Peter Jakob Kühn Oestricher Riesling trocken Eine Traube, 2006
Die Weine von Peter Jakob Kühn sind in letzter Zeit immer wieder Thema in unseren Weinrunden. Besonders der 2006er Jahrgang, der teils großen Unmut bereitet hat mit Tönen, die eher ins Klärbecken als ins Weinglas gehören. Und doch bieten die Weine den tiefmineralischen Genuss, den man sich davon erwartet — wenn man sie dekantiert, und das möglichst lange. Mit dem kleinen Rheingau Riesling und dem großen Oestricher Doosberg (beide über 24 Stunden im Dekanter) gelang das Experiment. Und auch mit dem Oestricher Riesling mit einer Traube, der heute aufgeschraubt wurde. Im Glas ein klares, funkelndes, helles Zitronengelb. Die Nase ist wunderbar sauber, die unschönen urinalen Töne, die auch dieser Wein zwölf Stunden früher direkt nach dem Öffnen hatte, sind komplett verflogen. Stattdessen ein intensives, kühl wirkendes Bukett mit Zitrus, etwas weißer Steinfrucht, dunklen, würzigen Kräutern und Tabak. Im Mund eine dominante, etwas kantige, aber schon saftige Säure. Die Frucht ist wohldefiniert zitronig, dazu eine kleine Zuckerspitze, die die rassige Säure leicht abpuffert, und eine ordentliche, fast kristalline Kräutermineralität. Die Textur ist ansatzweise cremig, Säure und Mineralität sind am Gaumen immer noch ruppig, nochmal zwölf Stunden im Dekanter täten vielleicht noch gut. Der Abgang hat einige Länge auf dem tabakigen, leicht salzigen Extrakt und dem mineralischen Nachhall. Insgesamt ein einfacherer Kühn, der aber schon alle Anlagen hat, diese nur einfach nicht so komplex ausdefiniert wie etwa ein Landgeflecht oder ein Doosberg. Es bleibt dabei. Die Stilistik ist unverwechselbar, sogar die einfacheren Gewächse bringen viel Kraft und Qualität — wenn man ihnen viel Zeit gibt.
Vom Weingut, 8,60 Euro, 85 Punkte (sehr gut), 2009-2011