Kraftakt Riesling Teil VI – 2013
Nach dem Highlight letzten Jahres war eines offensichtlich – besser geht es kaum (Hier lesen). Folgerichtig folgte unser diesjähriger Master of Wine Thomas andere Pfade und versuchte erst gar nicht die formale Qualität noch einmal zu überbieten, viel mehr suchte er aus der gewaltigen Auswahl, die ihm die üblichen Weinnasen an möglichen Weinen gemeldet hatte, nur jene Tropfen heraus, die in den letzten Kraftakten nicht in Erscheinung traten. Es kam wie es kommen musste; wir hatten jede Menge authentische Weine im Glas, von insgesamt erstaunlich guter Qualität, wenngleich das Niveau des Vorjahres in der Breite klar nicht erreicht wurde. Mit dem 2005er aus dem Rangen de Thann von der Domaine Schoffit näherte sich nur ein Riesling der Kategorie Groß an, einige am Tisch billigten ihm dies auch zu. Ein überragender Riesling, der sich seit einigen Jahren konstant auf höchstem Niveau hält und noch heute ein Einkaufstipp ist. Zum ersten Mal ging damit die Rieslingkrone ins Elsass, was mich als Liebhaber dieser Region natürlich besonders erfreute.
Der Kraftakt fand dieses Jahr bei mir in der Bonner Südstadt statt und Thorsten und ich sorgten für ein kleines Menü für die notwendige Stärkung. Wie immer kamen die Weine blind in 3er- und 4er-Flights auf den Tisch, keiner kannte bis auf die selbst eingebrachten Weine das Line-Up. Nach jedem Flight wurde aufgedeckt. Die erste Punktewertung sind die Wertungen der Runde, gefolgt von meiner persönlichen Einschätzung.


Mit einem alten Bekannten auf diversen Kraftakten der Vorjahre ging es los – er präsentierte sich wiederholt auf hohem Niveau. Komplexes Bukett nach gewachsten Äpfeln, Kakau, Weingummi, feiner Botrytiseinschlag, Orangenblüten und Orangenzesten, dahinter Kräuter. Am Gaumen von mittlerem Körper, die Frucht erinnert an Kernfrücht, tritt aber zurück, jetzt geprägt von einer salzigen Mineralität, sehr feiner Säurebogen, der Wein wirkt ungemein beweglich, mittlere Tiefe, herrlich beweglich und trinkanimierend, nicht sonderlich lang.
90 – 92/100, 90 KA-Punkte

Anspruchsvolle Nase ohne jede Frucht, viel Rauch, Lenolium, erdwürzige Mineralität, Malz und frische Tabakblätter. Am Gaumen eher schlank, betont trockener Ausbau, auffallend sind sofort die prägnante Tabaknote und die extrem salzige Mineralität, die Säure empfinden manche ob der fehlenden Frucht und Schmelz ein wenig streng, getrocknete Kräuter und ätherische Noten machen den Wein zu einem wahren Fest für Sensorikfreunde, wirkt aber insgesamt sehr stimmig und konsequent, der Tabak und die salzige Mineralität bleiben unverschämt lange am Gaumen stehen. Aber nicht jeder war so angetan wie ich, durchaus unterschiedliche Eindrücke am Tisch. Der Wein entwickelte sich enorm binnen der 15 Minuten. Eher kein Wein für solche Großverkostungen, sondern eher ein immer wieder aufregende Begleiter über einen gesamten Abend.
88-92/100, 92 KA-Punkte

Das Bukett zeigt eine ähnliche Anlage wie der Prager, aber leider mit einem leichtem Kellerton, dadurch wirkt er nicht so aufgefächert, im Hintergrund zeigen sich Fruchtaromen, die an Maracuja und reife Aprikosen erinnern. Am Gaumen von mittlerem Körper, mineralisch geprägter Antrunk, eher kühl und distanziert, im weiteren Verlauf entwickelt er immer mehr Druck und auch ein wenig Wärme vom Alkohol, der auch retronasal die Schleimhäute deutlich reizt, dies nimmt ihm ein wenig von seiner Spannung und Trinkigkeit, im Nachhall viel Tabak, eine deutlich Fenchelnote und schwarzer Pfeffer.
88-92/100, 88 KA-Punkte

Kräuterwürzige Nase, kalte Cola, Röstaromen, Kalkstein, zeigt Tiefe an. Am Gaumen von kräftiger Statur, das Jahr wird sofort deutlich, sehr druckvoller Antrunk, der konzentrierteste Wein bisher, entspricht der Aromatik dem Naseneindruck, sehr stimmiger harmonischer Verlauf, die Säure herrlich integriert, zeigt bis zur Mitte gar ein gewisse Feinheit, dann schlägt leider der Alkohol zu, auch Alzinger konnte sich der Hitze des Jahrganges nicht ganz entziehen, im Finish diffuse Fruchtsüße, mittlere Länge, insgesamt aber ein schöner Wein, der gut gereift ist.
87-90/100, 89 KA-Punkte

Süßliches Bukett nach verwaschenen Früchten, Blütenblätter, Dosenmandarine, einige erkennen deutlich rotwangige Äpfel. Am Gaumen von mittlerem Körper, erster Wein mit wahrnehmbarer Restsüße, Honigsüße, es wird uneins über Botrytis diskutiert, Kräutertee, wirkt noch nicht vollständig ausgereift, heute keine klare Zeichnung, wenig Bewegung, mittlere Länge, noch liegen lassen und hoffen.
87-88+?/100, 87 KA-Punkte

Oxidative, bzw. bereits deutlich gereifte Nase mit viel Pflaumen, Kräutertee, Kakao. Im Mund von leichtem Körper, entspricht aromatisch der Nase, fest mineralisches Fundament, saubere Botryitis, wirkt sehr beweglich, ja fast beschwingt mit animierenden Säurebogen, im guten Nachhall salzige Mineralität. Der Wein mag vielleicht aromatisch limitiert sein, aber sein Spiel und Trinkigkeit machen uns allen Freude.
90-91/100, 90 KA-Punkte

Gänzlich anders der Kröver Paradies mit fruchtiger Nase nach weißen und roten Johannisbeeren, Litschi, speckige Röstnoten, erinnert fast an Traminer, dahinter steinwürzige Mineralität. Am Gaumen dichter, cremiger Film belegt den Gaumen, Aromen nach Birnen und gelber Grapefruit, viel Zug am Gaumen, etwas gerbstoffig, die Säure schafft noch so eben den Ausgleich zu der ganzen Wucht, leichte Bitternoten im mittlerem Nachhall.
90-92/100, 91 KA-PunkteErneut zwei ausgezeichnete 2005er von Martin Müllen, der in diesem Jahr alles richtig gemacht hat. Noch jede Suche wert, leider recht wechselhafte Jahrgangsqualitäten.

Duftet intensiv nach Zitronen, Nougat, kandierte Ananas und Orangenschale. Mittlerer Körper mit fruchtig-saftigem Antrunk, kandierte Zitrusfrüchte, sehr dicht ohne jede Breite, wirkt über den gesamten Verlauf sehr harmonisch, wobei die Säure als pikant bezeichnet werden muss, einzelnen am Tisch war sie im langen Nachhall zu spitz, bzw. blieb am längsten stehen. Erneut ein ausgezeichnetes GG aus dem Heerkretz, der aber auch den aktuellen Geschmacksbild eines „modernen“ GGs am nächsten kam. Ein erneuter Beleg für die Reifefähigkeit des Jahrgangs.
89-92/100, 91 KA-Punkte

Spürbar oxidativer Ausbau, Pflaumen, Limette, ein Hauch Anis, Wachs- und Biskuitnoten zeugen von Botrytis. Im Mund von mittlerem Körper, zunächst viel Frucht, erinnert an Quitte und erneut ein Hauch Pflaume, dann übernimmt eine recht feste Mineralität die Führung, stets begleitet von Botrytisnoten, eher mittlere Tiefe, unaufregendes Finish.
86-88+/100, 88 KA-Punkte

Eine andere Liga das Spitzencuvée aus demselben Jahr. Das Bukett tiefsinnig und reintönig ohne jede Oxidation, vielschichtige Kräuter, Salbei, junge Zitrusfrüchte, baut mit der Zeit immer mehr aus. Am Gaumen erneut Zitrsufrüchte, besonders junge Ananas, die Säure herrlich reif und integriert, aber mit Rasse und verleiht dem Wein viel Zug, kühle steinige Mineralität als Unterbau, heute fast noch einen Tick zu jung, auch er gewinnt mit jeder Minute im Glas, ansprechende Länge. Noch jede Suche wert, viel Zukunft.
88-93/100, 92+ KA-Punkte

Duftet einmalig nach Anis und Cassis, kandierten Kräutern, Kümmel, Schwarzbrot, Boxhornklee und im Hintergrund bäumt sich eine steinige Mineralik gerade zu auf. Am Gaumen ein nahezu kräftiger Körper, cremiges Mundgefühl und trotzdem fluide wirkend, sehr würzige Aromatik entspricht dem Nasenbild, die Frucht jedoch unterschiedlich, jetzt viel Kernfrüchte, vor allem Apfelschalen, hoch animierender Säurebogen und erneut eine feste steinbetonte Mineralität, wechselt ständig seinen Auftritt, trotz aller Konzentration ungemein animierend zu trinken, ganz viel jugendliche Frische, ja er wirkt fast zu strahlen, weckt bei jedem Schluck Vorfreude auf den nächsten, im langen Nachhall nehmen die Kräuter etwas überhand, leichte Pfefferschärfe. Der beste Wein des Tages.
93-95+/100, 94+ KA-Punkte

Die Blume erinnert an Basaltstein, Rauch, mürben Äpfeln, kühl, etwas distanziert und verschlossen wirkend. Mittlerer Körper, sehr würziger Antrunk mit gelben Früchten, kandierten Zitrusfrüchten, rassig-reifes Säurespiel, sehr gut vom Extrakt gepuffert, über den gesamten Verlauf blieb die würzige Art dominierend, die übliche Mineralität der Lage hielt sich noch (zu) sehr zurück, langes Finish. Ein Wein, der sich noch in der Entwicklung befindet, aber gute Anlagen mitbringt und in einigen Jahren eventuell noch höhere Bewertungen zu rechtfertigen.
90-93+/100, 92 KA-Punkte

Für mich die Überraschung des Abends der Wein von Störrlein. Die Nase deutlich von einer schiefrigen Mineralität geprägt, dahinter noch getrocknete Wildkräuter, null Frucht, nichts für Fruchttrinker. Dies gilt auch am Gaumen, hier zeigt er zwar eine versöhnlich cremige Konsistenz, ansonsten ist das aber Riesling für Freaks, heftige salzige Mineralität, geschnittene Kräuterwiese, Kiwi und dazu etwas altholzige Noten, im weiteren Verlauf nehmen die grasigen Noten immer weiter zu, die dem Mund ein wirklich einmaliges Geschmacksbild verleihen, das man zugegebenermaßen mögen muss, am Tisch mochte es jeder, die Säure straff, aber fein verwoben mit der Cremigkeit, erfrischt beinahe beim Trinken, mittlere Länge. Ein erstaunlich straffer, präzise gezeichneter Riesling aus dem Jahr 2009.
91-93+/100, 93 KA-Punkte

Recht grobschlächtiger Duft nach Malz, Teig, Honig, Trockenkräuter und Aceton. Im Mund breit, deutlich von Botrytis gezeichnet, 2006 eben, die Frucht bereits gezehrt, kaum Spiel, viel Druck, bleibt lange am Gaumen haften, obschon dies nicht unbedingt von Vorteil ist. Eine wahre Enttäuschung. Dieses Jahr ist dem Winzer missraten, wenngleich ich schon bessere Flaschen hatte. Trotzdem zählt der Muenchberg in besseren Jahren zu den wahrlich großen Grand Cru-Lagen des Elsass.
82-84/100, 84 KA-Punkte
Zu Halbzeit kam ein Rehrücken von unserem Hausjäger aus der Eifel auf den Tisch, der dank seines zarten Fleisches alle begeisterte. Dazu gab es als Tischweine natürlich zwei Pinots, einer aus dem Burgund und einer aus Deutschland.



