Kraftakt Riesling V – 2012

Kraftakt Riesling V – 2012

Kraftakt Titelbild 1-100Bereits zum fünften Mal in Folge trafen sich dieselben Weinnasen im Herbst eines Jahres um die Tradition des Kraftaktes ein weiteres Mal aufleben zu lassen. Zum Jubiläum waren alle aufgerufen besonders lange in ihren Kellern zu graben, um ihren besten Riesling zu bergen. Guido wachte streng darüber die Güte der angestellten Tropfen, einige Teilnehmer mussten nachsitzen, aber es lohnte sich. Dieser Kraftakt war von der formalen Güte der Weine, aber auch vom Ergebnis das mit Abstand gelungenste und vielfältiges Feuerwerk großartiger Rieslinge. Auf den letzten Platz landete ein Kandidat mit 88 Punkten und mit 93 Punkten kam man nicht mal aufs Podest. Die Rahmenbedingungen waren ideal. Bei strahlendem Herbstwetter traffen wir uns im Wintergarten bei Michael in Thomasberg. Er und Sabine verwöhnten uns über den gesamten Tag auf das allerfeinste, unterstützt von der halben Mannschaft, die natürlich auch in der Küche wieder einmal Vollgas gaben.

Die Weine kamen blind auf den Tisch, mit Ausnahme von Guido kannte niemand das Line-Up, bis auf die selbst eingebrachten Weine. Die erste Punktewerte sind die Bewertung der Runde, gefolgt von meiner persönlichen Einschätzung.

BW Ungeheuer 1997-100Als 0er-Wein kam der Sieger des Vorjahres auf den Tisch und er zeigte auch ein Jahr später erneut seine ganze Klasse. Der 1997er-Bürklin-Wolf Ungeheuer zeigte sich perfekt gereift, anfangs noch etwas verhalten, baute er im Glas immer weiter aus, viel Schiefer- und Kalkduft, erstaunliche feine Mittelhardt-Aromatik, tropische Anklänge nach reifer Mango, Zitrusabrieb und angetrockneten Äpfeln, am Gaumen saftig, perfekt balanciert, sehr animierende feinporige Säure, mit Zug am Gaumen, herrlich frisch, ohne jede Müdigkeit, mittellanger Nachhall. Was für ein Auftakt.
92-93/100, 93 KA-Punkte


Pfeffingen Weilberg 2007-1001 Weingut Pfeffingen Weilberg GG Pfalz, 2007
Duftige Nase mit deutlichen floralen Anklängen, Rauch, Basaltnoten, dahinter hochreife, tropische Früchte, hier zeigt sich sein rotliegender Boden deutilch, auch ein Anflug von Mandarine, angetrockene Zitronen, sehr vielschichtig, daher bemerkenswert. Am Gaumen überraschend schlank, von mittlerem Körper, betont trockene Stilistik, recht früh fällt die salzige Mineralität auf, Raucharomen, weiße Nougatcreme, eine saftige Rieslingfrucht eher im hinteren Verlauf aufkommend, es fehlt noch ein Tick die Harmonie, noch sehr jugendlich, straff und tief. Ein noch nicht ganz entwickelter Riesling von ansprechender Qualität. Die konstante Qualität von Pfeffingen ist bemerkenswert.
90-93+/100, 92 KA-Punkte


Rudi Pichler Achleithen, 2007-1002 Rudi Pichler Weissenkirchner Achleithen Wachau, 2007
Etwas indifferente Nase nach Bohnenwachs, staubigen Früchten, wirkt ein wenig karg. Im Antrunk etwas stumpf, fächert sich im weiteren Verlauf aber schön auf, tiefe Mineralität, sehr salzig,  konzentriert, der Alkohol wärmt eine Winzigkeit, die Frucht gerade verschlossen, viel Kräuter, Salbei fällt auf, leichter Bitterton im mittellangen Nachhall. Ich vermute, dass der Weine gerade in seiner Verschlussphase ist und durchaus noch das Potential hat zuzulegen. Noch 2-3 Jahre liegen lassen.
88-90+/100, 89+ KA-Punkte


BW Pechstein Faß 63, 1999-1003 Bürklin-Wolf Pechstein Faß 63 Pfalz, 1999
Jetzt kam ein Wein, den ich schon recht gut kenne und auch schätze, aber diese Flasche flog an diesem Tag, wie ich es noch nicht erlebt hatte. Es ist ein Riesling an dem sich die Geister scheiden, denn er gärt deutlich länger als anderen BW-Weine und entwickelt dadurch eine grundsätzlich andere Aromatik, die sich ansprechend mit der Stilistik des Pechsteins verbinden kann. Und so roch es nach gerösteten Nüssen, Malz, Thunfischöl, Jod, Orangenschalen, ein ganz leichter Oxiton, zart bitterem Karamell, mit der Zeit gesellen sich noch frische rote Grapefruit hinzu. Hat alles nichts mit klassischem Riesling zu tun, ist aber trotzdem eine große Nase. Am Gaumen erstaunlich fruchtbetont von mittlerem Körper. Viel angetrocknete Äpfel und Aprikosen, glacierter Bratapfel, ein winziger, überaus angenehmer Botryitiston, die Säure straff und lebhaft, ja nahezu jugendlich, hat enormen Zug am Gaumen, wirkt sehr eigenwillig aber in seiner Art stimmig, will sich vom Gaumen gar nicht mehr lösen. Ein großartiges Riesling-Erlebnis, dass jeder Liebhaber einmal im Glas haben sollte. Jetzt auf dem Höhepunkt und sollte die nächsten 1-2 Jahre genossen werden.
90-95+/100, 94 KA-Punkte


Hiedler Maximum, 2001-1004 Weingut Hiedler Riesling Maximum Kamptal, 2001
Duftet angenehm nach Mandarinenschale, Darjeeling, kandierte Zitronen und Wachs. Am Gaumen von kräftigen Körper, fast zu konzentriert, der Alkohol drückt, deutlicher Botrytistouch, aber auch intensive Frucht, viel kandierte Zitronen und angetrocknete Pfirsiche, die Säurestruktur animierend, mit schönem Spiel mit der Frucht, im Nachhall feine Tabakanklänge, mittlere Länge, recht wuchtig.
88-92+/100, 89 KA-Punkte


Ste Hune 2001-1005 Domaine Trimbach Clos Ste Hune Alsace, 2001
Glockenklare, kühle Nase nach feinen Steinfrüchten, feuchte Kieselsteine, Cassisanklänge, noch gänzlich verschlossen wie ein gefrorene Gebirgsbach, der uns durch seine Eisschicht seinen Reichtum nur erahnen lässt. Im Mund von mittlerem Körper, sehr trocken, verschlossen, kühl und ernsthaft, kalkige Mineralik, tiefe Kräuterwürze, erneut Cassis, glockenklare noch sehr jugendliche, fast scheue Pfirsichfrüchte, crispe, sehr lebhafte Säure, Tabak und weißer Rauch, hat einen festen heute abweisend harten Kern, langer Nachhall. Kann ein großer Wein werden, nur es macht keinen Sinn den Wein heute zu öffnen. Noch 4-6 Jahre weglegen.
90-92+/100, 92+ KA-Punkte


Christmann IDIG 2005-1006 A.Christmann IDIG Pfalz, 2005
Klassischer, recht furchtbetonter Rieslingduft nach gereiften Steinfrüchten, erdwürziger Mineralität, sehr klar und sauber. Mittlerer Körper, saftiger Antrunk mit viel gereiften Steinfrüchten, erneut eine erdbetonte Mineralik, weiches Mundgefühl, agile, wenngleich recht reife, angenehm milde Säure, die gegen die Fruchtfülle ein wenig kämpfen muss, wirkt aber insgesamt bestens komponiert, ja fest entspannt, jetzt herrlich zu trinken, schöne Länge. Der Wein hat vermutlich seinen Höhepunkt bereits erreicht.
90-92/100, 92 KA-Punkte


Laible Plauelrain SL tr, 2005-1007 Weingut Laible Durbacher Plauelrain Riesling Spätlese trocken Baden, 2005
Hochreife, gelbfleischige Frucht, geht eine Spur in die Breite, die Botrytis drückt durch, Malz, Karamell, weiße Johannisbeeren, insgesamt etwas merkwürdig. Am Gaumen ebenfalls schon recht reif, mittlerer Körper, nicht ganz trocken, mittlere Dichte, cremiges Mundgefühl, etwas grünes Kernobst, einfache Kräuter, die Säure mit Spiel und gut verwoben mit der Frucht, mittlere Tiefe und Länge, es fehlt ihm ein wenig an Spiel, aber mit schönen salzigen Anklängen im Nachhall. Für eine Spätlese trocken noch gut intakt, sollte nun aber auch getrunken werden.
88-91/100, 88 KA-Punkte


Wittmann Morstein 2005-1008 Weingut Wittmann Westhofen Morstein GG Rheinhessen, 2005
Duftet herrlich nach Cassisblätter, Krokant, Tabak, kalter Cola und schwarzen Waldbeeren. What a nose! Am Gaumen von kräftigem Körper, enorm straff und fest, wird über den gesamten Verlauf von seiner fast rücksichtslosen Mineralik geprägt, Asche, weißer Rauch, Granit, aber auch Kernobst, getrocknete Steinfrüchte, lebhafte, überaus feinporige Säure, ein Wein wie ein Strich, betörend, fordernd mit gewaltiger Länge. Ein großer Riesling, einmalige Einigkeit am Tisch, alle sind begeistert.
95/100, 95 KA-Punkte


Wagner-Stempel Heerkretz, 2006-1009  Weingut Wagner-Stempel Siefersheimer Heerkretz GG Rheinhessen, 2006
Was für ein unglaublicher Riesling aus dem schwächsten Jahrganges des letzten Jahrzehnts. Er duftet intensiv nach Rauch, weißem Pfeffer, Kakao und Milchschokolade. Es kling unglaublich, aber wir waren uns des Nasenbildes einig. Am Gaumen von knapp kräftigen Körper, mit erstaunlich klarem Fruchtkern nach frisch aufgeschnittenen Steinfrüchten, null Botrytis, vielschichtige Mineralik perfekt mit der Frucht verwoben, auch die vitale Säure spielt perfekt mit und so gräbt sich der Wein in den Guamen wie kein andere an diesem Abend, eine einmalig Performance des Heerkretz, großer Nachhall mit herrlich animierender Frucht und erdwürziger Mineralität. Wieder 2006, wieder groß und mal wieder Wagner-Stempel.
93-95/100, 95 KA-Punkte

10 Emrich-Schönleber Monzinger Halenberg GG, 2006
Präsentiert eine Rieslingnase par excellence nach frischen, klaren Steinfrüchten, Kräuterwürze und im Hintergrund zeigen sich rotbeerige Waldbeeren. Mittlere Körper, hohe Extraktdiche, wirkt trotz aller Kraft sehr fein komponiert, griffe Mineralik, erinnert an Tafelkreide, dunkle Kräuterwürze, sehr straffer Verlauf, kecke Säure, erneut ein 2006er in dem sich keine Botrytis zeigt, noch sehr jugendlich, hat Tiefe und einen langes Finish. Ein großer Riesling, der seine Dichte und Fülle ohne Anstrengung in Griff hat und über den gesamten Verlauf sehr beweglich mit seiner Aromatik spielt. Noch viel Zukunft. Und was soll ich sagen, nochmal 2006…
92-95/100, 94 KA-Punkte


Kühn Schlehdorn 2006-10011 Peter Jakob Kühn Schlehdorn Rheingau, 2006
In der Nase Fahrradschlauch, weiße Johannisbeeren, Schießpulver, Flieder, Cassis und Wacholderbeeren. Es ist immer wieder faszinierend, was Riesling so alles kann. Die Aromatik am Gaumen entspricht dem Nasenbild, über den gesamten Verlauf begleiten uns die Cassis-Blätter und Wacholderbeeren, verleiht dem Weine eine Unverwechselbarkeit, die Säure noch etwas unwirsch, was der Jugend geschuldet ist, denn der Wein wirkt unentwickelt, kantig, herausfordernd, das Gegenbeispiel von einem Alltagswein zum Wegtrinken, mittlerer Körper, betont schlank, viel Kräuterwürze, verweilt sehr lange am Gaumen. Ein Wein fürs Selbststudium, aber bitte erst in frühestens fünf Jahren. 2006 – #4…
92-93+/100, 93+ KA-Punkte


Boxler Sommerberg, 2006-10012 Albert Boxler Sommerberg „D“ Grand Cru Alsace, 2006
Auch der nächste Wein kam aus diesem Jahr. Auch im Elsass kein sonderlich vielversprechendes Jahr. Oftmal zuviel Botrytis, überreife Früchte und wenig Säure. Der Riesling „D“ von Boxler war jedoch gelungene Ausnahme davon. Er war eigen und zeigte eine weitere Interpretation des Rieslings. Jetzt duftet es nach Pflaumen, Apfelmost, Kalkstein, Brioche und gereiften Champagner. Der Antrunk herrlich saftig, um dann aber sofort eine Vollbremsung hinzulegen, nun lutscht man an der Tafelkreide, wirkt sehr stoffig, Abrieb von der Zitrone, etwas Kokos, Apfelbutzen, sehr fordernde Aromatik, wird hinten wieder fruchtiger und überrascht mit einem langen klarfruchtigen Nachhall. Ein aromatisch querliegender Wein, der aber ohne Zögern nahezu jeden von uns eine ausgezeichnete Bewertung entreißt.
89-94/100, 93 KA-Punkte


Keller G-Max 2003-10013 Weingut Keller G-MAX Rheinhessen, 2003
Das bemerkenswerteste Bukett hatte an dem Abend der G-Max: Kaffeesatz, Hefe, Schwefel, Mokka, Kardamon, Briochnoten, Aprikose, Kalk und Rauch stand nach langer Diskussion auf meine Zettel. Wie gesagt, keine wußte was er hier im Glas hatte und alle waren begeistert, manche gar völlig aus dem Häuschen. Am Gaumen nähert sich der Wein dann dem Riesling an, sehr kraftvoll, gewaltige Extraktdichte, reife Steinfrüchte, vor allem Aprikosen, ein Hauch Restsüße, straffe, herrlich eingebundene Säure, erneut Kaffee- und Schokonoten, wirkt fast röstig, gräbt sich hinten immer weiter in den Gaumen ein, sehr langes Finish. Nach dem Aufdecken Anerkennung und auch Enttäuschung ob der Einsicht, dass der Wein wohl wirklich Klasse hat und aufgrund seines Preises sich kaum noch in unserem Gläsern finden wird.
92-95+/100, 95 KA-Punkte


Dönnhoff Hermannshöhle, 2003-10014 Weingut Dönnhoff Hermannshöhle GG Nahe, 2003
Spontinase, Heu, Schwefel, weiße Johannisbeeren, feine Steinfrüchte, vor allem weißer Pfirsich. Am Gaumen von mittlerem Körper, sein sehr eleganter, beweglicher, ungemein animierend zu trinkendes GG, kommt eher auf Samtpfoten daher, glockenklare Rieslingfrucht, frisch geschnittene Kräuter, herrlich viel Spiel, feinstes Säurespiel, pikant, verspielt, es läuft einem das Wasser im Munde zusammen, schöne Tiefe und mittlerer Ausdruck, gute Länge. Wäre der Wein des Abends, mit dem ich mich vor den Kamin setzten würde einfach weil er auf dem Punkt ist, elegant und trinkigkeit besitzt, auch wenn er eher klassisch komponiert ist und nicht die dramatische Tiefe zeigt.
92-93/100, 93 KA-Punkte


Dönnhoff Dellchen 2007-10015 Weingut Dönnhoff Dellchen GG Nahe, 2007
Duftet nach roten Beeren, vor allem Himbeere, Anklänge von Steinfrüchte, vor allem ist da aber viel steinbetonte Mineralik. Am Gaumen saftig, pikant, erneut die Himbeere, nun etwas eingekocht, mit Pfeffer und Kräutern, auch eingekochte Erdbeeren, die Restsüße zeigt sich, markante, fast resche Säure, wirkt deutlich jünger und unentwickelter, gute Tiefe, Kräuternote, fruchtsüßer, mittellanger Nachhall.
92/100, 92 KA-Punkte

16 Weingut Georg Mosbacher Kieselberg „Großes Hohl“ GG, 2007
leider Kork

Ein großartiges Line-Up findet so leider keinen würdigen Abschluss. Es war ganz sicher der beste Kraftakt und es wird schwer noch mal eine Steigerung zu erzielen. Muss auch nicht, ein ähnliches Niveau in 2013 wäre schon jeder Reise wert. Erstaunlich war die Phalanx an großartigen Rieslingen aus dem Jahr 2006. Ein großes Risiko, dass voll aufgegangen ist. Dank an alle Beteiligten für dieses einmalige Event. Teil 6 folgt im Herbst 2013…

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