Weingut Wittmann Riesling Westhofen Morstein Großes Gewächs, 2008

Weingut Wittmann Riesling Westhofen Morstein Großes Gewächs, 2008

Eigentlich wollte ich diesen Wein schon in der Best-Bottle-Probe an Silvester einstellen, aber dann sagte ich mir: „Ach komm, lass doch den Quatsch. Der Wein ist schlimmstenfalls gänzlich verschlossen und Du ärgerst Dich eh nur über diese blödsinnige Idee.“ Und so ließ ich es sein… Aber, wie das so ist mit den Stimmen im Inneren, sie gaben einfach keine Ruhe, bohrten jedesmal nach, wenn ich mich in den Keller begab, „komm, nimm sie schon mit und mach sie auf, Du weißt doch genau, sie wird Dir zu gefallen wissen.“  Und wie das so ist mit kruden Ideen und großer Neugierde… jaahaa, ich wollte es halt auch.

Helles Goldgelb. In der leichtfüßigen, aber tiefen Nase ein milder Limonenton, Pfirsich, etwas Bittermandel und florale Anklänge. Mit mehr Luft auch mürber Apfel. Dazu eine animierende, rauchige Mineralik. Die Nase ist schon offen und sehr zugänglich. Im Antrunk mit seidiger Textur, nachhaltig, mit Zitrusfrüchten, gelber Steinfrucht, grünen Kräutern, Kardamom, ein animierendes Tonic-Bitterl, wieder diese feinrauchige, sehr kräftige Mineralik. Alles sehr kompakt verwirkt. In diesen Eindrücken wirkt der Wein dennoch noch etwas unentwickelt jugendlich, aber diese „kleine Delle“ wird der Wein mit Reife schließen können, ich habe keinen Zweifel daran. Der Wein steht merklich unter Spannung, vor einigen Monaten bei der Jungweinprobe schrieb ich „vibriert im Mund wie unter Bass-Einsatz“ — und genau diese Assoziation habe ich wieder. Nur feinste Fruchtsüße. Die Säure ist sehr jugendlich, sie trifft wie ein Peitschenschlag auf den Gaumen, dann streicht der Wein heilsame Fruchtpaste darüber. Sehr strukturiert und balanciert. Allenfalls ein ganz feiner Alkoholton fällt auf, wenn man genau hinschmeckt — der irritiert mich aber nicht und führt deshalb auch nicht zu Abzügen in der B-Note. Der Wein läuft kaskadenartig über den Gaumen, ist dort schmelzig und bleibt wie eine Strukturtapete an der Wand. Und bleibt… und bleibt… und bleibt! Eine irre Länge hat dieser Wein, in der sich die Zitrus- und Steinfrucht auf der einen und die herbe Mineralik auf der anderen Seite wiederfinden. Noch hat die Frucht hier ein wenig die Überhand, aber die Mineralik erinnert mich an einen grollenden Gewitterdonner in der Ferne, der Himmel füllt sich plötzlich mit lilafarbener Dunkelheit, Sturm hebt an. Man spürt es in allen Poren, da zieht gehörig was auf…

Meine Sorge, dass der Wein sich abweisend zeigen würde, hat sich zum Glück nicht bestätigt. Jugendlich ist der Wein noch, keine Frage, aber er bietet bereits jetzt sehr viel, ja sogar überraschend viel an. Offen über drei Abende getrunken.

Im Fachhandel, 32,50 Euro, 93+ Punkte (ausgezeichnet), Ende 2010 bis 2018+

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