Chateau Angelus 1934 – 1990
Mitten im August trafen wir uns bei Elke Drescher nachmittags in Wachtberg. Die Sonne strahlte von einem wolkenlosen Himmel herab auf die herrliche Terrasse. Genau das richtige Wetter und Ambiente um feinsten Saint Emillion-Wein zu trinken. Chateau Angelus aus den Jahren 1934 bis 1990 stand an, begleitet von einem nicht zu verachtenden Rahmenprogramm.
Zum Einstieg gab es Riesling. Aus der Magnum kam der Auf der Mauer von Bassermann-Jordan aus 2006 und der zeigte Jahrgangstypisch eine ausladende Nase nach hochreifen, gelbfleischigen Früchten, viel Botrytis und einer erdwürzigen Mineralität. Auch im Mund ordentlich Malz und Brioche, aber auch Rosinen, angtrocknete Steinfrüchte, kräftiger Körper, eine Wuchtbrumme, mit (zu) milder Säure, ein Riesling für Drucktrinker, nicht unbedingt mein Fall, aber trotzdem hinreichend trinkig und so war die Magnum auch ruckzug leer 87/100. Da kam mir der Champagner von Billecart-Salmon deutlich näher. Es gab sein Cuvée Elisabeth Salmon Brut Rosé, der eine feine Perlage hat, sehr ausdruckstarke Brioche-Noten zeigte, etwas Mandeln, fein-elegantes Früchtespiel nach reifen Äpfeln, roten Beeren und Birnenspalten, lebhafte gut integrierte Säure, sehr stimmig im Mund, überaus trinkanimierend, ohne besondere Tiefe, aber jetzt perfekt gereift 90/100. Anschließend stand der erste Angelus auf dem Tisch.
1934 Chateau Angelus
Betörende Nase nach Minze, Eukalyptus, Paprika, kandierte Pflaumen und weiches Sattelleder. So ein Spiel kann nur gereifter Wein. Der Besuch hatte sich damit für mich bereits gelohnt. Im Mund saftig, weich mit mürben Tanninen, eine klare Pflaumenfrucht zieht sich über den ganzen Verlauf durch, balsamische Noten, feine Süße vom Holz, nicht sehr tief, aber noch klar gezeichnet, mittleres Finish. Was für ein Auftakt!
92 Punkte
1950 Chateau Angelus
Duftet nach Cognac, altem Laub, deutliche Altersnoten. Im Mund frischer mit schöner Extraktsüße im Antrunk, Rosinen, eingelegte Pflaumen, milde, sehr reife Säure, Würze vom Holz, alles schon etwas verschwommen, aber noch gut zu trinken, bleibt überraschend lange am Gaumen.
85 Punkte
1945 Chateau Angelus
Leicht oxidierte, deutlich gereifte Nase, sprödes Leder, Waldboden, baut mit einigen Minuten im Glas ein wenig aus, macht jedoch keine rechte Freude mehr. Bereits im Antrunk tickt die Säure zu sehr auf, ansprechende dunkle Waldfrüchte, schöne Extraktsüße, wirkt deutlich gezehrt, knapp mittellanges Finish mit altholzigen Noten.
82 Punkte
1955 Chateau Angelus
Markanter Duft nach einer italienischen Espressobar, Milchschokolade, Pfeifentabak und dunklen Waldbeeren. Sehr balanciert und verspielt. Im Mund ein noch überaus kraftvoller, vitaler Wein mit viel Frucht. Pflaumen, Cassis und Brombeeren begleiten mich bis zum Abgang. Die Säure vital und sehr feinporig, edle Holzwürze, erinnert an dunkle Schokolade und mildem Espresso mit Süßholz. Sehr lang.
94 Punkte
1959 Chateau Angelus
Noch besser der 59er. Ein perfekt balancierte Nase von höchster Eleganz. Die edlen, süßen Holzaromen nach Lakritz, Malz, gerösteten Nüssen, vermählen sich perfekt mit süßlichem Cassis, frischen Pflaumen und Veilchen, ohne jede Müdigkeit oder Alterserscheinung, wirkt noch ungeheuer frisch. Im Mund auf demselben hohen Niveau mit einer quicklebendigen Säure unterlagert, glockenklare Früchte, feinstes Holz und ein gewaltig langer Nachhall.
96 Punkte
1961 Chateau Angelus
Der 61er war durchaus mit dem 59er vergleichbar. Er war etwas mehr auf der kräutigen Seite, noch dichter und mit mehr Extraktsüße ausgestattet. Viel Tabak und Süßholz. Ein hedonistischer Spaß, der nicht ganz die Eleganz und Klarheit des Vorgängers hat, aber allemal ein unverschämt ausgezeichneter Wein war.
94/95 Punkte
1975 Chateau Magdelaine
Merkwürdiger Duft nach Walderdbeere, metallische Nuancen, junges Holz nach verbrannter Kohle, etwas Brett und Stallnoten. Im Mund wieder Erdbeernoten, ebenso Waldboden, erneut Stall, etwas Schweiß, schöne Süße vom Fruchtextrakt, noch nicht ganz abgeschmolzenes Tannin, feines Holz, wirkt insgesamt etwas schlank und gehemmt, trotzdem ein sehr schöner Wein.
85 Punkte
1990 Chateau Angelus
Die Nase erinnert mich spontan an feines Wildleder, daneben Holunder, blumige Anklänge nach Veilchen, Lavendel, viel Kräuterwürze und Eukaplytus. Die Nase weckt große Vorfreude, die auch nicht enttäuscht wird. Mittelkräftiger Körper, noch sehr jugendlich auf der fruchtigen Seite, frische ausgeschnittene Pflaumen, rote Johannisbeeren, die Tannine noch straff aber reif, edle Holzwürze nach Tabak und Karamell, präsente, feste Säurestruktur, betont langer Nachhall. Noch viel Potential.
93 Punkte
1971 Chateau Angelus
Riecht etwas nach künstlicher Vanille, im Hintergrund leicht angetrocknete Pflaume und Kirsche, wenig Ausdruck. Im Mund fällt sofort das kräftige Holz auf, viel Vanille und Würze, dahinter Pflaumen und dunkle Waldbeeren, wirkt etwas aufgesetzt und gezehrt, feste Säurestruktur, kurzer, etwas abfallender Nachhall.
83 Punkte
1947 Cos d´Estournel
Fortgeschrittene Reife, viel Backpflaumen, Sattelleder, ein Krob voller Wildkräuter, animalische Töne im Hintergrund, das muss man mögen. Auch im Mund sehr reif, etwas über den Höhepunkt hinweg, mittlerer Körper, stallig-animalische Noten, viel Küchenkräuter, Champignons, Waldboden, dunkle Waldbeeren, reife und weiche Tannine, schöne Holzwürze, mittlerer Nachhall.
84-85 Punkte
1953 Chateau Angelus
Die Nase mit oxidativen Noten, Liebstöckel, Bratensaft, Backpflaume und unschönen Maggiduft. Im Mund viel besser mit erstaunlich fruchtigem Antrunk, schöner Extraktsüße, weichem Tannin, Lakritz und Rauch, im hinteren Verlauf nehmen die Alternoten wieder zu, der Nachhall höchstens mittellang und ein wenig gezehrt. Im Mund macht der Wein aber wirklich noch viel Trinkfreude.
87 Punkte
1993 Chateau Angelus
Viel Lavendel und Minze in der Nase, auch hohe Cabernet Franc-Anteil fällt unmittelbar auf, etwas herbe Holznote. Im Mund mit schöner Oliven-Note, viel schwarzen Früchten, Sattelleder und weichem Rauch. Sehr animierend, wenngleich auch etwas kräftig und rau. Gutes Finish, keinerlei Ermüdungserscheinungen.
89 Punkte
1964 La Lagune
Erneut ein überaus erfreulicher La Lagune aus den 60ern, der aufgrund seines recht hohe Anteils an Cabernet Franc bestens in die Probe passt. Er duftet nach mildgeröstetem Espresso, Backpflaumen, Karamell und einem Hauch grüner Paprika. Mittelkräftiger Körper, fruchtig-blumiger Auftakt, mit deutlicher Cabernet Sauvignon-Note, die uns aber im Rahmen einer Angelus-Probe sicher besonders auffällt und auch gefällt, feine Extraktsüße in gleichem Maße von der Frucht und dem Holz, der Wein ist in perfekter Balance, immer wieder tauchen neue Aromen wie Hagebutten, Brombeeren auf. Auch die üblichen Aromen des Cabernet Franc wie Veilchen und Graphit sind insbesondere im Finish vertreten.
89 Punkte