Schäfer-Fröhlich Riesling Schlossböckelheimer Felsenberg Großes Gewächs, 2006
Helles Strohgelb. Direkt nach dem Öffnen der Flasche eine aufregende, ja fast wilde Nase mit null Frucht. Viel mehr als ein Ersatz dafür ist die mit Spannung geladene Mineralik. Sie erinnert mich spontan ans Rheingau, doch kaum will ich den Namen aussprechen, zögere ich. Ungewohnt vielfältige Aromen von Trockenkräutern zeigen sich vermehrt und dies passt nicht so recht in mein Bild der Kühns, Breuers etc., trotz eines Hauches Feuerstein. Ebenso ungewohnt der intensive Duft nach Laub, es riecht so wie im Wald, wenn man im Herbst durch einen Teppich von getrockneten Blättern spaziert. Erst viel später und nur zögerlich auch Noten von Schwarzbrot und erste Anklänge an kandierte Zitrusfrüchte. Kompromisslos, kraftvoll und gleichzeitig verführerisch, trotzdem ein klein wenig verhalten. Der erste Eindruck im Mund überrascht aufgrund der präsenten Zitrusfrüchte (Zitrone und Grapefruit) und seiner Saftigkeit. Seine Jugendlichkeit verleiht ihm ungeheuere Spannung, die Säure ist enorm vital und sprudelt nahezu über. Der Wein verfügt über viel Dichte, Kraft und Tiefe, wirkt aber aufgrund der Säure und den Zitrusnoten eher schlank und spritzig, nie breit und voluminös. Der knapp lange Abgang macht richtig Spaß. Feine Cassisnoten paaren sich mit Zitrusfrüchten; für einen Weißwein recht markante Gerbstoffe, hinzu kommt noch eine sehr deutlich salzige Mineralität. Mann-o-mann, da wurden aber keinerlei Kompromisse eingegangen. Straight forward. Der Wein dürfte seine Bestandteile in 1-2 Jahren noch besser im Zaum halten können und dann noch ein Zacken zulegen. Bestimmt kein Riesling für Jedermann, aber ein ausdrucksstarker Individualist, der eine mögliche Facette der Nahe bestens repräsentiert. Für mich sehr gut, wobei es nicht jedem gefiel (85 bis 90 Punkte). Ja, ihr Banausen, ein dünnes Moselfrüchtchen ist es halt nicht. Zu Hause blind verkostet, einige Stunden in der Karaffe.
Vom Fachhandel, 21 Euro, 89+ Punkte (sehr gut), 2010 bis 2016