August Kesseler Spätburgunder Spätlese trocken Assmannshauser Höllenberg, 2005
Man sagt das ja häufig aus übermäßiger Schwärmerei, aber der Assmannshauser Höllenberg ist als Weinlage tatsächlich einzigartig. Geologisch gehört er eigentlich zum Mittelrhein, mit seinem Phyllit-Schiefer ist er Riesling-Gebiet pur, die Exposition sorgt aber für ideale Bedingungen für den Rotwein-Anbau. Und nicht nur geologisch, auch von der Stilistik her, die diese Lage beim Spätburgunder hervorzubringen vermag, sollte dieser Weinberg eigentlich als eigene Appellation gelten. Aber so einfach geht das ja nicht.
Assmannshauser Spätburgunder bieten im besten Falle eine besondere Eleganz — kühler Stil, eher wenig Alkohol, hell wirkend, jedoch von einer deutlichen mineralischen Schieferigkeit durchzogen und ausgestattet mit einer überaus feinen Säure. Ein Spätburgunder, der nicht nur in Worten gut zu seinen engen Riesling-Nachbarn passt. August Kesseler liefert hier mit ganz großem Abstand die hochwertigsten Weine. Das Ergebnis ist leider, das die Weine alles andere als einfach zu beschaffen sind — nicht mal am Weingut ist nach Auskunft des Winzers die Schatzkammer besonders gut bestückt — und haben so leider einen gewissen Seltenheitswert. Diesen zeigen auch die Preise an, die August Kesseler mittlerweile für den Wein aufruft. Das Fazit: Einen Spätburgunder vom Höllenberg bekommt man viel zu selten ins Glas. Das lässt sich schon mal festhalten.
Doch von all diesen Informationen blieben wir bei der Verkostung zunächst unberührt, denn der Wein wurde blind präsentiert. Und blind sollten wir uns zunächst auch fühlen, denn in der Nase geht es mächtig rund: schwarze reife Beeren, Cassis, ätherische Kräuter, ein ordentlicher kühler Hauch von Eukalyptus, eine dunkle herbsüße röstige Note, dazu eine auffällige Würze. Man kann hier durchaus zuerst an einen hochwertigen, schlank ausgefallenen Südamerikaner denken, nicht aber an einen Spätburgunder. Im Antrunk schwarze frische Beeren und wieder diese ausgeprägte Würzigkeit. Dann Bitterschokolade samt schmelziger Textur. Trotzdem bleibt der Wein angenehm trocken, und auch Frische hat er durch die weiche, sehr feine aber vitale Säure, die für Spiel und Dynamik sorgt. Trotz Würze und Extrakt ist der Antrunk mit seiner Säure und der Mineralität animierend. Etwas anstrengend wirkt der Wein aber trotzdem, einfach durch seine Konzentration und den etwas fett wirkenden, fülligen, extraktreichen Unterbau. So gegensätzlich, wie sich das hier liest, so schmeckt er auch, dieser Wein.
Mit dem Wissen um die Lage wird vieles klarer, denn man weiß, auf was man zu achten hat. Die schieferige Würzigkeit ist typisch für den Wein, diese ungemein feine Säure auch. Unerwartet aber ist die starke, füllige, den Rest mitunter überdeckende Konzentration und — man muss es sagen — die somit auch nicht so ausgeprägte Eleganz. Erst ganz viel Luft fördert zutage, was den Wein ausmacht, und auch dann man muss sie noch förmlich herauskauen. Doch dringt man durch das dickliche Extrakt hindurch, stellt er sich ein, dieser trockenkräuterige, kühl anmutende, schieferwürzige Eindruck.
Es scheint, als ob auch der stets etwas kühlere Assmannshauser Höllenberg in warmen Jahren wie 2005 etwas auskocht, doch seinen Charakter bewahrt der Wein. Die Säure wirkt bereits weich und gereift. Reifetöne hat der Wein aber sonst noch keine. Er dürfte sich noch schön entwickeln, die Anlagen hat er allemal, wenn nicht der Alkohol noch stärker durchkommen wird. Trotzdem, in der Bewertung sehe ich ein Plus, es ist nur unklar, für wie viele Punkte es stehen wird.
An einem schönen Weinabend mitverkostet, Preis unbekannt, 90+ Punkte (ausgezeichnet), ab 2016 wahrscheinlich noch besser als jetzt