Riesling Große Gewächse 2008 – Eine Bestandsaufnahme nach sieben Jahre Flaschenreife

Riesling Große Gewächse 2008 – Eine Bestandsaufnahme nach sieben Jahre Flaschenreife

Riesling GG 2008 nach sieben Jahren (7 von 17)

Auch dieses Jahr blickten wir in der üblichen Runde sieben Jahre zurück, und es herrschte einhellig große Vorfreude auf diese Probe. Der Grund: Wir verkosteten große Riesling-Gewächse aus dem Jahrgang 2008. Bei der ersten Präsentation des Jahrgangs noch mit viel mit Argwohn betrachtet und (vor)schnell abgeschrieben, zeigt 2008 nach sieben Jahren Flaschenreife nun ganz deutlich, dass es sich dabei um einen ganz hervorragenden Jahrgang für den deutschen Riesling handelt. Die Weine sind ungemein animierend zu trinken, zeigen eine pikante, aber überwiegend reife Säure und deuten dank ihrer schlanken Struktur oftmals gut erkennbar ihre Herkunft an.

Die Erwartungen wurden auch in dieser Probe nicht enttäuscht, sondern eher noch übertroffen. Außer bei zwei bis drei Ausnahmen inklusive Flaschenfehler durften wir uns an der mit Abstand besten Rückschau nach sieben Jahren Flaschenreife erfreuen. Von den 15 präsentierten Großen Gewächsen waren zehn auf ausgezeichnetem Niveau. Die Jahrgangskrone holte sich diesmal überraschenderweise Schloss Johannisberg, aber auch der Wein auf dem zehnten Rang lag nur knapp dahinter. Die Platzierungen sind daher nicht aussagekräftig, die Qualität ist durchgängig sehr hoch, der Leser kann mithilfe der Notizen getrost seine Favoriten frei nach seinem Geschmack wählen.

Auch an dem gewohnten Ablauf unserer Rückschau hielten wir fest. Jeder Teilnehmer brachte zwei Weine komplett verdeckt mit – niemand kannte somit das Line-up. Die Weine kamen nach dem Zufallsprinzip auf den Tisch. Erst nachdem der letzte Wein verkostet war, wurden die Weine nach ihren Bewertungsrängen von hinten nach vorn aufgedeckt und nachprobiert, wobei keine Änderungen der Bewertung vorgenommen wurde. Diese Art der Verkostung macht einfach Spaß, hält die Spannung bis zum Schluss aufrecht. Nachteil ist, dass das Line-up in Sachen Restzucker, Ausbaustil und Säure zufällig ist und somit mancher Riesling unter seinem Vorgänger leiden oder eben von ihm profitieren kann.

Vor den Hauptweinen stimmten wir uns mit dem üblichen „Nuller-Wein“ ein.

Riesling GG 2008 nach sieben Jahren (4 von 17)

Weingut Hahnmühle Riesling Alisencia Nahe, 2008

Dank des Bioladens meines Vertrauens begleitet mich das Weingut Hahnmühle aus Mannweiler-Cölln im Anbaugebiet Nahe bereits seit rund 15 Jahren. Der auf Tonschiefer gewachsene 2008 Alisencia, von dem es meines Wissens auch gelegentlich eine „S“-Version gibt, überzeugt auf Anhieb. Tabakig im Bukett mit viel gelben Früchten, kandierter Zitrone, Mirabelle, dazu erste zarte Reifenoten, kräuter-würziger Hintergrund, insgesamt sehr gewogen. Am Gaumen eher schlank, die Restsüße schiebt sich etwas zu sehr in den Vordergrund und scheint mir nicht gänzlich mit der Frucht verwoben. Durch seine schlanke Art bleibt er aber sehr animierend zu trinken, viel Tabak und Kräuter, die markante Säure könnte etwas mehr Konzentration vertragen, es bleibt aber ein animierend zu trinkender und gut gereifter Riesling mit gutem Nachhall.

(Runde 87/100, jetzt trinken)

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Weingut Dönnhoff Niederhausen Hermannshöhle Nahe, 2008

Frisches Bukett mit einem ganzen Korb voller jugendlicher Zitrusfrüchte, dazu jede Menge Feuersteinnoten und tabakigen Anklängen, steinwürziges mineralisches Fundament, recht straight, einige erkennen Zitronenmelisse, reintönig, noch völlig jugendlich, mittlere Komplexität. Am Gaumen von hinreichender Dichte, klare Aromatik von Zitronen, jungen Kräutern, fester mineralischer Biss, ungemein lebendig und auch hier jugendlich, straffer Verlauf, sehr nachhaltig, wird im weiteren Verlauf immer komplexer und deutet seine Möglichkeiten mit weiterer Reifeentwicklung deutlich an. Die Säure ist agil und feinsinnig, ganz typisch für 2008, der Wein hält bis in den sehr langen Nachhall seine Spannung und ist ungemein animierend zu trinken. Ein ausgezeichnetes und vielleicht in fünf Jahren großes Gewächs. Die Hermannshöhle ist ein Beispiel dafür, welche Höhen und Tiefen ein Großes Gewächs durchlaufen kann. Vor zwei Jahren hatte sich der Wein gänzlich verschlossen, nun ist er aber voll da und lässt sich trotz seiner Jugend auf ausgezeichnetem Niveau genießen. Der Nachkauf kann nur empfohlen werden. Wer einen größeren Bestand hat, sollte jetzt unbedingt mal eine Flasche davon probieren.

(Runde 93,6/100 = Rang 3, KA 94+/100, jetzt bis 2033)

Weingut Knipser Dirmstein Mandelpfad Pfalz, 2008

Der Mandelpfad von Knipser ist ein Musterbeispiel dafür, wie ansprechend ein Riesling reifen kann, der aus unserer Sicht mit einem merklichen Anteil an sauberer Botrytis vergoren wurde. In der Nase dafür ein typischer Duft nach Wachs, Honig, glacierten Früchten, roten Äpfeln, reifer Birne, ein kleine Lacknote. Am Gaumen dicht und kräftig, trotzdem hinreichend beweglich, dank einer markanten leicht zitronigen Säure, die hier aber sehr gut passt, da sie den fülligen Körper gut in Schwung bringt. Im Antrunk notieren wir reife Kernfrüchte, ein Spur Karamell und Honig, eine feine Dillnote im weiteren Verlauf, schmelzig-seidiges Mundgefühl, die Frucht fächert immer weiter auf, sehr guter bis langer Nachhall mit mineralischen Noten. Ein insgesamt kompletter Riesling, der seine Herkunft wie ein Schild vor sich herträgt. Große Begeisterung am Tisch und sehr harmonische Einschätzung.

(Runde 92,3/100 = Rang 6, KA 92/100, jetzt bis 2023)

Weingut Peter Jakob Kühn Mittelheim St. Nikolaus, 2008

Der nächste Wein war für mich der Wein des Abends. Noch nie hatte ich St. Nikolaus so gut im Glas. Für mich schmeckte er wie die großen Koehler-Ruprechts „R“-Rieslinge aus den 90ern. In der Nase finde ich eine hochfeine und unheimlich tiefe Nase nach getrockneten Kräutern, kalter Cola, Tabak, schwarzen Oliven, auch Sauvage-Anklänge, ätherische Mineralität, ein wenig Zitrus, aber wer braucht Frucht in einem solchen Kaleidoskop an Aromen, höchste Komplexität und Reinheit zugleich. Grandios. Am Gaumen durchaus dicht, aber perfekt gewogen und trotzdem so beweglich, fast federleicht. Und da zeigt sich dann der Unterschied zu Koehler-Ruprecht, der nie so leichtfüßig unterwegs ist. Der Wein ist perfekt gewogen, puristisch mit herben Kräutern, grünem Olivenöl, etwas Pfeffer, hinten raus tauchen Gerbstoffe auf, er wird immer vielschichtiger, langer Nachhall mit deutlicher Wacholder und Pimentwürze. Die Runde ist ebenfalls einhellig begeistert, aber es überrascht nicht, dass bei einem solch extremen Riesling die Bandbreite an Bewertungen weit auseinandergeht.

(Runde 93,9/100 = Rang 2, KA 96/100, jetzt bis 2028)

Weingut Koehler-Ruprecht Kallstädter Saumagen Auslese R Pfalz, 2008

Und der Zufall wollte es so, dass sich anschließend dann tatsächlich ein Koehler-Ruprecht in meinem Glas wiederfand. Ich erkannte ihn nicht, wir tippten eher auf die Südpfalz oder Franken. Wobei eines eigentlich sofort auf Koehler-Ruprecht hindeutete, denn der Wein ist noch weit entfernt von seinem Höhepunkt, wir hatten ein Baby vor uns stehen, aber ein ziemlich schönes. Der Wein duftet nach Orangenbrause, komplexen Gewürzen, unter anderem Kurkuma, ein Hauch Anis, medizinaler Einschlag, schräg und spannungsgeladen. Am Gaumen von mittlerer Dichte, erneut viel Orange, jugendliche Unruhe und Kompaktheit, eine spannende Verbindung von Kurkuma und Zitrusfrüchten, die Säure ist manchem zu viel, andere loben die Lebendigkeit, im weiteren Verlauf verschlankt sich der Wein zunehmend ohne karg zu werden, trotzdem fächert er noch nicht vollständig auf, sehr guter bis langer Nachhall, muss noch einige Jahre reifen und kann sich dann sicher noch merklich steigern.

(Runde 92,2/100 = Rang 8, KA 91+/100, jetzt bis 2033)

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Weingut Emrich-Schönleber Monzinger Frühlingsplätzchen Nahe, 2008

Schon wegen des Spontitons hätte ich niemals an Schönleber gedacht, da das Weingut keine Religion rund um die Hefen betreibt. Reinzucht oder Weinbergshefen, man will sich seine Optionen offen halten. In der Nase finden wir neben Spontinoten reife gelbe Früchte, rote Beeren, ätherische Noten, ein floraler Einschlag, mit der Zeit immer deutlich auch ein angenehmer Fenchelton, das lässt einen kräftigen Stil im Mund erwarten. Diese Erwartung wird zum Glück getäuscht. Herrlich beweglich und animierend ist der Wein im Antrunk, sehr klassische Rieslingfrucht, reintönig und saftig, rote Beeren, einige erkennen einen feinen Botrytiston, Kakao, cremige Textur, karamellige Noten tauchen auf, auch tropische Anklänge, herbe Kräuter, zarte steinige Mineralität, der Wein läuft harmonisch und durchaus charmant über den Gaumen. Dies ist der bisher zugänglichste Riesling, dabei eine gute bis sehr gute Länge.

(Runde 92,2/100 = Rang 8, KA 92/100, jetzt bis 2023)

Weingut von Winning Ruppertsberg Reiterpfad Pfalz, 2008

Der Reiterpfad konnte uns aufgrund seiner unwirschen Säure nicht ganz überzeugen. Zunächst gefiel uns das saubere Bukett mit einer noch durchaus jugendlichen, recht klassischen Rieslingfrucht sehr gut, dahinter ein steinwürzige Mineralität, die uns an Kalkstein erinnerte. Am Gaumen im Antrunk ist der Wein zunächst saftig mit einer erneut reintönigen Rieslingfrucht, besonders Pfirsichtöne fallen auf. Dann schiebt sich aber eine resche Säure über die Frucht, und das geringe Extrakt kommt nicht dagegen an. Erste Reifenoten kommen auf, die Restsüße wird deutlich, auch am Gaumen steinige Mineralität, dabei eine gute Länge. Der Wein ist durchaus von gehobener Güte, aber die Säurestruktur verlangt schon eine Vorliebe für einen solchen Stil. Mir erscheint der Wein nicht ganz harmonisch und am Ende seiner Entwicklung angelangt. Meiner Einschätzung nach sollte er die nächsten zwei bis drei Jahre ausgetrunken werden.

(Runde 89,5/100 = Rang 12, KA 89/100, jetzt bis 2018)

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Weingut Wittmann Westhofen Brunnenhäuschen Rheinhessen, 2008

Ein echtes Schwergewicht ist das Brunnenhäuschen von Wittmann auch im Jahrgang 2008. Aber bei all seiner Kraft hält der Wein ausgezeichnet seine Balance, so dass man durchaus von einem trinkanimierenden Kraftpakt sprechen kann. In der Nase zunächst ein deutlicher Spontiton, der nach wenigen Minuten verfliegt. Danach ein reintöniger Duft von roten Johannisbeeren, schieferiger Mineralität, Haselnuss, braunen Tabakblättern, dahinter Zitrusnoten. Im Mund kraftvoll mit festem mineralischem Kern, auch im Mund nussige und tabakige Anklänge, deutlich Walnuss, die pikante Säure ist perfekt von der Extraktdichte gepuffert und beschränkt sich darauf, Schwung in diesen kraftvollen Wein zu bringen. Ein sehr harmonischer, wenngleich straffer Verlauf, weniger tänzelnd, mehr druckvoll schiebend, ein vielschichtiges Aromenspiel bis zum sehr langen Nachhall, dabei sind stets deutlich Zitrusfrüchte, ein Hauch tropischer Noten und die steinig-salzige Mineralität. Jetzt bereits gut zu trinken, wenngleich ein Wein mit viel Zukunft.

(Runde 93,1/100 = Rang 5, KA 93/100, jetzt bis 2028)

Weingut Reichsrat von Buhl Forst Pechstein Pfalz, 2008

Der von Buhl trug seine Herkunft wie ein Schild auf der Brust. Alle Teilnehmer tippten auf die Pfalz, und einige nannten gar die Lage. In der Nase finden wir einen Duft geprägt von sauberer Botrytis. Kakao, getrocknete Kräuter, Maracuja, Cassisblatt, ein Hauch Zuckerglasur, das lässt einen wuchtigen Weinstil erwarten. Und im Antrunk stellt sich das dann doch ganz anders dar. Der Wein ist am Gaumen weniger dicht als erwartet. Es zeigt sich zwar die Kraft der Forster Lagen, dazu aber eine noch jugendliche Frische, die Frucht geht eindeutig in die Zitrusrichtung, auch jugendliche Steinfrüchte, dazu eine agile Säure samt salziger Mineralität, dadurch sehr straff, dazu nussige Aromen im hinteren Verlauf, ein Hauch Feuerstein, der Wein zeigt Tiefe an, ein sehr langer und nuancierter Nachhall. Noch ungemein jugendlich, jetzt herrlich zu trinken, man sollte aber eine pikante Säure im Riesling schätzen.

(Runde 91,9/100 = Rang 10, KA 92/100, jetzt bis 2023)

9 Weingut Schäfer-Fröhling Monzingen Halenberg Nahe, 2008

In der Nase glacierte rote Äpfel, etwas stumpf, Kartoffelstärke, angedrückte Mandarine, steinige Mineralität. Am Gaumen mittlere Dichte, merkliche Restsüße, die Fruchtaromatik wirkt etwas verschoben, auch hier Boytritis, aber nicht so strahlend wie bei den Vorgängern, auch Karamell, die Säure ist agil, dadurch guter Trinkfluss, trotzdem ist der Wein nicht so animierend, mittlerer Nachhall. Ein sehr guter Riesling, der zumindest zum jetzigen Zeitpunkt in dem ansonsten hervorragenden Line-up nicht mithalten kann.

(Runde 88,7/100 = Rang 13, KA 88/100, jetzt trinken)

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Weingut Georg Breuer Rüdesheim Berg Schlossberg Rheingau, 2008

Breuers Schlossberg ist noch viel zu jung und sollte noch weitere fünf Jahr weggelegt werden, dann könnte er zu einem ganz großen Riesling herangereift sein. Heute duftet er nach Spontinoten, sauberer Steinfrucht, Zitrusabrieb, Walnuss, etwas Schwefel, schieferigen Noten, das Bukett ist ungemein strahlend und jugendlich. Am Gaumen ist er von mittlerer Dichte, saftiger, reintöniger Auftakt mit Zitrusfrüchten und roten Äpfeln, steinige Mineralität, erneut Schiefer, Ginger Ale, Himbeeren, eine salzige Mineralität, herbe Steinigkeit, puristischer Stil, hinten heraus wirkt er zur Zeit etwas karg und aromatisch eingeengt. Das muss zwingend noch länger reifen, der Nachhall bricht heute noch deutlich zu früh ab.

(Runde 91,2/100 = Rang 11, KA 91+/100, 2020 bis 2033)

11 Weingut Keller Westhofen Kirchspiel Rheinhessen, 2008

Ein komplexer und hochfeiner Duft von Kräutertee, Heu, gelbfleischigen Fruchtaromen, Rauch, etwas Tabak. Im Mund von mittlerer Dichte, eine herrlich verspielte und straffe Säure, mineralisch geprägte Aromatik, helle, kalkige und salzige Mineralität, ordentlich Kraft und Nachhaltigkeit, viel Zug im Verlauf, auch wird er immer salziger und rauchiger, ein ungemein langer und komplexer Nachhall, der nahezu von den mineralischen Noten bestimmt wird. Dies ist ein Wein für Fortgeschrittene. Alle sind begeistert.

(Runde 93,4/100 = Rang 4, KA 94/100, jetzt bis 2023)

Weingut Georg Mosbacher Forst Freundstück Pfalz, 2008

In der Nase Bayrisch Malz, Honig, Botrytis, Pflaume, metallische Noten, leicht oxidativ, Pfeifentabak. Am Gaumen wirkt der Wein nicht ganz gewogen, Kartoffelstärke, Pflaumen, das alles ist weit gereift, der ganze Wein wirkt plump, die Säure steht abseits, trotzdem spürt man die Qualität des Weins und seine herrliche Salzigkeit. Die Flasche ist offenbar nicht in Ordnung, daher keine Bewertung.

(Keine Bewertung)

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Ökonomierat Rebholz Siebeldingen Ganzhorn im Sonnenschein Pfalz, 2008

Der Rebholz zeigt mal wieder, wie wichtig einige Jahre Flaschenreife sein können. Der Ganzhorn ist jetzt eine wahre sensorische Erfahrung, er vereint Komplexität und Aromafülle mit Stringenz und Klarheit. Die meisten verorten den Wein recht zielsicher in der Südpfalz, sind aber trotzdem aufgrund seiner Feinheit überrascht. Er duftet überaus ansprechend nach Wirsing, Zitrus, Pink Grapefruit, Cassisblatt, grasige Noten im Hintergrund, dazu ein leichter Hauch Schwarzkümmel – alles sehr gewogen und natürlich vollkommen reintönig. Eine anfängliche Kohlnote verfliegt binnen weniger Minuten. Am Gaumen von hinreichender Dichte, betont trockene Stilistik, eher auf der eleganten und kompakten Seite, viel Substanz, ohne jede Breite, erneut viel Grapefruit, straffe und stringente Säure, leicht tabakige Anklänge, festes mineralisches Fundament, kein Charmeur, deutliche Tabak- und Schwarzkümmelnote im guten bis sehr guten Finish.

(Runde 92,3/100 = Rang 6, KA 94/100, jetzt bis 2028)

Schloss Johannisberg Silberlack Erstes Gewächs Rheingau, 2008

Ein kühler, nobler Duft nach Tafelkreide, schwarzem Pfeffer, dazu eine vollkommen reintönige Rieslingfrucht, im Hintergrund etwas Fenchel, noch leichte Hefenoten, die mit der Zeit verfliegen. Am Gaumen hochfein mit glockenklarem und animierendem Auftakt, Mandarine, feinste Ananas, reifer Pfirsich, ein kühle steinwürzige Mineralität schiebt sich in den Vordergrund. Dieser Riesling tanzt auf der Zunge, er ist ungemein nuanciert und ausgewogen, weißer Nougat, komplexe jugendliche Wiesenkräuter, filigran und beschwingt und trotzdem sehr nachhaltig, sehr langer und verspielter Nachhall. Die Runde ist einhellig begeistert, wenngleich auch überrascht, und verleiht ihm mit ganz knappem Vorsprung die Jahrgangskrone an diesem Abend. Tja, so gut kann Schloss Johannisberg sein!

(Runde 94,2/100 = Rang 1, KA 94/100, jetzt bis 2028)

Weingut Bürklin-Wolf Forst Ungeheuer Pfalz, 2008

Dieses Ungeheuer verleugnete derart seine Herkunft und die Handschrift des Winzers, dass wir Zweifel an der Güte der Flasche haben. Die Notiz ist daher mit Vorsicht zu genießen. Das Bukett ist weit fortgeschritten mit jeder Menge Botrytis, Wachs, Kohlnoten, Bohnen und Pflaumen. Am Gaumen von kräftigem Körper, Kaffeesatz, getrockneten Kräutern, deutlich gezuckerte Süße, etwas klebrig-zäher Verlauf, sehr üppiger und überreifer Rieslingstil, die Säure kämpft mit Mühe gegen all diese Konzentration an, deutliche Noten von Bratapfel im wiederum guten Abgang. Einige lehnen diesen Stil deutlich ab, andere sehen den Wein nur in einer vorübergehenden Schwächeperiode und vermuten noch viel Potenzial, eine dritte Gruppe schiebt es auf schlechte Lagerung. Wir sind uns uneinig, wo es mit dem Wein hingeht, bewerten ihn aber in den gleichen Punkterängen.

(Runde 88,4/100 = Rang 14, KA 88/100, jetzt bis ?)