Gereifte Rieslinge aus 2002 und 2003 in Oberhausen

Gereifte Rieslinge aus 2002 und 2003 in Oberhausen

Oberhausen Riesling 2002 und 2003 Titel 2 (100 von 1)Als mein guter Weinfreund Norbert zu einer Probe reifer Rieslinge einlud stand für mich natürlich fest, du muss ich hin. Also pilgerte ich voller Vorfreude im Juli 2014 ein weiteres Mal in Richtung Oberhausen. Meine Erwartungen an die Probe sollten nicht enttäuscht werden. Im Schwerpunkt probierten wir Spitzenweine aus 2002 und 2003. Das Line-Up samt der Jahrgänge war den Teilnehmer komplett unbekannt, die Weine wurden blind präsentiert und nach jeder Flasche wurde aufgedeckt. Wie immer wurden Notizen sowie Beurteilungen vor dem Aufdecken verfasst.


Oberhausen Riesling 2002 und 2003 (100 von 16)1 Raumland IV. Triumvirat Grande Cuvée Brut Rheinhessen, 2004
Zum Ankommen kam ein deutscher Schäumer auf den Tisch, der seine Herkunft auch nicht verheimlichen mochte/konnte. In der Nase schon weit fortgeschritten mit deutlichen Reifenoten, Honignoten, etwas barock wirkend, viel Brioche, es fehlt an Frische. Am Gaumen moussiert der Wein sehr fein, satte Fruchtigkeit, hochreife gelbe Früchte, Hönig und Wachsnoten, die Dosage ist mir zu viel, wirkt sehr süß und überdeckt die Ahnungen an Mineralität fast vollständig, auch hier fehlt es an Frisch, wenngleich sich dieser Sekt natürlich gut trinken lässt, aber für das Geld erwarte ich mir mehr. Aber das sahen andere Teilnehmer auch durchaus ganz anders.
87/100


Oberhausen Riesling 2002 und 2003 (101 von 16)2 Weingut Knoll Riesling Smaragd Riede Schütt Wachau, 2002
Die nächste Enttäuschung folgte gleich auf dem Fuße. Wuchtiges Bukett nach Karamell, sehr weit gereiften Äpfeln, Wachs und rosinige Noten, Botrytis satt, wenig Spiel. Am Gaumen sehr dicht, ja stoffig, satt-süßlicher Auftakt nach verwaschenen, überreifen gelbschaligen Äpfeln, erneut Karamell und Wachs, hochreife, durchaus feine Säure, getrocknete, etwas grobe Kräuter, mittlerer Nachhall, es geht dem Wein jede Trinkfreude ab, schwerfällig, ggf. keine optimale Flasche.
85/100


Oberhausen Riesling 2002 und 2003 (102 von 16)3 Weingut Buchegger Riesling Leopold Kremstal, 2002 (Magnum)
In der Nase überwiegend Fahrradschlauch, Petrol, indifferente Süße, wenig Ausdruck. Am Gaumen von mittlerer Dichte, über den gesamten Verlauf sehr süß, wirkt halbtrocken, dank der klaren Fruchtaromatik und reifen, aber intakten Säure wirkt der Wein etwas beweglicher, tabakige Anklänge, sind sonderlich komplex, mittellanges Finish. Nicht schlecht, aber nichts was mir lange in Erinnerung bleiben wird.
87/100


Oberhausen Riesling 2002 und 2003 (104 von 16)4 Weingut Benderhof Riesling Selection Pfalz, 2002
Duftet nach Kandis, kandierte Zitrusfrüchte, röstige Anklänge, Asche, im Hintergrund Weingummi. Am Gaumen von mittlerer Dichte, im Auftakt eine intakte, schön gereifte Fruchtigkeit, die Säure zeigt das nötige Spiel, um die mir zu hoch stehende Restsüße in Schwung zu bringen, endlich eine spürbare Mineralität mit salzigem Einschlag, sehr harmonischer Verlauf, ansprechend gereift noch ohne jede Firne, passabler Nachhall.
89/100


Oberhausen Riesling 2002 und 2003 (103 von 16)5 Weingut Mosbacher Riesling Großes Gewächs Pechstein, 2004
Nussige Aromen von Faßausbau, röstige Anklänge, erdwürzige Mineralität, etwas gedeckte Rieslingfrucht, zeigt Tiefe an. Am Gaumen durchaus kräftig, aber auch sehr ausgewogen und der erste Wein mit wirklichem Spiel. Bereits der Auftakt bietet eine komplexe und lebhafte Aromatik aus Frucht, Mineralität und Säure, wobei die Mineralität über den gesamten Verlauf terroirtreu die erste Geige spielt, zusammen mit der lebhaften Säure trinkt sich der Wein sehr animierend und packend, die hohe Extraktdichte empfinde ich nicht als anstrengend, da schenkt man gerne nach, sehr langes, straffes Finish. Toller Pechstein, jetzt auf seinem Höhepunkt.
92/100


Oberhausen Riesling 2002 und 2003 (105 von 16)6 Weingut Wittmann Kirchspiel Rheinhessen, 2002
Ganz großartig dann das Kirchspiel von Wittmann. Komplexes Bukett aus Safran, Gummi, gemähte Wiese, Feuerstein, kaum Fruchtaromen zu erkennen, herrlich vielschichtig. Am Gaumen von mittlerer Dichte, es fällt sofort die rauschende Säure auf, eine packende, salzige Mineralität greift in den Gaumen, die Frucht erinnert an Zitrus und Limettenblätter, sehr packender Verlauf, der Wein wirkt noch unglaublich jugendlich, hinten raus tritt ein feines Zuckerschwänzchen auf, der den Wein angenehm harmonisiert, sehr langer, vielschichtiger Nachhall. Ein ausgezeichnetes Kirchspiel voller Jugend, dem ich sogar noch eine positive Entwicklung in 2-3 Jahren zutraue. An der Grenze zu groß.
94+/100


Oberhausen Riesling 2002 und 2003 (106 von 16)7 Weingut Keller Kirchspiel Turmstück Rheinhessen, 2002
Nahezu ebenso großartig dann das Kirchspiel Turmstück von Keller. Er duftet nach Pampelmuse, frisch geschnittenen Kräutern, rote Beerenfrüchte, weiße Johannisbeeren, steinwürzige Mineralität, so jugendlich als läge noch der Tau auf dem Wein. Am Gaumen packend, jugendlicher Auftakt, primärfruchtige, sehr klare noch nicht ganz geöffnete Rieslingfrucht, dazu eine tiefe Mineraltät, die an kalte Cola, diversen getrockneten Kräutern und Rauch erinnert, hochfeine, aber sehr lebendige Säure, auch am Gaumen heute noch unentwickelt, trotzdem hochanimierend zu trinken, kühler Eindruck, sehr langer Nachhall. Diese Wein hat eine große Zukunft vor sich und könnte sich gar noch weiter verbessern.
93+/100


Oberhausen Riesling 2002 und 2003 (109 von 16)8 Weingut Knoll Vinothekfülung Loibner Riesling Wachau, 2002
Verhaltenes Bukett nach Kräutern, Tee, etwas Thunsfischöl und verwaschenen gelben Früchten. Am Gaumen sehr dicht, ölige Substanz, deutliche Kräuterteearomatik, Blockmalz, Anklänge nach reifen gelben Früchten, fein-pickante Säurespiel, im weiteren Verlauf wird der Wein immer mineralischer, guter Nachhall. Knapp ausgezeichnet, trotzdem nicht das zu erwartende Niveau bei einer Vinothekfüllung. Mit Knoll hatten wir kein Glück an dem Abend. Schade, denn diese Weine können ganz großer Burgunder-Spaß sein.
90/100


Oberhausen Riesling 2002 und 2003 (108 von 16)9 Marcel Deiss Riesling Bergheim Altenberg Elsass, 2002
Eher die Ausnahme bei Deiss ist dieser sortenrein ausgebaute Riesling. Seine Spitzenweine sind allesamt Terroirweine die stets aus Cuvées unterschiedlicher Rebsorten bestehen. In der Nase war dieser Riesling sofort als Elsässer zu erkennen, mit seinem Duften nach angegorenen Äpfeln, oxidativen Anklängen und einer leicht harzigen Mineralität. Am Gaumen von mittlerer Dichte, durchaus saftiger Auftakt nach hochreifen und getrockneten Kernfrüchten, Kräuterteearomen, erneut leichte oxidative Noten, malzig-salzige Mineralität, angenehm integrierte Säure mit Spiel, insgesamt sehr harmonisch, mit erstaunlicher Beweglichkeit, guter Nachhall.
90/100


Oberhausen Riesling 2002 und 2003 (110 von 16)10 Weingut Emrich-Schönleber Monzinger Halenberg Nahe, 2003
Herrlicher Duft nach Kreidestaub, erhitzte Kieselsteine, kandierte Zitrusfrüchte, diverse getrocknete Wildkräuter. Am Gaumen nicht übermäßig dicht, im Auftakt erneut kandierte Zitrusfrüchte, die Restsüße steht mir zu hoch, oder vielleicht liegt es an der recht milden Säure, dadurch fließt der Wein zwar durchaus harmonisch über den Gaumen, aber es fehlt mir ein wenig an Zug und Pikantz, trotzdem ein sehr schmackhafter Riesling, der sich gut gereift präsentiert und eben die Merkmale des Jahrganges nicht ganz verbergen kann. Ordentliche Länge.
91/100


Oberhausen Riesling 2002 und 2003 (111 von 16)11 Weingut Keller Dalsheimer Hubacker Rheinhessen, 2003
Eine tief, mineralisches Bukett dann beim Hubacker, viel Rauch, Basalt, röstige Noten, aber auch erhitzter Fels, Kräuter und Steinfrüchte im Hintergrund. Am Gaumen überraschend straff dank einer überaus verspielten und aktiven Säure, klare, kandierte Zitrusfrüchte und ab der Mitte dann die mineralischen Eindrücke der Nase, sehr animierend zu trinken, obwohl er dichter als der Halenberg strukturiert ist, sehr langer Nachhall. Ein herrlich gereifter Riesling, dem zu einer höheren Bewertung die Komplexität fehlt.
92/100


Oberhausen Riesling 2002 und 2003 (114 von 16)12 Weingut Schäfter-Fröhlich Monzinger Halenberg Rheinhessen, 2003
Glasklares Bukett nach Zitrusfrüchten, steinige Mineralität, erhitzte Kieselsteine, schiefrige Noten, komplexe Kräuteraromen, immer wieder wechselnde Eindrücke. Am Gaumen durchaus dicht strukturiert, aber mit packend, jugendlichem Auftakt mit gelben Kernfrüchten und kandierten Zitronen, auch hier zeigt sich eine leichte Restsüße, die sich aber herrlich mit den Zitrusaromen verbindet, ab der Mitte übernimmt dann die Mineralität, Kaffee- und Raucharomen notiere ich, straffer Verlauf, jeder Schluck präsentiert sich unterschiedlich, was bleibt ist seine Frische, sehr langer und vielschichtiger Nachhall.
94/100


Oberhausen Riesling 2002 und 2003 (100 von 1)13 Weingut Keller G-Max Rheinhessen, 2003
Erneut groß präsentiert sich der 2003er-G-Max, der immer wieder kontrovers diskutiert wurde. Ich kann mir nur Flaschenvarianzen vorstellen, denn bei dieser Flasche waren wir alle im Rieslinghimmel angekommen. Ein komplexer Duft nach Créme Brûlée, Karamell, natürlicher Vanille, getrocknete Aprikosenscheiben, kandierte Zitronen und Limetten, dahinter weißer Rauch und nussige Noten. Grandios. Am Gaumen sehr dicht gepackt, geschmacksintensiver Auftakt, erneut eine Mischung aus getrockneten Steinfrüchten und kandierten Zitronen, perfekt verwoben mit einer tiefen und ständig wechselnden Mineralität, viel Steinsalz, kalte Cola, Rauch und deutliche Tabaknoten, Anklänge nach Kautschuk, rauschende Säure, das besondere an dem Wein ist seine Harmonie, denn trotz seiner hohen Extraktdichte und seiner komplexen Aromatik, trinkt sich der Weine mit großen Vergnügen, obwohl er natürlich sehr fordernd ist, sehr langer Nachhall. Ein großer Riesling, da waren sich alle einig.
96/100


Oberhausen Riesling 2002 und 2003 (100 von 1)-214 Weingut Hirtzberger Spitzer Singerriedel Wachau, 2002
Auf ähnlichem Niveau der Singerriedel. Wilder Duft nach Schiefer, Feuerstein, Zitrusfrüchte, Kreidestaub, Rauch und Malz. Am Gaumen nicht ganz so dicht wie der G-Max, tiefer und sinnlicher Auftakt mit reifen Stein- und Zitrusfrüchten, die perfekt mit einer salzigen Mineralität verwoben sind, rauschende Säure, mit der Weile immer mineralischer, fast monolitisch und distanziert, alle Aromen zeigen sich glockenklar, einmalige Komplexität, erinnert an große weiße Burgunder, verweilt sehr lange am Gaumen. Ein großer Singerriedel, der erst soeben seine Trinkreife erreicht hat und sich viele, viele weitere Jahre halten , oder gar noch weiter entwickeln wird. Jede Suche aus guten Kellern wert.
96/100


Oberhausen Riesling 2002 und 2003 (115 von 16)15 Weingut F.X. Pichler Riesling Unendlich Wachau, 2002
Etwas verhaltene Nase, Wachs, etwas Malz, deutlich Botrytis, wirkt etwas gedeckt, bzw. noch nicht ganz entwickelt. Am Gaumen sehr dicht komponiert, im Antrunk zeigt sich eine komplexe Kräuteraromatik, dazu eingelegt Aprikosen und Mandarinen, kräuter-steinwürzige Mineralität, die Säure überaus lebhaft und bringt eine erstaunliche Frische und Beweglichkeit in diesen konzentrierten Wein hinein, sehr fester Kern, enorm nachhaltig, aber noch nicht ganz entwickelt, ausgezeichnete Länge. Weitere Jahre reifen lassen, könnte groß werden.
94+


Damit war eine gelungene Probe an seinem Ende angekommen. Wie immer wurden wir nach Strich und Faden von der Frau des Hauses verwöhnt und selbst Norbert war mit der Performance der eigenen Weine zufrieden. Herzlichen Dank für das großzügige Öffnen dieser großen Rieslinge und Eure Gastfreundschaft!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert