VDP Weinbörse 2015: Pfalz und Franken
Das Beste kommt zum Schluss – aus Zufall trifft das bei unserem Bericht von der VDP Weinbörse in Mainz so zu. Denn nach den Anbaugebieten → Rheinhessen und Mosel sowie → Rheingau und Nahe kommen als letztes nun Pfalz und Franken an die Reihe. Und diese beiden Gebiete scheinen von den schwierigen Bedingungen im Jahr 2014 sogar profitiert zu haben. Die Weine haben so viel Sonne bekommen wie eben nötig und wurden nicht so spät gelesen. Damit sind sie nicht so stoffig geprägt wie in heißeren Jahren, durch die ganze Verkostung zog sich Finesse und Feinheit. Was das für die Großen Gewächse bedeutet, gilt abzuwarten, die Guts-, Orts- und Lagenweine sind auf jeden Fall animierend und fein und sorgen für große Trinkfreude. Ich hatte bei meinen Verkostungen kaum Ausfälle, war vielmehr das eine ums andere Mal sogar richtig begeistert.
Pfalz
Auch in der Pfalz war das Jahr anstrengend. Der Rebaustrieb war sehr früh, so richtig warm es dann aber doch nicht, bis zur Blüte war der Vorsprung wieder aufgebraucht. Dann kamen – wie fast überall in Deutschland – Hitze und Trockenheit, im August wurde es kühl und feucht. Lagen im Regenschatten des Waldes bzw. mit guter Wasserabfuhr waren einmal mehr im Vorteil. Im Herbst regnete es immer wieder mal, zumal war es warm an der Haardt und in der Südpfalz. Die Lese erfolgte etwas früher als in den Vorjahren und auf vielen Weingütern in Rekordgeschwindigkeit. Am Ende haben die Weine ein paar Oechsle weniger abbekommen, jedoch steht die Säure auch nicht so hoch wie 2013. Das steht den Pfälzer Weinen unheimlich gut. Weniger Kraft, geringe Alkoholgrade, mehr Feinheit, Leichtigkeit und eine schöne Balance, so würde ich die folgenden Verkostungen zusammenfassen.
Dr. Bürklin-Wolf
In den letzten Jahren sorgte das Weingut Dr. Bürklin-Wolf bei der Jungwein-Verkostung für eine Art Benchmark – zumindest in der Pfalz. Sogar im rassig dominierten Jahrgang 2013 gelang es hier, von Anfang an harmonische Weine zu präsentieren – Rieslinge, die es mit ihrem Extrakt und ihrem Aroma schon von Anfang an mit der reschen Säure aufnehmen konnten, Saftigkeit mit wenig Kanten. Der Jahrgang 2014 zeigt sich anders. Die Weine haben einen deutlich pikanteren Charakter, sie wirken puristischer, nicht so sehr charmant und zugänglich, mehr ein mineralisches Statement, die Frucht ist nicht so expressiv, sie ist dafür feiner, meiner Meinung nach auch eleganter. Der Stil ist straff, kühl und fest, zur Zeit auch sogar noch etwas kantig, und das gefällt richtig gut!
Den Anfang macht der Riesling trocken, trockener Stil, herzhafte Säure, aber eine schöne diskrete Frucht. Mit leichten Blütenaromen und Anklängen von exotischen Früchten sorgt der Wein für einen geschmacklichen Puffer zu den kräuterigen, herben Aromen und der überaus frischen Säure. Einen Gang hoch schaltet dann der Wachenheimer Riesling trocken, der noch als Fassprobe präsentiert wurde. Hier überwiegt die pikante Säure, die sonst so für ihn typische saftige weiße Frucht, gepaart mit Zitronigkeit, schwingt eher im Hintergrund mit. Der Wein ist noch unruhig, aber er hat in seiner Trockenheit viel Finesse. Der Deidesheim Riesling trocken ist schon auf der Flasche und hat etwas mehr Konturen, aber auch hier überwiegt die Pikanz, dahinter Zitrusschalen, straff, jedoch schon mit Verlauf, weniger Verspieltheit. Auch die Fassprobe des Wachenheimer Gerümpel P. C. Riesling trocken zeigt den trockenen Stil und die Säurestruktur, wirkt jedoch nochmal feiner, saftiger und cremiger, eventuell durch längeres Hefelager. Hier kommen auch die Fruchtnoten durch, gelbe Früchte, etwas junge Ananas. Der Wachenheimer Böhlig P. C. Riesling trocken steht dann ganz konsequent auf der pikanten Seite, im Moment Mineralität pur, Salzigkeit, Cassisblätter, Unruhe und Schärfe, ganz viel Struktur und gute Anlagen.
Der Eindruck der Weine ist homogen, die Weine stehen gut im Saft, haben eine gute, zur Zeit noch kantige Struktur, Extrakt ist da, aber die Frucht ist noch kompakt. Die Säuregrade scheinen etwas niedriger als 2013, aber gleichermaßen auch der Restzuckergehalt. Das Lesegut wird ein paar Oechsle weniger gehabt haben, die Frucht wirkt finessenreicher. Die Weine stehen auf der pikanten Seite. 2014 wird nicht so rassig wie 2013, aber auch straff und langlebig und vielleicht auch noch etwas feiner, zumindest von der ersten Verkostung her. Oder einfach ganz kurz: Toller Stoff!
Weingut Christmann
Auch beim Weingut Christmann war das Jahr nach eigenem Bekunden schwierig, aber man hatte Glück. Der ausgiebige Regen im Sommer hielt sich – etwa im Vergleich mit der Südpfalz – noch gerade so in Grenzen. Zur Lese hin blieben die Gimmeldinger und Königsbacher Lagen im Schutz des Pfälzer Waldes trocken genug, um eine gute Ernte einzufahren. Selektion gab es nicht mehr als sonst, die Trauben waren pünktlich Anfang Oktober reif genug. All das kann man den Weine anschmecken. Die Christmann-Weine haben 2014 eine nahezu idealtypische, blitzsauber schmeckende Frucht, trockenen Stil, feine Struktur und Mineralität. Die Weine sind in einer sehr guten Balance, ohne zu intensiv zu sein.
Nicht ganz so begeistern konnte mich anfangs noch der Pfalz Riesling trocken, leicht erdig, nicht so ausdrucksstark, aber zur Zeit aromatisch auch noch gedeckt. Er hat nicht das tolle Extrakt abbekommen, das die folgenden Weine richtig schön in Szene setzt. Schon die Ortsweine sind ein guter Kauf: Der Gimmeldingen Riesling trocken bietet eine belebende saftige Säure, die aber nicht kantig oder pikant wirkt, vielmehr hat die Frucht viel Platz, um den Wein seinen steinobstigen, würzigen Ausdruck zu verleihen. Ähnlich macht das der Königsbach Riesling trocken, aber doch ganz anders. Die Säure wirkt etwas runder, aber nicht minder deutlich, auch der aromatische Charakter ist ein anderer, die typische Kräuterigkeit kommt schon zum Ausdruck, gepaart mit Aromen von weißem Stein- und Kernobst, die Frucht ist etwas kompakter, das Extrakt aber spürbar präsent. Das ist sehr gut, nochmal deutlich besser aber sind die Erste-Lage-Weine: Der Deidesheimer Paradiesgarten Riesling trocken bieten neben seiner ordentlichen Saftigkeit eine schmelzige gelbfruchtige Frucht, Noten von Ananas, sogar etwas Extraktsüße, aber auf elegante Art. Der Gimmeldinger Biengarten Riesling trocken ist von einer knackigeren Steinfrucht und Kräuterwürze geprägt, kalkige Mineralität, die Frucht wirkt feiner. Der Gimmeldinger Kapellenberg Riesling trocken ist der zur Zeit zugänglichste der trockenen Spätlesen, Saftigkeit, gelbe Früchte, Würze, Kreuzkümmel, feine Mineralität, alles bleibt leicht und tänzelnd. Der Königsbacher Ölberg Riesling trocken ist dann das erwartete Mineralitätsbiest in der Kollektion. Etwas Rauch, Zitruszesten, leicht bittere Kräuter, feine tropische Früchte, ganz deutliche, runde Säure, mineralisch, flüssiger Stein, Salzigkeit. Dieser Wein hat auch 2014 wieder die ihm eigene Tiefe, für mich erreicht er erneut die Qualität eines Großen Gewächses.
Im Gesamteindruck sind die Christmann-Weine, wie schon 2013, auch 2014 wieder in der Pfälzer Spitze vertreten. Aber sie machen mehr Spaß als im Vorjahr, alles wirkt leichter, feiner und die Frucht ist schon auffällig sauber. Die Unterschiede der Lagen werden deutlich, die Säure ist fein. Insgesamt ist das alles äußerst stimmig. Diese kühlen Jahre scheinen Christmanns Ding zu sein.
Philipp Kuhn
Weiter ging es zum Weingut Philipp Kuhn. Hier beschränkte ich mich beim Verkosten auf die Rieslinge, um beim Thema zu bleiben. Und ich war das erste Mal etwas irritiert. Beide Erste-Lagen-Weine passten so gar nicht zu den vorher verkosteten Weinen. Der Kallstadter Steinacker Riesling trocken kommt mit einer zumindest sensorisch viel moderateren Säure. Neben Rauchigkeit bietet der Wein ansatzweise Opulenz, grüne Früchte, Kiwi, reife Limetten, aromatische Kräuter, Waldmeister, etwas Minze. Das ist lecker, wenn auch zur Zeit etwas limonadig, die Jahrgangstypizität trifft hier aber gar nicht zu. Auch der Großkarlbacher Burgweg Riesling trocken wirkt schon sehr rund, aber auch mineralisch, dazu Cassisblatt-Aroma. Auch hier keine Spur von pikanter Säure. Das schmeckt wie ein anderer Jahrgang. Vielleicht stehen die Weine auch nur Kopf, man sollte sie in einigen Wochen nochmal verkosten. Gut aber, dass das Weingut den Riesling Kirschgarten Riesling Großes Gewächs 2013 mitgebracht hat. Dieses zeigt, wo es lang geht. Rauchig, steinig, feine tropische Früchte, tief mineralisch, die pikante Säure ist schon ansatzweise weich, und dann diese ungemeine Kräuterwürze, zum Ende hin vielleicht etwas viel Kraft. Aber erstaunlich, wieviel Spaß dieser Wein jetzt schon macht. Ich zücke 92+ Punkte.
Georg Mosbacher
Ich sag es gleich zu Beginn, wir kommen zur Spitze der von mir verkosteten Weine aus der Pfalz. Das Weingut Mosbacher hat 2014 das große Los gezogen. Die Weine sind auch hier ungemein sauber, balanciert und in ihrer Art komplett. Die Säure ist deutlich belebt, aber eben nicht pikant. Der Stil ist ähnlich wie bei den Christmann-Weinen, nur wirkt die Frucht etwas reifer, satter und extraktsüßer.
Entsprechend geht das schon beim Georg Mosbacher Riesling los. Gelbe Früchte, etwas Zitrus, schöne Saftigkeit, ansatzweise nachhaltig, mineralischer Nachhall, blitzsauber, schmelzig, viel Trinkfreude. Der Erste-Lage-Wein Deidesheimer Leinhöhle Riesling trocken sorgt dann richtig für Begeisterung. Frische Säure trifft auf rote Äpfel und weiße Pfirsiche, das Extrakt ist auf den Punkt gereift, die Frucht sauber, in den Abgang zieht sich ein feinsaftiger Schmelz, leichte Nussigkeit. Das ist jetzt schon sehr schön zugänglich. Der Riesling Forster Musenhang Riesling trocken ist etwas herber, aber genauso ausdrucksstark. Zitrusschalen, Grapefruit, frisch geschnittene Kräuter, etwas mehr Druck und Kraft. Der Wachenheimer Gerümpel Riesling trocken schließlich räumt dann so richtig ab. Welch wunderbare Saftigkeit! Im Vergleich zum Wein aus gleicher Lage von Bürklin-Wolf kommt hier der Charakter der Lage stärker zum Tragen. Die gelben Früchte entfalten sich bereits richtig gut und werden von einer mineralischen Ader durchzogen. Dabei bleibt der Wein im Zaum und fein. Das ist idealtypisch für Riesling von der Mittelhaardt.
Den Abschluss machte ein Ortswein, der Basalt Riesling trocken. Dieser zählt zu den Geheimtipps des Jahres. Im Forster Pechstein, aus dem normalerweise ein Teil für diesen Wein gewonnen wird, sind gerade neue Reben angelegt worden. Daher stammt der Wein dieses Jahr vollständig aus dem Forster Ungeheuer. Und so schmeckt das auch. Jung, unruhig, rauchig, kräuterig, mineralisch, konzentriert, komplex, nicht so kräftig und nachhaltig wie ein Großes Gewächs, aber ungeheuer fein. Dieser Wein wird in meinem Keller landen.
Alles in allem liefert Mosbacher mit dem Jahrgang 2014 hervorragende Weine. Die Frucht ist expressiver als bei den Nachbarn, sie scheint mehr Extrakt zu haben, ist aber nirgends zu reif geraten, die Weine sind fein. In kühleren Jahre ist man hier klar im Vorteil. Die Mosbacher-Weine strahlen, sind charmant und entspannt.
Müller-Catoir
Die Rieslinge bei Müller-Catoir waren vor allem von einer deutlichen Sponti-Note geprägt und waren auch noch sehr unruhig. Ihre Stilistik ist aber gänzlich anders geprägt als bei den Kollegen. Der Haardt Riesling trocken ist zur Zeit eine einzige Wolke aus Rauch und Kräutern, die Steinfrucht ist davon verdeckt, mineralisch wirkt das aber schon jetzt. Die Säure ist gewogen, nicht so prägend, das Extrakt ist voll da. Der Wein könnte spannend werden, wenn sich die Unruhe legt. Ebenso der Haardter Bürgergarten Riesling trocken in der Fassprobe. Auch hier liegt unter der Sponti-Note eine breite Schicht an dunklem Rauch und dunkler Mineralität, der Wein wirkt sehr steinig, zeigt Tiefe an, die Zitrusfrucht tickt kurz hoch und legt sich dann wieder schlafen. Die Struktur ist spannend. Die Säure ist feingliedrig, hält sich aber auch hier im Hintergrund. Dieser Wein könnte ein schlummernder Riese werden. Insgesamt lässt sich wenig sagen, dafür sind die Weine zu zurückgezogen. Trotzdem liefert Müller-Catoir aber einen der schönsten Ortsweine der Weinbörse – die Haardt Scheurebe trocken spannt eine Brücke zwischen saftiger, trockener, duftiger Trinkigkeit und mineralischer Spannung auf. Cassis, Beere wie Blatt, grüner Apfel, saftig und herb am Gaumen, Trinkfluss pur, aber mit Anspruch. Dieser Wein ist fast in jedem Jahr saugut.
Ökonomierat Rebholz
Junge Weine von Rebholz zu verkosten hat immer etwas von einer Attacke auf den Gaumen – das trifft zumindest für die Rieslinge zu. Für diese Weine ist es im April einfach noch zu früh, sogar der einfache Gutsriesling sollte möglichst eine Weile liegen. Umso überraschender war es, dass beim Jahrgang 2014 auch hier die Säure dem Extrakt etwas mehr Platz zu lassen scheint und die Weine schon jetzt ganz zart ihren Charakter zeigen.
Der Birkweiler Riesling trocken liefert eine knackige, jungreife Frucht, die vielleicht die größte Sauberkeit aller Weine an diesem Tag zeigte. Keine Begleitaromen, nur eine deutliche, überaus prickelnde Säure und dazu frische Zitronen und zartreife weiße Steinfrucht, ohne jegliche Süße. Der Wein ist absolut geradlinig und durchgegoren. 1,8 Gramm Zucker und knapp 8 Gramm Säure zeigen, wo es lang geht. Der Vom Buntsandstein Riesling trocken liefert etwas mehr, zu der klaren Zitrusfrucht und der pikanten, aber nicht scharfen Säure dringt die Mineralität aus dem Wein, etwas Rauch und Salz und ein Eindruck von geschnittenen Blättern. Der Vom Muschelkalk Riesling trocken schließlich ist förmlich von Rauch umhüllt und gerade kaum zugänglich. Die Säure ist hier jetzt sehr pikant, man spürt das Extrakt lediglich an hinterer Zunge und Gaumen. Der Auftritt der Rebholz-Rieslinge lässt jetzt schon darauf schließen, dass es Mineralität und Frucht zugleich gibt. Durchgegoren sind die Weine auch in diesem Jahr, und das bei nur 11,5 – 12 Prozent Alkohol.
Eine Erwähnung sind aber noch zwei weitere Gutsweine wert. Der puristische Sauvignon Blanc erinnert mit seiner Säure, Steinigkeit, Salzigkeit und Stachelbeere sehr an Sancerre. Der Muskateller ist wunderbar frisch, trocken und floral. Diese Weine von Rebholz sind unterschätzt – und auch 2014 wieder richtig gut in Form.
Weingut von Winning
Von Winning ist eines dieser Weingüter, das die Jahrgänge im Griff hat und ihre Typizität nicht so stark zum Ausdruck bringt. Ich zumindest schmecke die Unterschiede nicht so stark heraus, was auch am Holzeinsatz liegen kann. Der WIN WIN Riesling trocken ist nicht nur vom Namen her der gehobene Partywein schlechthin. Knackige Frucht, gute Struktur, aber schon rund durch den Ausbau im großen Holz, hinten ein leichter Schmelz, dabei tritt der Wein aber sehr schön trocken und mineralisch auf. Das ist richtig gut zum Essen wie auch auf der Terrasse und seine 86 Punkte wert. Für mich der beste Gutsriesling des Tages.
Für wen es ein wenig mehr Holz sein darf, so auch für mich, wird an den beiden Erste-Lage-Weinen Freude haben. Der Deidesheimer Herrgottsacker Riesling trocken dürfte seine erste Auflage als Lagenriesling bei von Winning erfahren. Ich kenne ihn bisher nur aus dem Deinhard-Repertoir. Er präsentiert sich auf jeden Fall trocken, saftig mit kräuteriger Steinfrucht, Gewürzen, etwas Sternanis, dazu eine leise, nuancierte, doch eindeutige und aromaprägende Holznote. Hier zeigt von Winning, dass man sich auskennt mit dem Holzeinsatz. Der Wein ist auf den Punkt gewürzt, Struktur und Aroma sind voll da, lediglich die Säure ist eine Spur weicher, sorgt aber immer noch für hinreichende Saftigkeit. Ähnliches bietet die andere Spätlese trocken, der Ruppertsberger Reiterpfad Riesling trocken, hier geht das Aroma in Kernfrucht, vor allem Birne, über. Der Wein wirkt zudem etwas extraktreicher und cremiger, das Holz sitzt auch hier auf dem Punkt.
Was bei den höheren Prädikaten bei von Winning geschieht, zeigte der Langenmorgen Riesling Großes Gewächs 2013. Die Holzwürze ist barriquegleich, jedoch gelingt auch hier die Balance. Frische kräuterige Steinfrucht-Noten und Zesten vermischen sich mit feinen getrockneten Fruchtnoten, darunter Feige. Das ist nicht richtig tiefgründig, aber wunderbar aromatisch und gewürzt. Ein schwelgerisches Vergnügen, aber nicht zu opulent. Die Gemüter scheiden kann ziemlich sicher der Freakwein des Weinguts, der »Forst U500« Riesling trocken aus dem Jahrgang 2013. Der Wein aus den drei ersten Forster Lagen wurde in 500-Liter-Eichenfässern spontan vergoren und wird als Ortswein ausgezeichnet. Das Ergebnis ist ein überaus wilder Riesling, viel Würze, auf Breite angelegte Steinfrucht, buttrige Nussigkeit, hier noch mehr Feigen, Kraft, erfreulich trocken für ein solches Experiment, keine Schärfe oder Wärme, aber intensiv im Holzaroma, keine intellektuelle Herausforderung, vielmehr sehr rund und mit ganz großem Spaßfaktor. Burgundisch kann man meiner Meinung nicht wirklich sagen, dafür fehlt es dann doch noch etwas an Mineralität und Säure, geschmacklich geht es aber in die Richtung. Und für 35 Euro sollte man sich den Spaß mal erlauben.
Wo es hier doch um Holz geht, interessanterweise konnte ich mit den Pinot Noirs I und II an diesem Tag wenig anfangen. Diese Weine zeichnen sich in ihrer Jugend einfach noch nicht aus, der Holzeinsatz ist allzu deutlich und schärfend. Sie wirken kräftig und in dieser Form vermag die Frucht nicht durchzudringen.
Franken
In Franken war das Wetter erst recht eine Achterbahnfahrt. Dazu zählte nicht nur – wie in ganz Deutschland – das zuerst zu trockene, heiße und dann allzu feucht werdende Wetter, es gab zusätzlich nach dem frühen schönen Frühjahr auch noch Spätfrost. In Iphofen war es besonders schlimm, etwa 5-6 Hektar aus den Lagen des Juliusspitals waren nicht mehr zu retten. Hinzu kamen im Frühjahr erste Hagelschäden. Die Kirschessigfliege sorgte zusätzlich für Ausfälle bei den roten Trauben. Und dann verhüllte auch noch eine Hagelwolke einen Teil des Würzburger Steins – zehn Minuten, die einen Teil der fast lesereifen Trauben zerstörten. Die Lese fand dann durchweg früh statt, und auch in Franken beeilten sich die Winzer wie selten zuvor. Aber darauf ist man eingerichtet, sagen viele, denn im Grunde muss es mittlerweile fast jedes Jahr schnell gehen. Nur so kann man sicher gehen, dass keine Fäulnis aufkommt. Das alles liest sich wie ein Katastrophen-Roman. Doch um es vorweg zu nehmen, schmecken kann man das alles nicht in den Weinen. Ganz im Gegenteil, 2014 ist auch in Franken ein hervorragender Jahrgang – Weine mit feiner Frucht, viel Frische und gehöriger Mineralität. Nicht zu viel Oechsle tut den Weinen auch hier gut, vor allem bei den Lagenweinen bleiben Extrakt, Stoffigkeit und Alkohol in ihren Grenzen, die Weine haben Zeichnung und Charakter.
Juliusspital Würzburg
Den Anfang sollte der Klassiker machen, das Juliusspital. Der Würzburger Riesling trocken kommt mit einer reifen Zitrusfrucht daher, trocken und zugänglich. Die Säure wirkt eher nervig als saftig, sicher auch, weil hier mit wenig Restzucker gepuffert wird. Durch seine Feingliedrigkeit pocht die Kraft etwas hindurch. Schön, klassisch, wenn auch etwas breit. Der Lagenwein Würzburger Stein Riesling trocken hat sofort ungleich mehr Struktur und auch mehr Extrakt, Aromen von Ananas und Zitrus. Das gefällt mir gut, eine wahrhaftige Spätlese trocken, straight, aromatisch, mineralisch, salzig. Die Säure ist pikant. Und dann drückt doch noch etwas der Alkohol durch. Der Blick auf das Etikett verrät gehörige 13,5 Prozent. Der Iphöfer Kronsberg Riesling trocken duftet nach frischen Kräutern, auch etwas Rauch, nuancierte Aromen von Limetten und exotischen Früchte, doch die Tabakigkeit, gepaart mit Mineralität, ist nachhaltiger. Interessant, aber auch hier wieder viel Kraft im Wein.
Die Silvaner stellen sich ähnlich dar wie die Rieslinge, gefallen mir aber noch besser, denn sie können naturgemäß mit Alkohol besser umgehen. Der Würzburger Silvaner trocken bietet eine knackige Apfelfrucht, viel Zitrus, wird dann herb und auch leicht nussig, recht gehaltvoll für einen Ortswein. Der Würzburger Stein Riesling trocken setzt dann noch einen oben drauf, im besten Sinne fränkisch trocken, feine gelbe Frucht mit Zitrus, vegetabile Noten, grüner Sellerie, Salz auf der Zunge und am Gaumen, viel Kraft, hier aber gepuffert, kein easy-drinking, das hier ist schon richtig ambitioniert, und das für 13 Euro. Eine Empfehlung! Und auch der Iphöfer Kronsberg Silvaner trocken holt viel aus der Lage heraus. Pure Würzigkeit, viel Tabakigkeit, Kräuter und Salz. Der Wein verzichtet schon jetzt auf die Primärfrucht, kommt trocken und mit salzigem Extrakt daher. Das ist fränkisch, wie es im Buche steht. Für die beiden Erste-Lage-Silvaner zücke ich 90+ Punkte.
Horst Sauer
In Escherndorf im Maindreieck war das Wetter etwas generöser und Katastrophen blieben aus, dafür aber war es zuerst noch trockener und heißer und später auch wärmer und feuchter als in Würzburg. Das machte am Weingut viel Arbeit. Jedoch weiß man hier, was zu tun ist. Somit ist in den Weinen von Trockenstress oder Fäulnis keine Spur. Der Escherndorfer Lump Riesling trocken hat ansatzweise Mineralität und eine schöne Steinfrucht, der Stil ist trocken, die Säure ist deutlich, aber fein. Im Escherndorfer Lump Riesling S. trocken, also der Spätlese trocken, nimmt die Mineralität Fahrt auf, die Frucht ist tänzelnd mit Aromen von Ananas und exotischen Früchten, die Säure hat Saft und Kraft. Ebenso aromatisch und ausgewogen wie die Rieslinge sind auch die Silvaner, und sie haben auch hier die Nase vorn. Der Escherndorfer Lump Silvaner trocken liefert neben Kernobstaromen Nuancen von Passionsfrucht, abgerundet durch kräuterige Aromen und nussigen Schmelz. Der Escherndorfer Lump Silvaner S. trocken ist dann das Powerpaket im Programm. Birne, Pfirsich, etwas Passionsfrucht, trocken und kompakt, aber ungeheuer fein, Sellerie und Nussigkeit, dazu druckvolle Säure und ein schöner mineralischer Zug. Horst Sauer ist Franken für alle, die einen fruchtigen Ansatz bevorzugen, die Weine sind komplett und ausdrucksstark, aber alles ohne den fränkisch-trockenen Stil in Frage zu stellen. Die Weine scheinen hier noch besser ausgereift zu sein als in Würzburg.
Weingut am Stein – Ludwig Knoll
Für das dritte Weißweingut auf meinem Parcours zog es mich wieder nach Würzburg zum Weingut am Stein von Ludwig Knoll, einem strengen Verfechter des biodynamischen Anbaus. Die Verkostung war sehr interessant, vor allem im Vergleich mit den Juliusspital-Weinen. 2014 ist es Ludwig Knoll gelungen, den ihm eigenen puristischen, mineralischen und in besten Jahren auch nachhaltigen Stil konsequent auf die Flasche zu bringen.
Das beginnt schon mit dem Ortswein Würzburger Silvaner trocken. Eine Birnen-Frucht und etwas Suppengemüse schwingen so mit, alles frisch, nicht zu reif, dann vor allem herbe Noten, Salzigkeit, keine Spur von Fett, eher sehnig, transparent, nicht zu kräftig mit nur 12 Prozent Alkohol. Dieser Wein liefert mit der kreidigen Mineralität und der sehnigen Säure eine elegante Trinkfreude mit salzigen Ecken. Apropos, Sie mögen es, mit Salz beworfen werden? Dann empfehle ich Ihnen den Würzburger Stein Silvaner trocken. Dieser Wein haut mich um. Frucht brauche ich ja nicht, zum Glück. Denn die Bühne gehört hier in Gänze der mit gemüsig-nussigen Aromen durchsetzten, salzigen Mineralität. Der Wein hat eine dominierende kalkig-salzige Ader, über die eine richtig pikante Säure rauscht, eine ganz feine Frucht schwingt mit und wird sicher noch deutlicher zum Vorschein kommen mit mehr Flaschenreife. Hier zücke ich 91+ Punkte. Für mich ist das ein Lieblings-Silvaner, sowas von fränkisch trocken, salzig, mit gerade genug Kraft, um das alles in Zaum zu halten. Dabei geht der Wein aber nicht in die fette Honigrichtung oder wird gekocht gemüsig, er bleibt frisch und zugänglich. Für mich einer der besten Weine des Tages. Genauso der Würzburger Innere Leiste Riesling trocken – ebenso trocken, etwas weniger Salzigkeit, dafür mehr Steinfrucht und eine etwas feinere Säure, ganz klassisch und puristisch, ein Stein-Wein eben. Der kantige Stil im Weingut am Stein ist konsequent, im Vergleich dazu wirken die ebenfalls gelungenen Juliusspital-Weine fast etwas geschliffen. Nun gut, wer’s mag, der mag’s halt.
Weingut Stadt Klingenberg – Benedikt Baltes
Beim letzten Weingut musste ich ihn dann verlassen, den Weißwein-Pfad. Denn die Weinbörse bot mir die erste Gelegenheit, die Weine aus dem Weingut Stadt Klingenberg zu probieren. Und, ich möchte mich an dieser Stelle für die ganze Jubelei entschuldigen, der Abschluss war mehr als würdig.
Rätselnd stand ich noch vor dem Buntsandstein Blanc de Noir trocken. Knackige nachhaltige Säure, die Frucht mit Apfel und roten Beeren ist irgendwo unter einem Haufen grüner Blätter verborgen. Der Wein ist unerhört straff. Das Extrakt schwingt mit, aber die kompakte Säureader dominiert den Wein noch völlig. Unruhig, trotzdem sehr interessant. So etwas habe ich noch nicht getrunken, generös ist anders, die Aromen muss man sich erarbeiten. Der zweite Gutswein, diesmal in rot, ist der Buntsandstein Spätburgunder trocken. Roter Tee, rote Beeren, fruchtig, aber trocken, die Frucht ist blitzsauber, frische Säure, sehr trinkig, was will man mehr.
Der Großheubach Spätburgunder trocken bietet andere Aromen, jetzt schwarze Beeren, feste Frucht, etwas erdiger, ebenso eine aromatische Note vom großen Holz. Eine schöne Vielfalt von Beeren, Kirschen, auch kräuterige ätherische Noten. Der Wein wirkt konzentrierter, aber nicht wärmend, denn auch hier stehen vor allem die Säure und dann die Mineralität frisch im Wein. Der zweite Ortswein ist der Klingenberg Spätburgunder trocken, die Kräuter werden zu Tabak, jetzt wieder mehr rotbeerige Aromen, Johannisbeeren, aber auch Kirschen, alles etwas angetrocknet, intensiv, eine Spur Piment, duftig, würzig, fruchtig, im Mund leicht salzig, durch die lebendige Säure herrlich frisch und fest, obendrein gefällt auch hier der moderate Holzeinsatz richtig gut. Der Wein hat Charakter, Stil und Vielfalt.
Auch die Reserve-Weine gab es zu verkosten: Der Großheubach »R« Spätburgunder trocken macht leider gerade komplett zu, feinduftige dunkle Beeren pulsieren aus dem Glas, getrocknete Kräuter, Piment, Schießpulver, Mineralität, die Holznote kommt etwas mehr durch, ist schon präsent, aber äußerst schön, offenbar kein Barrique. Die Säure steht noch höher und sorgt trotz ihrer Festigkeit für viel Saft, der Wein hat auch mehr Extrakt, trotzdem ist er nicht wärmend. Sich noch besser im Griff hat der Klingenberg »R« Spätburgunder trocken. Diese Rotbeerigkeit und diese Johannisbeer-Aromen sind herrlich duftig, Tabak, Zigarrenkiste, Eisen, etwas Kaffee, etwas Feige, kandierte Orangen, kühl, fest, intensiv, konzentriert. Dazu kommt dann diese ungemein frische, hier sogar leicht pikante, nachhaltige, mineralische Säure. Das ist so sehr typisch deutscher Spätburgunder, wie es ihn kaum mehr gibt. Es ist wirklich spannend, was Benedikt Baltes hier macht. Und auch, wenn ich ja eigentlich in Sachen Riesling unterwegs gewesen bin, möchte ich hier die größte Empfehlung aussprechen.
(Autor: Thorsten Mücke)
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