Weiße Burgunder von der Côte d’Or von 1978 bis 2007
Ein guter Weinfreund öffnete an diesem Abend seine Schatzkammer mit gereiften Chardonnays von der Côte d’Or. Für mich war es die erste Probe in dieser Breite und auf diesem Qualitätsniveau. Der Gastgeber hatte bewusst auf eine große Auswahl an Winzern und Appellationen geachtet, und so durften wir eine repräsentative aromatische Bandbreite weißer Burgunder verkosten.
Dank der vielen Jahrgänge erlebten wir den Chardonnay in all seinen unterschiedlichen Entwicklungsstufen. Die gereiften Weine aus dem letzten Jahrhundert belegten dabei erneut die Reifefähigkeit der weißen Burgunder – fast alle präsentierten eine saubere Fruchtaromatik, das Holz war oft gänzlich verschwunden oder nur mehr im Hintergrund zu vernehmen. Dazu brachten komplexe Sekundäraromen Tiefe und Komplexität ins Bukett und an den Gaumen.
Ist man grundsätzlich für Reifetöne aufgeschlossen, sind die Weine eine lehrreiche Erfahrung und ein hochwertiger Genuss. An unserem Tisch gab es niemanden, der die Weine bereits müde fand. Der Premier-Cru-Flight aus dem Jahr 2002 präsentierte dann Weine aus einem sehr gutem Jahr in einem idealen Entwicklungszustand – Chardonnay at it’s best, und zwar noch für den halbwegs normalen Geldbeutel. Diese Weine zeigten noch eine saftige Frucht, keinerlei Reifenoten, der Holzausbau war bereits gut integriert, und so wirkten sie gleichzeitig jugendlich und harmonisch gereift. Um so jünger die Weine sind, desto mehr sollte man dem Barrique grundsätzlich zugeneigt sein, wobei die ausgewählten renommierten Betriebe die Holzaromen allesamt sehr edel und nie süß zum Ausdruck bringen. Zum Abschluss durften wir dann noch in einigen Grand Crus aus 2002 schwelgen, wobei der Montrachet von Jacques Prieur uns besonders deutlich vor Augen führte, wozu diese Weine in der Lage sind. Ein wahres Feuerwerk an Aromen, dabei bewahrte der Wein stets eine große Harmonie und Feinheit. Leider ist der Preis dafür mindestens genauso gesalzen wie die tolle Mineralität des Weins.
Wer sich einmal einige weiße Weine von der Côte d’Or anschaffen möchte und, so wie ich, eigentlich Rieslingtrinker ist, dem empfehle ich die Weine aus Meursault mit ihrer lebendigen Säure und sehr klaren Fruchtaromatik. Auch aus dem Corton kommen rassige Chardonnays, die sehr mineralisch sein können. Insgesamt fallen sie aber etwas kraftvoller aus. Natürlich haben auch die Weine aus Chassagne-Montrachet und Puligny-Montrachet große Klasse. Die aus Puligny erschienen mir in der Probe etwas cremiger und softer auszufallen. Sehr unterschiedlich fällt auch der Einsatz von Neuholz je nach Winzer aus, darauf sollte man beim Einkauf achten. Mir liegen die Weine mit weniger als einem Drittel Neuholzbelegung mehr, aber dies ist natürlich Geschmacksache.
Die Weine wurden allesamt kurz nach ihrem Release gekauft und lagern seither in einem klimatisierten Weinkeller. Die Verkostung erfolgte blind, nur die zehn Grand Crus waren den Teilnehmern bekannt, die Reihenfolge im Line-up jedoch nicht. Für mich spielte dies auch keine große Rolle, da ich keinen der Weine vorab probiert hatte. Die meisten Winzer sind mir zwar ein Begriff, ich verbinde mit ihnen aber weder eine allgemeine Qualität noch einen besonderen Weinstil.
1. Domaine Albert Morey Chassagne–Montrachet 1er Cru Les Caillerets, 1978
Bereits das Bukett dieses ersten Weins lässt Vorfreude auf die Verkostung aufkommen. Trotz seines Alters präsentiert der Caillerets eine reintönige Birnen- und Apfelfrucht, durchzogen von nussigen, erdigen Noten. Verwelkte Blütenblätter lassen das Alter erkennen. Am Gaumen von knapp mittlerem Körper, vitaler Auftakt mit welk-floralen Noten, Birne, eine feine Säure, die im hinteren Bereich einen zitronigen Eindruck hinterlässt, rauchige Noten, verbrannte Kohle, ohne jeden Holzeinfluss, herrlich beweglich und animierend zu trinken, mittlere Tiefe, gute Länge. Jetzt auf seinem Höhepunkt. (89/100)
2. Domaine Briotet-Boulard Meursault 1er Cru Genevrieres, 1985
Leider ein leichter Fehlton, daher nicht zu beschreiben und zu bewerten. Im Hintergrund erkannte man aber die eigentliche Qualität des Weins.
3. Domaine Marquise Angerville Meursault 1er Cru Santenots, 1989
Glockenklares Bukett mit jugendlicher Melone und frisch aufgeschnittenen Birnenspalten, süßliche Blütenpollen, ein Hauch Kalkstein, null Holzeinfluss. Am Gaumen mittlere Dichte, verhaltener Auftakt mit sauberer, scheuer Frucht, nussige Anklänge, eine Spur rauchige Mineralität, dann aber packt die Säure eine Spur zu grob zu. Dadurch wirkt die Frucht bereits auf dem Rückzug. Mittlere Länge, heute insgesamt aber noch sehr animierend zu trinken. (88-/100)
4. Domaine Ramonet Chassagne-Montrachet 1er Cru Morgeot, 1989
Welke, leicht süßliche Frucht, tropische Anklänge, mineralische Noten von Kalkstein und weißem Rauch, dahinter Karamell vom Fassausbau. Am Gaumen kräftiger als seine beiden Vorgänger, druckvoll, saftige Frucht, schmelzige Textur, nussige Aromen vom Holz, die im hinteren Bereich die Frucht überlagern. Der Wein wirkt weich und rund, ein Winter-Chardonnay, bei dem sich die Frucht schon etwas auf dem Rückzug befindet. (89/100)
5. Domaine Albert Morey Baterd-Montrachet Grand Cru, 1986
Opulenter Duft nach Honigmelone, rotwangigen Äpfeln, teils karamellisiert, Lindenblüten, dezente Holzanklänge im Hintergrund. Am Gaumen herrlich ausgewogen, verspielte Fruchtanklänge, die feine Säure bringt Spannung in den Verlauf. Das Holz zeigt sich etwas deutlicher, harmoniert aber bestens mit der Frucht. Immer wieder wechseln sich nussig-süßliche Noten vom Fass mit steinwürzigen Kalksteinaromen ab. Viel Zug und Vitalität am Gaumen, große Tiefe, sehr langes und komplexes Finish. Ausgezeichnet! (93/100)
6. Domaine Louis Latour Bienvenues-Batard-Montrachet Grand Cru, 1986
Ein leichter Muffton verfliegt langsam, die mostigen Noten bleiben aber leider bestehen, säuerliche Fruchtanklänge, süße Blüten, nicht so schön in der Nase. Am Gaumen fällt sofort die straffe Säure auf, deutliche Melonenfrucht, mineralisches Fundament, das gut mit der Frucht spielt. Leider bleibt die Frucht etwas verwaschen, im hinteren Bereich harmonisiert sich der Wein ein wenig mit Karamell und gerösteten Körnern vom Barrique, mittlere Länge. Diese Flasche befindet sich leider schon auf dem Rückzug. (86-/100)
7. Domaine Comte de Vogüe Musigny Blanc Grand Cru, 1985
Leider enttäuschend präsentiert sich der Vogüe. Finde ich in der Nase zunächst noch ein ansprechendes Spiel mit weißen Johannisbeeren, kandierten Zitronen, blumigen Nuancen, bietet er jedoch am Gaumen nur noch wenig. Sehr schlanker Körper, die Frucht nicht ausgeprägt, eine verwaschene Säuerlichkeit herrscht vor, die Säure überlagert bereits die Aromatik, nussige Noten, hinten heraus wirkt das regelrecht kratzig. Natürlich noch ein guter Wein, aber für einen derart hochwertigen Grand Cru eine Enttäuschung, dies gilt zumindest für diese Flasche. (83/100)
8. Domaine Fernand & Laurent Pillot Chassagne-Montrachet 1er Cru Grand Ruchottes, 1992
Das erste Bukett in der Probe mit deutlicher Holzzeichnung, Butterscotch, Karamell, Kokos, erst dahinter Melonen und Birnen. Am Gaumen kräftig, zum Glück eine feine und agile Säure, die dann im weiteren Verlauf mehr Vitalität, ja Schwung in den Wein bringt. Der Aromakern öffnet sich immer weiter und wird dann richtig ansprechend. Saftige Birnen- und Apfelfrüchte, ganz sauber und klar, verschmelzen mit den Kokos- und Karamellnoten, dazu ein Hauch Tafelkreide. Das macht richtig Spaß, auch wenn der Wein noch recht jugendlich wirkt. Dann ein sehr langer und geschmacksintensiver Abgang. Ein ausgezeichneter Wein mit viel Zukunft. (92+/100)
9. Domaine Michel Bouzereau Meursault Genevrieres, 1995
Fruchtiges Bukett mit gereiften Äpfeln, Karamell vom Fassausbau, kandierten Zitronen, mittlerer Tiefe. Am Gaumen kräftig, intensive Fruchtigkeit zum Auftakt, ein lauter Wein mit deutlicher, etwas süßlicher Holzwürze, erneut auch kandierte Zitronen. Der Wein zeigt sehr gute Anlagen, bleibt stark auf der Fruchtseite, das Holz bringt weitere Süße hinzu. Eine weitere Lagerung könnte vorteilhaft sein, der Wein bleibt aber bereits bemerkenswert lange am Gaumen. (89/100)
10. Domaine de L´Arlot Nuits Saint Georges Clos de L´Arlot, 1995
Feines Bukett mit Melone, Flint, Holzkohle, mit mehr Luft wird es immer präziser. Am Gaumen ein Wein von mittlerer Dichte, harmonischer Auftakt mit zarten Frucht- und Blütenanklängen, viel Zitrus, dahinter mineralische Anklänge von Kieselsteinen, feine Rauchnoten, kaum Holzeinfluss zu spüren, mittlere Komplexität, sehr langer Nachhall. Aufgrund seiner besonderen Harmonie ein ausgezeichneter Wein. (90/100)
11. Domaine Cachat-Ocquidant Pernand-Vergelesse, 1996
Hinter dem Corton liegt die Gemeinde Pernand-Vergelesse, mit ihren nur 300 Einwohnern sicherlich beschaulich zu nennen. Auf diese Flasche war ich besonders gespannt, denn ich hatte noch keinen Wein aus dieser Ortslage getrunken. Der Ort ist mir nur bekannt, weil die bekannte Domaine Bonneau du Martray dort ansässig ist und vermutlich das halbe Dorf beschäftigt. Der Wein war dann aber leider noch zu jung, seine Frucht erinnert an Brausearomen, dahinter finden sich jedoch herrliche Noten von einer steinigen Mineralität, Feuerstein, ein Hauch Röstaromen, weiße Blüten, Mandeln. Am Gaumen recht dicht, harmonisches Spiel aus Säure und Fruchtsüße, perfektes Holzmanagement, gesalzene Mandeln, etwas Melone und weiße Blüten, sehr feiner Zug am Gaumen, sehr langer Nachhall. Herrlich zu trinken, nur die leicht künstlich-brausigen Fruchtnoten stören mich. Noch weitere sieben Jahre liegen lassen, dann könnte er durchaus ausgezeichnet sein. (88+/100)
12. Domaine Francois Mikulski Meursault Genevrieres, 1996
Leider Kork.
13. Domaine Francois Jobard Meursault-Genevriers, 1996
Röstwürziges Bukett mit Haselnüssen, Mandeln, etwas Kokos, erst dann Birnennoten. Macht durchaus Freude, aber Chardonnay erkenne ich in dem Wein nur bedingt wieder. Am Gaumen von mittlerem Körper, die Frucht etwas markanter, Birnenspalten und Melonen. Gut darin verwoben sind die merklichen Röstaromen vom Fassausbau. Die Säure ist packend, sehr fein, zieht schon an den Flanken. Der Wein ist sehr animierend zu trinken, wenn man kein Problem mit dem deutlichen Holzeinfluss hat. Mittlerer Nachhall mit steinwürziger Mineralität, noch sehr jung. (89/100)
14. Domaine Vincent Dauvissat Chablis Les Clos, 1996
Leider Kork.
15. Domaine Louis Jadot Corton-Charlemagne, 1994
Duft von Kreidefelsen, Melone, Zimtsternen, eigenwillig, aber nicht unangenehm. Am Gaumen überraschend fein gezeichnet. Eine intensive, klare Frucht, Äpfel, Melonen, Weihnachtswürze, etwas Kräutertee, rote Beeren, packendes Säurespiel, packender Verlauf, erstaunliche Nachhaltigkeit. Der Wein wirkt noch verschlossen, muss meines Erachtens noch weitere fünf Jahre reifen, ist jedoch bereits jetzt animierend zu trinken, vom Holz ist kaum etwas zu spüren. Wenn die Weihnachtswürze noch weggeht, lege ich drei Punkte drauf. (90/100)
16. Francoise Maldant Corton-Charlemagne Grand Cru, 1996
In dem Flight aus Corton-Charlemagne ist dies der holzbetonteste Chardonnay, was seine Herkunft nicht leicht zu erkennen gibt. Es fehlt ihm besonders die für die Lagen übliche mineralische Ader, trotzdem aber ein sehr guter Wein. Duftet intensiv nach Röstaromen und Nüssen, dazu Birne und getrocknete Apfelscheiben, wirkt auf seine Weise modern gemacht. Am Gaumen ebenfalls vom Barrique dominiert, zeigt er aber auch einen ganzen Fächer von floralen Noten, dazu intensive Apfel- und Birnenaromen. Eine reife Säurestruktur, die schön mit der Frucht spielt. Hinten heraus fehlt ihm ein nötiger Kick Frische, der Nachhall ist aber schön lang. (88/100)
17. Domaine Joseph Drouhin (Erzeugerabfüllung) Corton-Charlemagne Grand Cru, 1998
In seiner Entwicklung schon deutlich weiter erschien mir der Drouhin mit seinen überreifen Apfelaromen, vor allem Schalen, dazu ein Hauch Mineralität und oxidative Noten. Am Gaumen überzeugt er mit seiner herrlich feinen Säure, die bestens mit den Fruchtaromen tanzt. Der Wein wirkt fein komponiert, eine steinige Mineralität stellt sich ein und führt ein gelungenes Spiel mit der Frucht auf. Vom Fassausbau ist kaum etwas zu vernehmen, nur feine Nussaromen nehme ich wahr. Der Wein wird im weiteren Verlauf immer komplexer, zum Abschluss ein feiner, sehr langer Nachhall. (91/100)
Der nächste Flight brachte uns mit vier Weinen das Jahr 2002 näher. Es sollte mit das Beste sein, was wir an dem Abend ins Glas bekamen. Die Weine wirkten allesamt straff, noch recht jugendlich, mit pikanter, jedoch reifer Säure und einer festen Mineralität. Wer den Jahrgang im Keller hat, sollte nun beginnen, die Flaschen zu öffnen.
18. Domaine Jean-Philippe Fichet Meursault Le Tesson, 2002
Es duftet wie in einer Backstube, Brioche, fein geröstete Haselnüsse, kandierte, rotwangige Äpfel, Kreide, sehr jugendlich. Am Gaumen ein harmonischer Chardonnay, der noch jugendlich wirkt, aber nun sein erstes Trinkfenster erreicht hat. Intensiver saftig-fruchtiger Auftakt, die Säure prickelt am Gaumen und ist perfekt in die Frucht integriert. Das Holz ist spürbar, jedoch ohne sich plump in den Vordergrund zu spielen. Bemerkenswert ist die steinige Mineralität mit dem Duft von Tafelkreide und fein salzigen Aromen. Das zeigt zeigt Komplexität an, der Nachhall ist sehr lang und gewogen. Ein ausgezeichneter Wein mit noch weiterem Potenzial. (92+/100)
19. Domaine Jean-Marc Pillot Puligny-Montrachet 1er Cru Les Caillerets, 2002
Grandioses Bukett mit einer glockenklaren Chardonnay-Frucht. Frisch aufgeschnittene Birnenspalten, salzige Mandeln, dazu ein Hauch geröstete Haselnüsse, weiße Blüten und feuchte Kieselsteine. Am Gaumen ebenso hochklassig, der Auftakt ist geprägt von einer reintönigen Chardonnay-Frucht samt floralen Anklängen. Es ist kein Holz wahrzunehmen, die Säure hat irre viel Spiel, spielt perfekt mit der Frucht. Der Wein ist ungemein animierend zu trinken, die steinwürzige Mineralität und die floralen Noten bringen Tiefe in den Wein, sehr langer Nachhall. Mit seiner glockenklaren Aromatik für mich eines der Highlights der Probe. (93-94/100)
20. Domaine Jean-Marc Morey Chassagne-Montrachet 1er Cru Les Caillerets, 2002
Mehr Holz zeigt der Morey. Er duftet nach röstigen Haselnüssen, auch etwas nach Mandeln, weißen Blüten, feiner Karamellton, dahinter etwas Birne, das alles wirkt sehr sauber. Am Gaumen mit saftig-fruchtigem Auftakt, immer ist ein Karamellton vom Fassausbau dabei, erstaunlich deutlich auch eine kräuterwürzige Note. Festes mineralisches Fundament, pikante, ja fordernde Säure, dadurch sehr frisch. Hinten heraus salzige Noten, die sich gut mit den Röstaromen verbinden und dem Wein Frische verleihen, dazu erneut ein sehr langer Nachhall. (91+/100)
21. Domaine Pierre Matrot Meursault 1er Cru Perrieres, 2002
Das ist Meursault, wie ich ihn am liebsten mag, mit einer kompromisslosen Mineralität. Schon das Bukett wird von nassen Kieselsteinen und Kalkstein dominiert, dahinter Haselnüsse, etwas Mandeln und weiße Blüten, kaum Fruchtanklänge, sehr puristisch und reintönig. Am Gaumen ebenso von großer Reinheit und Klarheit gezeichnet, saftige Kernfrüchte im Auftakt, noch jugendlich, intensiver Geschmack nach Kalkstein, feingezeichnete Blüten, ein Hauch Kokos vom Barrique, salzige Mandeln und immer wieder diese bissige Mineralität. Weil sich dazu auch noch eine markante Säure gesellt, ist dies alles andere als ein Schmuse-Chardonnay, aber trotzdem sehr animierend zu trinken. Er zieht straff über den Gaumen und endet mit langem, mineralisch betonten Nachhall. Ein herrlicher Meursault, der jetzt perfekt gereift wirkt. (92+/100)
22. Domaine Louis Carillon & Fils Puligny-Montrachet 1er-Cru Les Perriéres, 2006
Hochwertiges, weil ungemein feines und glockenklares Bukett mit Birnen, etwas Banane, Asche, Haselnüssen und einem Hauch Vanille vom Fassausbau. Am Gaumen mit saftiger Frucht, krisper Säure und einer herrlich pulverigen Mineralität. Ein einmaliges Spiel aus Säure und Mineralität über den gesamten Verlauf hinweg, hochanimierend zu trinken, das Holz nimmt sich im Mund noch weiter zurück, zeigt die Kraft des Jahrgangs. Der Wein ist jetzt in seiner ersten Trinkphase, erneut ein sehr langer Nachhall und viel Potenzial für die Zukunft. (92/100)
23. Domaine Henri Boillot Puligny-Montrachet 1er-Cru de La Mouchere, 2006
Der Boillot ist mir eindeutig zu sehr vom Holz geprägt, das galt zumindest in seinem aktuellen Zustand. In der Nase dominieren Noten von Vanille, geröstete Haselnüssen, sogar Grillaromen. Dahinter zeigt sich eine feine Frucht, die an gereifte Melonen erinnert. Am Gaumen das gleiche Bild, viel Holz, er zeigt aber auch eine feingezeichnete Frucht aus Melonen und Birnenspalten. Diesen Wein haben wir eindeutig vor seiner Zeit geöffnet, die Säure ist lebhaft mit animierendem Spiel, guter Nachhall, noch fünf Jahre liegen lassen. (89+/100)
24. Domaine des Comte Lafon Meursault-Charmes, 2006
Auf den Wein hatte ich mich besonders gefreut und wie es manchmal so ist, war er dann in diesem 2006er-Flight leider der schwächste Wein. Geruch nach Äpfeln, mostige Anklänge, oxidative Noten, recht eindimensional. Im Mund besser, aber ebenfalls Apfelwein-Aromen, die Säure ist dafür herrlich feinsinnig, sie perlt über den Gaumen und zieht ganz leicht an den Wangen. Dazu kommt ein feiner Schmelz von Fassausbau, mir schien vielleicht auch die Flasche nicht ganz in Ordnung. (85/100)
25. Domaine Leflaive Puligny-Montrachet 1er-Cru Les Pucelles, 2007
Feines Bukett mit Birnen, Melonen, hochwertigen Holzaromen, erinnert an Asche, gehackte Nüsse und Vanilleschoten. Am Gaumen ein Wein von perfekter Balance, da ist die klassische Chardonnay-Frucht, gemörserte Kräuter und Nüsse, alles durchzogen von einer herrlich feinen Säure. Dahinter liegt fest und unnahbar der kühle Kalkstein, die Frucht wirkt noch sehr primärfruchtig. Der Wein muss vermutlich noch lange reifen, ist aber schon jetzt ein erstklassiger Genuss. (93+/100)
26. Domaine Etienne Sauzet Puligny-Montrachet 1er-Cru Les Folatiéres, 2007
Glockenklares Bukett mit markanten floralen Noten und weißen Blüten, frisch geschnittenen Gräsern, einem Hauch steiniger Mineralität und nicht zu reifer Honigmelone. Am Gaumen zunächst etwas kantig, ein durchaus kräftiger Körper. Die pikante Säure erfrischt, wenngleich sie schon ordentlich an den Wangen zieht. Ich mag das sehr, die Frucht ist noch arg verschlossen, der Wein wirkt sehr puristisch, strengt ein wenig an, aber es ist Wein Nummer 26 an diesem Abend, und vermutlich ist es genau dieser frische Kick, der uns begeistert. Immer wieder zeigen sich unterschiedliche Früchte und auch mineralische Aromen, sehr langer Nachhall mit feinen, weißen Mandeln. (91+/100)
27. Bonneau du Martray Corton-Charlemagne Grand Cru, 2002
Ausdrucksstarkes, duftiges Bukett mit gereiften Birnen und einer pikanten, salzigen Nussmischung und Magnolien. Am Gaumen bei aller Fülle und Kraft sehr gewogen und nuanciert. Herrlich feiner Auftakt mit jungen Früchten, auf denen förmlich die Salzkristalle von der Mineralität liegen. Das bestimmende Element ist eine steinig-salzige Mineralität, die Säure ist überaus feinporig, die Frucht verschwindet unmittelbar nach dem Antrunk, wird von einer eisernen Faust aus blankem Stein und Säure unter Verschluss gehalten, noch sehr jugendlich, langer Nachhall. Würde ich mindestens weitere acht Jahre in der Flasche reifen lassen. (93+/100)
28. Domaine Leflaive Chevalier-Montrachet Grand Cru, 2002
Dieser Wein präsentiert sich noch unentwickelter, was aber überwiegend an seiner stärkeren Beeinflussung vom Fassausbau liegt. Seine ganze Machart spricht für eine noch längere Reifeentwicklung, obwohl er heute bereits ganz ausgezeichnet war und sogar eine große Wertung erzielte. Am Gaumen deutlich röstig-nussige Aromen vom Barrique, Melonen, Zitrus und Birnenschale, geröstete Mandeln, florale Anklänge, unglaublich jugendlich, ja primärfruchtig wirkend. Im Antrunk vornehmlich Zitrusfrüchte, ein hochfeiner Barriqueton, salzige Mandelsplitter, Graphit und erhitzter Stein, der straffe Verlauf lässt die Wangen vibrieren, hinter der festen Mineralität tänzeln Wildkräuter umher, salziges Lakritz im langen Nachhall. Das genügt vermutlich höchsten Ansprüche, sobald er ausgereift ist. Erstmal noch mindestens zehn Jahre weglegen. (94+/100)
29. Domaine Marc Colin et Fils Montrachet Grand Cru, 2002
Auch der Colin war noch viel zu jung, und leider wirkt das Holz nicht ganz so hochklassig wie beim Leflaive. Viel Vanille und Butterscotch in der Nase, dahinter weiße Blüten, ein Hauch tropische Anklänge, insgesamt gewogen. Am Gaumen erneut viel Holz, etwas süßlicher Eindruck, so fehlt es heute noch an Eleganz, trotzdem zeigt sich eine saubere, komplexe Aromatik im Hintergrund, festes mineralisches Fundament, straffer Verlauf, hochfeine Säure, sehr langer Nachhall. Auch hier sind noch zehn Jahre Geduld angesagt. (92/100)
30. Domaine Jacques Prieur Montrachet Grand Cru, 2002
In der Rubrik „Richtig großer Wein“ waren wir dann spätestens beim Montrachet von Prieur angekommen. Selten habe ich einen derart tiefen, subtilen Chardonnay getrunken. Er duftet nach mildem Espresso, feinstem Tabak, dazu weißen Blütenblätter, frisch aufgeschnitten Limetten, Melonen und Birnen, alle Aromen sind von einer steinwürzigen Mineralität durchdrungen, die viele am Tisch an Tafelkreide erinnert. Am Gaumen ist der Wein ebenfalls noch ein Baby, gibt aber bereits Einblicke in seine Komplexität und Feinheit. Erneut eine perfekte Hommage aus Tabak, salzigem Lakritz, etwas Kokos, glockenklarer Frucht. Ein hochfeines, tänzelndes Säurespiel, feste Struktur, sehr tief und nachhaltig. Der kaum endende Nachhall endet mit gesalzenen Mandelsplittern, Tabak und Zitrusfrüchten – rundherum ein sehr großer Chardonnay. (97/100)
(Diese Probe fand Frühjahr 2015 im Restaurant Mühlenhelle in Gummersbach statt.)