Bakus Öküzgözü/Bogaskere „Butik Rezerve“, 2005

Bakus Öküzgözü/Bogaskere „Butik Rezerve“, 2005

bakus_kleinEin Urlaubsmitbringsel. Keines von denen, die man wochenlang am Strand für einen Grand Cru gehalten und die sich zuhause erst als Tinktur der Machart „Chateau Migraine“ entpuppen, sondern unverkostet und auf Verdacht, ohne nostalgische Erinnerung, im Duty-Free-Shop erstanden. Dennoch ist eine offene Verkostung eines solchen Weines eigentlich blödsinnig. Es gibt zwei Möglichkeiten: Man findet ihn schlecht, dann wird man von den einen für einen Weinsnob gehalten. Oder man findet ihn gut, dann spotten die anderen – die, die bei Bekanntgabe des Reiseziels Türkei ohnehin empfahlen, eine Bottlebag mit Riesling einzupacken – über Sonnen-, Raki-, oder sonstwie bedingte Verblendung. Wie entkommt man dem? Rein punktemäßig dürfte man mit 83 (und vielleicht einem kleinen Plus) nichts falsch machen. Mal sehen. Über das Weingut weiß ich – nichts. Außer dass es in Anatolien liegt, aber das ist ja groß. Das Rückenetikett verspricht eine Mischung aus „exceptional (sic!) fruity Öküzgözü and full-bodied, spicy Bogazkere“. 16 Monate französische Eiche.

Direkt nach dem Öffnen zeigt sich eine ganz klare Kirsche als Leitaroma in der Nase. Daneben weihnachtliche Gewürze, die mit mehr Luft immer dominanter werden, eine gewisse (alkoholbedingte) Wärme, ein ganz leicht medizinaler Ton, Mineralik, Kamillenextrakt entwickelt sich, streckenweise vermeint man, eine etwas muffige Note zu verspüren. Nach etwa zwei Stunden Belüftung ist aus der Kirsche eine Pflaume geworden, das Holz ist schön eingebaut, alles in allem erinnert der Wein in der Nase an einen Syrah-geprägten Franzosen. Im Mund macht der Wein über die Zeit die gleiche Verwandlung von Kirsche zu Pflaume durch, begleitet von einer seltsam krautigen Note und ein paar getrockneten Feigen. Er wirkt durchgegoren, aber mit viel Extraktsüße versehen. Hinten ist wieder Alkohol zu spüren, außerdem wirkt der Wein hier noch jung: Er bleibt auf einer kräftigen Säure und vor allem seinen noch unrunden Tanninen stehen, so richtig öffnen möchte er sich hier nicht, bleibt im Gegensatz zu dem, was Nase und erster Mundeindruck vermuten lassen, eher schlank. Ein dezenter Lakritzton begleitet den durchaus mittellangen Abgang.

Was bleibt? Interessant, aber sonderbar ambivalent: einerseits die schlanken, kühlen Komponenten, die durchaus eine gewisse Eleganz haben; seine Jugend gibt mir aber Rätsel auf, könnte ich doch nicht sagen, ob sich das alles irgendwann mit der warmen, alkoholgeprägten Seite zu einer Einheit verbindet. Punkte? 83, vielleicht mit einem kleinen Plus. Sag ich doch.

Duty-Free-Shop Antalya, 18 Euro, 83 (+) Punkte (gut), 2011 bis ?

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