Ein Besuch an der Central Coast: Santa Barbara County
Eigentlich war für meinen Urlaub in Kalifornien nur Napa und Umgebung für Weinproben eingeplant. Ein etwas regnerischer Frühling und die verlockende Nähe von Highway 1 und den Anbaugebieten der Central Coast – namentlich Santa Ynez, Santa Maria, Paso Robles und ein paar weitere, weniger bekannte – veranlassten mich aber umzuplanen. Es könnte einem schlechter gehen.
Die Central Coast hat mich in dreierlei Hinsicht überrascht: Zum einen war es eben noch deutlich frischer und feuchter als ich mir das von einem so südlich gelegenen Gebiet vorgestellt hätte. Zum zweiten entspricht die Landschaft so gar nicht dem, was man sich in Europa unter einem Weinbaugebiet vorstellt: ein Landschaftsbild, das doch überwiegend von Reben bestimmt wird. Das ist hier ganz und gar nicht so: Die meisten der Güter, die ich dort besucht habe, lagen eher versteckt in den Hügeln, und man hätte eher meinen können, durch östliche Ausläufer des Schwarzwaldes zu fahren, wären nicht plötzlich die Weinberge eines einzelnen Gutes aufgetaucht.
Da ich mich mit dem Gebiet vorab überhaupt nicht befasst hatte, waren meine Leitfäden der Kleine Johnson (der nicht sonderlich ausführlich auf die Central Coast eingeht) und das Buch „California Wine Country“. In Kombination war das ein brauchbarer Führer. Ich teile diesen Artikel in zwei Teile, um ihn einigermaßen verdaulich zu gestalten: zunächst die Güter aus Santa Barbara County, als nächstes dann Paso Robles.
Bridlewood Winery, Santa Ynez
Ich war früh da und der einzige Besucher in einem Gebäude, das ganz im spanischen Kolonialstil gehalten war. Das Gut erzeugt vor allem Syrah, normalerweise nicht mein Lieblingswein, hier war ich aber wirklich angetan. Der 2006er-Flight war intelligent zusammengestellt und wirklich gut. Leider habe ich mir hier keine Preise notiert, die Weine lagen ungefähr zwischen 30 und 40 Dollar.
2008 Chardonnay Reserve: Toastige, aber frische Nase, Birne, Nuss, schöne Mineralik. Im Mund angenehme Säure, nicht zu abgerundet, dennoch ein Chardonnay von der buttrigen Sorte, tolle mineralische Struktur, viel Kraft und auch Alkohol. 90 Punkte.
2009 Pinot Noir Santa Barbara County: Sehr süßliche Nase, Erdbeere, Kräuter, Gewürze, Wacholder, verhaltene Kirsche; soft, aber nett. Nicht mein Stil. 86 Punkte.
2006 Syrah „Blue Roan“ Central Coast: Kühle Nase, klare Pflaume und weihnachtliche Gewürze. Nicht sonderlich komplex. Im Mund fruchtsüßlich, recht vanilliges Holz, die Tannine vergleichsweise weich, auch eher ein softer Wein. Guter Einstieg. 86 Punkte.
2006 Syrah „English Pleasure“ Central Coast: Kühle Mineralik, keine ganz so klar bestimmbare Frucht wie beim „Blue Roan“, was mir aber hier besser gefällt. Im Mund Curry-Gewürze, etwas widerständig, interessante Fruchtkomponenten, nicht zu süßlich, allerdings auch viel Holz. 89 Punkte.
2006 Syrah „Dusty Trail“ Central Coast: Die Frucht hier eher Kirsche als Pflaume, Schokoladig, aber mit einer sehr eleganten, kühlen Mineralität kontrastiert. Im Mund fruchtsüß, Kirsche, tolle Tannine, schon angeschmolzen, aber noch einiges an Grip; voll und saftig, Sandelholz. Einfach gut. 91 Punkte. Von dem habe ich eine Flasche mitgehen lassen.
2007 Syrah „Six Gun“ Central Coast: Dieser Genosse steht in der Hierarchie über den drei 2006ern, mir konnte er aber noch nicht ganz zeigen, was er draufhat. Eher erdbeerige Frucht? Erkennbar jünger als die drei davor, interessante Gewürzkombination, Curry-Noten, etwas grüner Paprika, eher pflanzliche Noten. Noch nicht wirklich geöffnet. 87+ Punkte.
Firestone Vineyard, Los Olivos
Dies ist eines der ältesten und größten Güter der Region und man sieht sich hier immer noch in einer Art Vorreiterrolle. Die Kollegen (oder Konkurrenten) von anderen Gütern sehen das zum Teil etwas anders, hier wird schonmal der Begriff „Touristenattraktion“ benutzt. Ich fand die Weine überwiegend nicht schlecht, es ist aber auch nichts nachhaltig Positives in Erinnerung geblieben. Ein wenig glatt.
2007 Syrah „Clone 174“: Sonderbare Nase, recht frisch, fast ein wenig seifig-spülmittelhaft? Noch sehr ruppige Tannine; angenehmes Holz, gutes Säure, beruhigen sich die Tannine einmal, wird das Easy Drinking. $25.-, 83 Punkte.
2007 Cabernet Franc, Santa Ynez Valley: Extreme schwarze Johannisbeere, fast schon aufdringlich-parfümiert. Im Mund sonderbare Ledernoten, ebenfalls viel schwarzes Johannisbeere, enorme Säure, fast aggressiv. Rätselhaft. $24.-, 79 Punkte.
2006 Merlot, Chairman Series, Santa Ynez Valley: Animalische Noten, fast schon stinkig; öffnet sich nach einiger Zeit im Glas, wird duftig, Sandelholznoten, recht angenehme Eiche. Im Mund Kirsche, Pflaume, tolle Säure, sanfte Gewürze, braucht noch Zeit. $35.-, 88+ Punkte.
2005 Merlot, Chairman Series, Santa Ynez Valley: Das ist das Schöne, wenn man sich Notizen macht, man bekommt nebenbei noch Weine eingeschenkt, die eigentlich gar nicht auf der Liste stehen. Etwas zurückhaltender in der Nase als der 2006er. Rauchig. Auch frische Noten wie Johannisbeere, fast ein wenig grünlich, tolle Struktur mit langem Abgang. Der interessantere der beiden Weine, braucht aber noch Zeit. 89+ Punkte.
2006 „Lineage“, Chairman Series, Santa Ynez Valley: Eine etwas ungewöhnliche Mischung aus 30% CS, 25% CF, 20% Merlot, 15% PV und 10% Malbec. Mein Gastgeber kündigte den Wein an, er sei ihm persönlich zu komplex. Rote Frucht in der Nase, etwas Fleisch, Gewürze, frisch und jung, schöne Mineralik. Tolle Struktur am Gaumen, viel Säure, Kräuter, dennoch rund und recht weich. Ein gut aufgefächerter Fruchtstrauß. $40.-, 89+ Punkte.
2006 „Ambassador“, Santa Ynez Valley: Dies ist der Top-Wein des Gutes, ein klassischer Bordeaux-Blend. 33 Monate Eiche. Junge Nase, Holz, schöne Frucht, Kraft und Tiefe. Im Mund viel Cassis, Säure und junges Tannin. Kaffee. Sehr fruchtsüß und kraftvoll, braucht Zeit, wird aber schön. $60.-, 90+ Punkte.
2007 Cabernet Sauvignon, Chairman Series, Santa Ynez Valley: Klarere, aber auch einfachere Cabernet-Nase als der Ambassador, Cassis, Pfeffer, Kirsche und Kräuter. Im Mund viel Leder, Holz und etwas verwaschene Frucht, sehr traditioneller Cabernet Sauvignon, nicht sonderlich komplex.
Au Bon Climat, Los Olivos
Dieses Weingut veranstaltet nicht direkt Verkostungen, sondern man erhält in einer Vinothek im Nachbardorf Solvang Einblick in das Portfolio. Gute Pinot Noirs.
2008 Chardonnay Sanford & Benedict Santa Ynez Valley: Butterig, toastig, vanillig; daneben Mineralik und opulente Frucht (Birne und grüner Apfel). Im Mund eher schlank, viel Säure, zurückhaltende Frucht. Essenswein. $35.-, 86 Punkte.
2008 Pinot Noir Knox Alexander Santa Barbara County: Schön rauchige Nase, Jugend kaum spürbar. Im Mund deutlich verschlossener als die Nase vermuten lässt, keine deutliche Frucht, wieder rauchig, typischer U.S.-Pinot. $35.-, 87+ Punkte.
2007 Pinot Noir Los Alamos, Santa Barbara County: Gummi, kaum Frucht, etwas Eukalyptus, verbrannter Reifen. Im Mund warm, rund und voll. Höchst interessant. Davon habe ich eine Flasche eingepackt. $35.-, 88+ Punkte.
2007 Pinot Noir Bien Nacido Santa Maria Valley: Kalkig, mineralisch, gleichzeitig warm, sehr „integrierte Frucht“: Fruchtsüße vorhanden, einzelne Aromen aber kaum auseinanderdividierbar. Sehr guter Wein, mir aber noch zu jung. $40.-, 90+ Punkte.
Edna Valley Vineyard, San Luis Obispo
Sicher das Weingut mit dem schönsten Blick bis hierhin, vom Verkostungsraum aus hat man die vollen 230 Hektar im Blick. Das Portfolio war ein wenig arg durchgemischt, aber durchaus unterhaltsam.
2009 Syrah Rosé „Edna’s Passion“ Edna Valley: Das hier konnte ich nicht verhindern, zu schnell war der Wein im Glas. War dann aber gar nicht so schlimm. Schöne Mineralität in der Nase. Im Mund Syrah-Frucht mit viel Frische, rauchig, ganz interessant. Hinten etwas bitter. 83 Punkte.
2007 Chardonnay Reserve Paragon Edna Valley: Buttrig-toastige Nase, rauchig, schöne Mineralität. Gleiches im Mund, mit einigem an Kraft. 87 Punkte.
2007 Pino Noir Reserve Paragon Edna Valley: Tiefe Mineralität, leider nicht ganz meine Frucht, Erdbeer/Kirsche, Wacholder, Kräuter, viel Säure. 14,7% Alkohol, aber ganz gut eingebaut. 87 Punkte.
2007 Syrah Paragon Edna Valley: Sehr fleischige Nase, Pflaume, weiches Holz, Vanille, weniger Schokolade. Recht weich im Mund, kräuterig, dezente Mineralität. 89 Punkte.
2007 Zinfandel Gravity Hills Paso Robles: Hoch konzentriert, würzig, Rosine, hochreif. Gleiches im Mund, hochreif, fast kommt mir die Assoziation „angefaulte Frucht“ in den Sinn, das wäre aber viel zu negativ, Zimt, Zigarre, 14,7% Alkohol, aber ganz gut weggepackt. Bester Zinfandel meiner Laufbahn. 90 Punkte.