Priorat, Ribera del Duero, Rioja und Bierzo von 1962 bis 2000
Recht zufällig hatte ich Gelegenheit kürzlich einige große Spanier im Glas zu haben. Schwerpunkt lag dabei auf gereifte Weine aus dem Priorat. Ausgangspunkt der Probe waren Diskussionen über die heftigen Preisunterschiede einzelner Gewächse. Neue, modern gemachte Weine treten selbstbewusst den bekannten, etablierten großen Weinen gegenüber. So z.B. der Lan Roble gegenüber dem L`Ermita. Für mich stand das Ergebnis nach der Verkostung eindeutig fest. Weine wie eben der Lan Roble sind ganz sicher gut gemacht, aber eben gemacht. Wie üblich blenden sie mit einer mitreissenden Konzentration und Fruchtigkeit, es fehlt ihnen aber an Eleganz und subtilen Spiel. Meine Favoriten des Abends waren L`Ermita, Curium und der Gran Valtravieso, die mich allesamt dank ihres ganz eigenen Charakters und der feinen Eleganz überzeugten. Wein, die einen nicht anbrüllen müssen um zu überzeugen, sondern dank ihrer Gelassenheit alle Facetten zeigen können. Die Weine kamen allesamt blind ins Glas. Aufgedeckt wurde ganz zum Schluss.
1.
Alvaro Palacios Finca Dofi Priorat, 1995
Nase: Jugendliche Frucht von roten Waldfrüchten und Kirschkonfit, zarte, etwas welke Krausminze, feine Lacktöne, etwas vordergründig.
Gaumen: Mittlerer Körper, noch recht jugendlich, resche Säure, nicht ganz überzeugendes Früchtespiel, etwas eindimensional, jedoch schmackhaft, im knapp langen Abgang gute Substanz, aber etwas vom Alkohol getragen, feinporiges Tannin.
86+ Punkte (sehr gut), Schnitt Runde 90+ Punkte, 47 Euro
2.
Bodegas Lan Culmen Rioja, 1995
Nase: Überaus frische Nase mit einem ganzen Strauß an Minze, sehr elegante kräutrige, leicht staubige Mineralik, elegant und weich.
Gaumen: Mittlerer Körper, saftiger, fruchtiger Antrunk, bleibt dank feiner Minzaromen und einer eigenwilligen kreidig-kräutrigen Mineralik aber elegant und verspielt, im weiteren Verlauf wird der Wein immer schlanker, fast fragil; knapp langer, sehr eleganter Nachhall, dem es ein wenig an Kraft und Nachhaltigkeit fehlt. Aber das erste Ausrufezeichen des Abends!
92 Punkte, Schnitt Runde 91 Punkte, 48 Euro
3.
Costers del Siurana Clos de l`Obac Priorat, 1996
Nase: Überreife müde Frucht nach Rosinen, dahinter wenig charmantes Altholz und Rauch, ein wenig Milchschokolade
Gaumen: Leicht saurer Antrunk, wenig Trinkvergnügen, resche Säure, unharmonische Frucht, guter Holzeinsatz, kräftiges Tannin, mittellanger Abgang ohne besonderes Spiel. Noch knapp gut, ganz schwach, wenn man den Preis kennt.
81 Punkte, Schnitt Runde 86 Punkte, 45 Euro
4.
Mas de Jubirà Prior Terrae Priorat, 1998
Nase: Eigenwillige, aber überaus elegante Nase nach schwarzem Tee, wunderbarer Holzeinsatz, im Hintergrund medizinale Noten und Schiefermineralik. Großartig!
Gaumen: Im Mund fällt er leider etwas ab, aber trotzdem noch sehr gut. Junge Kirsche und rote Beeren im saftigen Antrunk, kreidige Mineralik, leider verliert er ein wenig sein anfängliches Spiel und ist im ordentlich langen Nachall etwas unharmonisch, wobei mir seine kühle Eleganz ausgezeichnet gefällt. Ein Wein mit kleineren Schwächen, aber mit einer ganz eigenen Stilistik, die mir lange im Gedächtnis bleiben wird.
90 Punkte, Schnitt Runde 91+ Punkte, 100 Euro
5.
Rotllan Torra Tirant Priorat, 1998
Nase: Heftig viel Stall, Pferdeschweiss – nicht wirklich schön, im Hintergrund zeigt sich durchaus Spiel und Klasse: Eisen und mineralische Noten, Cassis und Pfeffertöne, interessant.
Gaumen: Im Mund fällt der Wein dann aber gänzlich zusammen. Entweder haben wir einen Tiefschläfer oder ein Flaschenfehler, zu alt sollte es wohl noch nicht sein. So aber gänzlich ohne Trinkspaß: Todessüße, grober Tannine, Pferdestall.
77 Punkte, Schnitt Runde 83 Punkte, 53 Euro
6.
Bodegas Primicia Curium Rioja, 1998
Nase: Unglaublich samtige, elegante Nase, feines komplexes Spiel aus hellem Dörrobst, etwas Schwarzkirsche und Brombeeren, nobel und konzentriert zugleich, wunderbares Holzmanagement – eine Nase knapp an 100 Punkten.
Gaumen: Tee im Antrunk! Küchenkräuter und Bitterschokolade notiere ich sofort, erst danach zeigen sich vielschichtige Fruchtaromen dunklen und hellen Waldbeeren, kühle Mineralik, seidige integrierte Tannine, langer, aber nicht gänzlich überzeugender Abgang, hier fehlt die letzte Tiefe und Komplexität, aber trotzdem ein besonderer Weinmoment. Für mich, mit knappen Vorsprung, der beste Wein des Abends.
94 Punkte, Schnitt Runde 95 Punkte, 96 Euro
7.
Bodega Palacios de Arganza Palaca de Arganza Bierzo, 1962
Nase: Wunderbar sanfter Duft eines gereiften Weines mit viel Kaffee und Kakao, eingekochten Erdbeeren und einer schönen Würzigkeit vom Fassausbau. Delikat.
Gaumen: Im Mund von mittlerem Körper, sehr weich und schmeichelnd, samtige Tannine und eine gut eingebunde Säure zeichnen diesen Wein aus. Fruchtaromen nach dunklen und roten Beeren, vielleicht eine Kleinigkeit verwaschen. Langer würziger Nachhall. Insgesamt ein stimmiger Wein mit intaktem Verlauf. Klasse für fast 50 Jahre.
91 Punkte, Schnitt Runde 91 Punkte, 50 Euro
8.
Descendientes de J- Palacios S.L., Villafranca del Bierzo, Corullon Bierzo, 1999
Nase: Recht konzentrierte Nase nach angetrockneten roten Beeren, leicht kompottige Note, bleibt aber in der Balance aufgrund frischenr Kräuternuancen, merkliche Aromen vom Fassausbau. Nicht schlecht, aber mir ist das doch ein wenig zu protzig.
Gaumen: Und dies setzt sich auch konsequent im Mund fort; sehr konzentriert und fruchtbetont, wirkt recht uncharmant und es fehlt an Spiel und Leichtigkeit. Ein richtiger Mastwein, der meines Erachtens dazu auch noch zu jung serviert wurde. Langer Abgang vom Alkohol getragen und die komptigen Noten nehmen immer mehr überhand. Nicht mein Fall.
87 Punkte, Schnitt Runde 92 Punkte, 65 Euro
9.
Bodegas Lan Lan Roble Edicion Limitada Rioja, 2000
Nase: Wieder viel Extakt und ein Mangel an Harmonie und Eleganz: viel Vanille vom Faß und Banane sind meine ersten Eindrücke, reduzierte, eingelegte Beeren und Pflaumen, dahinter metallische Anklänge, keine große Tiefe, ein Blender.
Gaumen: Überraschend trocken am Gaumen, intensives Kirschbuket, mächtig viel Alkohol legt sich schärfend auf die Zunge, hier wurde hochreifes, stark selektiertes Lesegut verwendet, dass jetzt mächtig viel Druck auf den Gaumen ausübt. Aber mehr als eine, zugegeben schöne, Kirschfrucht bietet der Wein kaum an, vielleicht noch ein Hauch Mineralik. Der Abgang ist lang, aber primär vom Alkohol getragen und er bleibt betont fruchtbetont. Mit einem gewissen Wohlwollen noch sehr gut.
87 Punkte, Schnitt Runde 92 Punkte, 35 Euro
10.
Alvaro Palacios L`Ermita Velles Vinyes Priorat, 2000
Nase: Ah, was für eine Wohltat, endlich wieder eine harmonische Nase mit Tiefe und Persönlichkeit. Subtiles Spiel aus dunklen Waldfrüchten und Heidelbeerjogurt, Extrakt aus reifen Pflaumen, kreidige Mineralik und superelegante Röstaromen vom Fassausbau nach Malz, Rauch und gar etwas Zedernholz. Sehr elegant und tief.
Gaumen: Auch am Gaumen ein überzeugender Wein, der unseren Beifall aufgrund seiner perfekten Harmonie aus Frucht, Holz und Säure verdient. Dichte Struktur von großer Nachhaltigkeit, ständig wechselt der Wein seine Nuacen und bietet so reichlich Anlass immer wieder in ihn hinein zu schmecken. Langer, komplexer Abgang, der ein Touch zu sehr mit dem Holz spielt. Scheint mir noch einige Jahr zu jung zu sein, aber schon jetzt ausgezeichnet. Leider auch der Preis.
93+ Punkte, Schnitt Runde 95 Punkte, im Handel ca. 500 Euro
11.
Bodega Alejandro Fernandez Tinto Pesquera S.L. Tinto Pesquera Janus Ribera del Duero, 1994
Nase: Warm und vollmundige Nase, die sich fast fruchtfrei präsentiert. Angenehm leichte Nuance von Stall in interessantem Spiel aus Zigarrenkiste, Schinkenspeck und Rauch. Sehr eigenwillig mit hohem Wiedererkennungswert.
Gaumen: Auch hier dominieren die Rauch und Speckaromen, auch etwas Salami, weicher, warmer Rauch mit eine Prise Vanille, im Hintergrund ein Ahnung von dunklen Beeren. Leider zeigt sich im weiteren Verlauf der Alkohol zu stark und auch die Säure geht mir ein wenig zu ruppig zu Werke. Mittellanger Abgang. Nicht ganz meine Welt, aber sehr interessante Erfahrung.
88 Punkte, Schnitt Runde 91 Punkte, 90 Euro
12.
Bodegas y Vinedos Valtravieso (Peter Sissek) Gran Valtravieso Ribera del Duero, 1994
Nase: Eine feine Arabica-Note duftet aus dem Glas, das macht Spaß und hat auch noch Tiefe und Eleganz, sehr subtil und gänzlich fruchtfrei, dahinter noch feine mineralische Anklänge
Gaumen: Schlanker eleganter Antrunk mit viel Minaralik (Kalk- und Schiefernoten) und jungen roten Beeren, subtil elegante Mineralik und noch ganz leichte Holznoten, ein puristisch, fast sehniger Wein, der mit seiner eleganten Kraft eine eigene Fazsination innerhat. Gefällt mir ausgesprochen gut, auch der lange, erneut schlanke Abgang der erneut besonders die mineralischen Noten betont. Klasse Wein für Strukturtrinker.
93 Punkte, Schnitt Runde 94 Punkte, 75 Euro
13.
Chateau Cardinal-Villemaurine St. Emilion, 1961
Nase: Fragile Nase eines deutlich überalterten Weines nach Zigarrenkiste, nassem Laub, Zedernholz und Altholz, dahinter verzerrte rote Beeren, komischerweise aber nicht gänzlich missraten, die verschiedenen Holzaromen waren interessant.
Gaumen: Auch im Mund war der Wein schon deutlich über seinen Höhepunkt, zeigte aber noch die Anklänge eines sehr guten Bordeaux. Leichter bis mittlerer Körper, etwas ausgezehrte Frucht nach dunklen Beeren und Pflaumen, verspielte, wenngleich auch spröde Holzaromen, wieder feuchtes Laub, Waldboden, herber Tabak, die Säure nimmt im weiteren Verlauf zu und im mittleren Abgang steht sie etwas neben den anderen Komponenten. Trotzdem hat der Wein noch ein gewisses Spiel.
86 Punkte, Schnitt Runde 89 Punkte, Preis n.n.
14.
Bodegas Vega Sicilia Unico Ribera del Duero, 1962
Nase: Intensive kompottige Fruchtaromen ohne Spiel, etwas Kakao und Rosinen, kein Tiefgang, ziemlich ermüdend.
Gaumen: Ziemlich schlanker Wein der bereits deutlich zu alt ist. Die Frucht überreif und ohne ausreichendes Spiel und Tiefgang, die Säure sticht bereits unangenehm hervor, dahinter Pilze, Waldboden und Altholz, noch einigermaßen guter Abgang. Enttäuschend.
83 Punkte, Schnitt Runde 86 Punkte, 250 Euro
15.
Bodegas Vega Sicilia Unico Ribera del Duero, 1986
Leider Kork, 250 Euro