite, verbranntes Holz, viel Würze, das Holz leicht trocknend, aber fein, ist der Jugend geschuldet, animierende Asphalt und Graphit-Noten, animierende Säure, zeigt Tiefe und Zug am Gaumen, gutes Finish.
88 KA-Punkte


12 Claire Forestier Gevrey-Chamberin Terres d´Armoire, 2007
Rote Früchte, auch Erdbeeren, Rosinen, die Früchte wirken etwas staubig, getrocknete Orangenschalen im Hintergrund, Holzwürze. Am Gaumen kräftig, mit viel roten Früchten, Himbeergelee, Kirschen, viel dunkle Holzwürze, verbrannte Holzkohle, es fehlt ein wenig an Frische, obwohl die Frucht bis zum Finish mitgenommen wird, mittlerer Nachhall.
86 KA-Punkte


Trapet Gevrey-Chambertin 2008-10013 Domaine Trapet Gevrey-Chambertin, 2008
Nach dem Aufdecken langes Gesicht von mir, da hatte ich mir deutlich mehr versprochen. Die Nase noch vielversprechend aufgrund einer animierenden dunklen Beerenfrucht, schön verbunden mit Graphit und Teeraromen und einer feinen Süße, die an Marzipan erinnert. Am Gaumen springt mich die spitze Säure sofort an, der Wein wirkt fast sauer, dunkle Holzwüzre, Sauerkirschen, recht stumpf am Gaumen, wird im hinteren Verlauf immer dünner, vielleicht sehr jung und zugeknöpft, heute kein Spaß.
82+ KA-Punkte


Roy Marc Gevrey-Chambertin 2008-10014 Domaine Roy Marc Gevrey-Chambertin Vieilles Vignes, 2008
Die erste Nase von einer gewissen Noblesse, fein komponierte rote Früchte, Blütenblätter, feines Nougat und bestens in die Frucht integrierte, wenngleich noch junge Holzwürze. Auch im Mund sehr balanciert, herrlich saftige rotbeerige Früchte, vorallem rote Johannisbeere und Sauerkirschen, wirkt sehr animierend, die Säure feinporig und noch jugendlich lebendig, der Holzeinsatz wirkt auf den Punkt, festes mineralisches Fundament, leicht salzig, viel Zug am Gaumen, guter Ausdruck, hält seine Stilistik gekonnt bis in den feinen Nachhall durch. Kauftipp.
90+ KA-Punkte


15 Pascal Marchand Gevrey-Chambertin, 2009
Duften nach Weihnachtsgewürzen vor allem Nelke und Piment, auch etwas Zimtstange, dunkle Waldfrüchte, dunkle Holzröstung. Am Gaumen eine ungewöhnlich deutliche Fruchtsüße, kandierte Zitrusfrüchte, das markante Holz wirkt bereits gut eingebunden, die Tannine greifen robust in den Gaumen, nicht schlecht, aber ansonsten passiert nicht sonderlich viel, der Wein ist noch ziemlich zugenagelt und will keine weitere Tiefe zeigen, der Extrakt lassen mehr vermuten, vielleicht in fünf Jahren.
87+ KA-Punkte


Roche de Bellen Gevrey-Chambertin 2009-10016 Maison Roche de Bellene Gevrey-Chambertin Vieilles Vignes, 2009
Es duftet wie ein ganzer Korb voller Kirschen, wirkt kühl und frisch, dahinter die übliche Würzigkeit nach getrockneten Wildkräutern und noch sehr jugendliche, aber feine Holzwürze. Wirkt balanciert und zeigt Tiefe an. Am Gaumen herrlich saftig, ganze Bäche von Kirschsaft fließen über den Gaumen, sehr frisch und animierend, da höchstens von mittlerem Körper, das Holz hält sich dezent im Hintergrund, die Tannine noch leicht trockenend, feste Struktur, zeigt Tiefe und Ausdruck, animierendes Säurespiel, Anklänge von Mineralik und Kräutern, noch zugeknöpft, besonders im Finish. Zukunft. Kauftipp.
89+ KA-Punkte


Die verhältnismäßig moderaten Punkte soll der geneigte Leser bitte nicht unterschätzen. Ab 87 Punkte sind die Weine schon wirklich sehr gut und noch wichtiger in der Regel überaus trinkanimierend. Denn sie zeigen viel Frische und eine klare Fruchtaromatik, möglichst ohne Überreife, so dass man über den Abend gemeinsam eine Flasche ohne Anstrengung und Sättigkeitsgefühl geniesen kann. Bei aller aromatischen Vielfalt und Komplexität bleiben Burgunder Weine fürs Herz und die Seele und sind somit die idealen Weine für jeden Tag – jetzt mal ganz abgesehen von den teilweise aberwitzingen Preisen. Denn auch für einen guten Ortwein muss man ab 25 Euro rechnen.

Ganz herzlichen Dank an Caro und Steffen für die gelungene Auswahl der Weine. Die zahlreichen unterschiedlichen Stilistiken alleine in Chevrey-Chambertin sind schon bemerkenswert. Man kann kaum glauben, wie derart unterschiedlich sich eine einzige Rebsorte zeigen kann. Ich freue mich bereits auf die nächste Probe, wo dann vermutlich die Gemeinde Morey-Saint-Denis… im Mittelpunkt stehen wird. Jeder der in Reichweite der Bonner Weinrunde lebt kann ich nur eine rechtzeitige Anmeldung ans Herz legen.

Kontakt:
http://weinrunde.wordpress.com/

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