August Kesseler Spätburgunder Assmannshäuser Höllenberg, 2001
Sie möchten einen deutschen Spätburgunder trinken, der mit der bekannten Stilistik bricht und einen betont eigenen Stil verfolgt? Nichts leichter als das: besorgen Sie sich diesen Wein und sie erleben einen besonderen Verkostungsmoment, der Ihre Sinne voll auf fordern wird. Er wird es ihnen nicht leicht machen, vielleicht lehnen Sie ihn gar ab, aber man lernt. Er hat mich auf alle Fälle in der Frage weitergebracht, welche Art Pinot Noir ich zukünftig trinken möchte: diese hier.
Einkochtes Sauerkraut in der Nase. Wild vegetabile Nase mit sehr komplexen mineralischen Nuancen, unreifen Brombeeren, jungen Waldfrüchten und eine metallische Nuance, wie ich sie nur von jungen Bordeauxs aus dem St. Estèphe kenne. Wirkt knochentrocken in der Nase, trotzdem fühlt sich auch mein Weinherz spontan zu Hause. Große Pinot Noir-Nase. Ungemein spannungsgeladener Antrunk mit viel Struktur und Finesse. Schlanke, elegante Stilistik. Auch im Mund fast metallisch, sehr fest, nachhaltig und kompromisslos. Rote Johannisbeeren, frische Sauerkirschen, Heftpflaster, schlanke, aber abgrundtiefe Struktur. Das eigentlich Erstaunliche ist, dass die Säure sehr weich, zurückhaltend, ja fast samtig über die Zunge läuft. Sie hält sich zurück, so als wüsste sie über die fein nervige, fast stahlige Aromatik Bescheid. Dadurch erhält der Wein die nötige Trinkigkeit und einen zarten Charme. Selten habe ich einen derart transparten und kühlen Spätburgunder getrunken. Ein Musterbeispiel für mein Credo, dass der Pinot Noir der rote Riesling sein sollte: klar, schlank, komplex, ausgestattet mit einer großen mineralischen und fruchtigen Finesse. Elegantestes Holzmanagement, dass sich vor keinen Burgunder verstecken muss. Langer, frisch fruchtbetonter Abgang, mit einer feinen Säurespitze zum Abschluss. Blind verkostet von der Flasche direkt ins Glas, hat sich über vier Tage nicht verändert. Wird sich noch lange auf dem Niveau halten.
Unter Freunden, 45 Euro, 94 Punkte, jetzt bis 2021