Besuch bei August Kesseler in Assmannshausen
Auf Einladung von August Kesseler reisten wir im Frühjahr nach Assmannshausen um seine aktuelle Kollektion zu verkosten und uns von ihm die Stilistik seiner Weine ein klein wenig näher bringen zu lassen. Liebhaber seiner Pinots sind wir schon lange, insbesondere seit wir einige gereifte Jahrgänge verkosten konnte, schätzen wir seine Pinots aus dem Höllenberg aufgrund einer in Deutschland einmaligen steinwürzigen mineralischen Würze, ihrer herrlich klaren Frucht, die stets viel Jugendlichkeit versprüht, dass sind eigensinnige, komplexe Charakterweine für echte Liebhaber, die sich auch von den hohen Preisen nicht abschrecken lassen. Aber wer einmal durch den Höllenberg gewandert ist, wird sich auch des Aufwandes bewusst der betrieben werden muss, bis die Weine im Gewölbekeller des Weingutes in Ruhe reifen dürfen.
Die Reben stehen auf purem Schiefer und so schmecken sie zuweilen – wie ein roter Riesling: feinsinnig, komplex, teilweise unnahbar, reifen müssen sie, denn in ihrer Jugend sind sie sperrig, zuweilen überlagert die Kraft der Jugend ihre verborgene Komplexität, Geduld ist also angesagt, aber nach 10 Jahren wird der geneigte Liebhaber um so reicher belohnt. So erging es uns z.B. beim 2001er (Hier lesen).
Seine Rieslinge haben wir bisher stets nur bei der GG-Arivage-Verkostung in Wiesbaden probiert und so waren wir dankbar, sie einmal unter weniger Zeitdruck noch einmal nachversuchen zu können.
Wir danken August Kesseler für den herzlichen Empfang auf seinem Weingut und auch Max Himstedt, der uns noch über eine Stunde in die Künste der Pinot-Cuvéetierung einführte und uns von den besten Pinot-Fässern des Kellers probieren ließ. Es war ein einmaliges Erlebnis und wir haben viel gelernt, vor allem welche wahren Schätze noch in dem alten Gewölbekeller liegen. Die 2012er-Pinots versprechen ausgezeichnet zu werden.
Pinot Noir, 2011
Bereits der einfache Pinot präsentiert sich ungemein duftig dominiert von überwiegend dunklen Waldbeeren, Zimt, Mandeln, etwas Marzipan, süßlich Röstigkeit, überreifer Einschlag. Am Gaumen von kräftigem Körper, saftiger Auftakt nach Pflaumen, viel Würze und ein wenig Süße, gute Balance, wenngleich heute noch ein wenig unwirsch kräftig, vitales Säurespiel, erstaunliche Village-Qualität
86-88/100
Pinot Noir Cuvee Max, 2011
Deutlich dichtere, komplexere Nase nach hochreifen, dunklen Waldbeeren, steinwürzige Mineralität drückt durch die Frucht, getrocknete Kräuter. Am Gaumen konzentriert mit saftigem, dunklen Fruchtauftakt, vielschichtige Kräuterwürze, erinnert ein wenig an Gevrey-Chambertin, erneut zeigt sich eine steinwürzige Mineralität mit salzigem Einschlag, die Säure ist für einen 2011er erstaunlich lehbaft, was einen guten Gegenpart zur hochreifen Frucht abgibt, ein Wein mit Zug und Kraft, jugendliches, aber schon heute fügsames Tanningerüst, schöne Länge. Schon heute mit Freude zu trinken, dürfte aber ins fünf bis zehn Jahren in 90-Punkte-Marke überspringen und somit ein ausgezeichneter Pinot werden, aber heute schon sehr gut.
89-91+/100
Spätburgunder Assmannshausen Höllenberg Erstes Gewächs, 2011
Komplexes Bukett im dem Frucht, Mineralität und sekundäre Aromen immer wieder kurz aufblitzen. Zur Frucht notieren wir dichte biskuitartige Beerenfrüchte, auch Kirsche und Pflaumen, durchaus klar und fein gezeichnet, das Holz ist noch jugendlich ungelenk, aber in dem Stadium unproblematisch, es zeigt im Gegenteil bereits seinen Willen zur Harmonie deutlich an, die Kräuter getrocknete, eher südländisch geprägt, daneben Mandeln, alles ruht auf einer festen mineralischen Basis, der Schiefer drückt. Im Mund ein konzentriertes, beeriges, leicht salziges Konfit aus roten Beeren, Cassis und Sauerkirsche, die Schokolade vom Holz glasiert die Früchte, aber der rücksichtlose mineralische Biss nimmt dem Wein jede Üppigkeit, oder Schwülstigkeit der Jugend und zeigt seine Zukunft deutlich vor, dass ist Pinot auf Stein gewachsen, und es wird viele Jahre dauern, bis sich all seine Komponenten harmonisiert haben, aber seine delikate Grundlage ist bereits heute deutlich zu schmecken, man muss es sagen, hier wächst großer Pinot heran, der uns beide augenblicklich in seinen Bann zieht, denn trotz seiner Wucht, seiner Konzentration, hat er Finesse, Schwung und Duftigkeit, bleibt sehr lange am Gaumen haften. Heute mindestens ein ausgezeichnet und in 10 Jahren vermutlich ein großer, deutscher Pinot Noir mit deutlicher Bodenprägung.
93-95+/100
Spätburgunder Rüdesheimer Berg Schlossberg Erstes Gewächs, 2011
Etwas verhaltenes Bukett mit dunkler Holzröstung, duftiges Mokka, dunkle Beerenfrucht. Am Gaumen zeigt er uns mehr, durchaus kräftiger Körper, im Antrunk eine sehnige, filigrane aber auch reife Frucht nach dunklen Waldbeeren, schwarzer Espresso, salzige Mineralität, etwas Eisen und Holunder, viel Holzröstung, der Wein ist noch unfertig und zeigt sich daher etwas kantig, insbesondere nach dem überaus ansprechenden Höllenberg, zeigt Tiefe und Nachhaltigkeit an, aber auch stets seine wärmende Kraft. Benötigt einige Jahr der Reife um sich zu harmonisieren.
91-92+/100
Danach wechselnden wir zu den 2012er-Rieslingen:
Rheingau Riesling „Junge Reben“ Ortswein, 2012
Sehr saubere weiße Stein- und Zitrusfrucht, dabei deutlich rauchig, salzig, würzig, Gruyere-Noten, dazu ein leichtes Zuckerschwänzchen, saftiger Eindruck, animierender großer Trinkspaß mit rauchigem Einschlag. Viel Wein für wenig Geld.
85-87/100
Lorch Riesling Ortswein, 2012
In der Nase erneut Rauch, Gruyere, weiße Steinfrüchte, dazu deutliche Zitronenaromen, Schieferwürze; im Antrunk stahlig, würzig, spicy. Ein Power-Riesling, kraftvoller, explosiver Antritt, ohne irgendwie mit Alkohol zu schieben, festes, rauchiges mineralisches Fundament, zeigt Tiefe an, sehr animierend zu trinken, erstaunliche Qualität für dieses Format. Lorch schmeckt mal wieder sehr gut.
87-88/100
Rüdesheim Riesling Ortswein, 2012
Bei diesem Wein hatte TM und KA etwas unterschiedliche Eindrücke. Für Thorsten war der Wein noch zu verschlossen, er bemerkte phenolische und grüne Noten und befand ihn heute nicht zugänglich. Einig waren wir uns bei seiner klaren Aromatik. KA notierte einen frischen Duft nach grünen Äpfeln, dahinter zeigen sich gelbe Früchte. Am Gaumen packender Antrunk mit rauschender Säure, nun eher weißer Pfirsich, rote Grapefruit, wirkt trockener, ein überaus frischer Riesling mit einer markanten steinwürzigen Mineralität, dem 3-5 Jahre Lagerung zu rechten Entfaltung helfen werden. Ein sehr guter Riesling zum Essen meint KA.
84/100 TM, 88+/100 KA
Lorch Schlossberg Riesling Erste Lage, 2012
Wieder der typische Locher Stil, Rauch, Kräuter, Gruyere, Zitrus, etwas staubig, jetzt fast schon speckig und röstig wirkend, ein straffer, kühler Zug in der Nase; im Antrunk ungeheuer saftig und trinkig, viel Druck ohne Alkohol; Saftigkeit auf ganz hohem Niveau. Die Locher Rieslinge sind für uns eine Entdeckung bei dieser Verkostung.
90+/100
Rüdesheimer Berg Roseneck Riesling Großes Gewächs, 2012
Sehr elegante Nase, feine Apfelnote, frisch geschnittene Kräuter, etwas Waldmeister, leichte Schieferwürze. Im Mund erneut sehr saftig, jetzt eine intensive weiße Steinfrucht, florale Noten, herb-duftig, feinsaftig, nachhaltig am Gaumen mit schönem mineralischen Druck, sehr langer, nuancierter Nachhall, der besonders die charakteristischen floralen Noten der Lage schön herausarbeitet. Ausgezeichnet!
91-92+/100
Rüdesheimer Berg Schlossberg Riesling Großes Gewächs, 2012
In der Nase verschlossen, ein Hauch von Limetten, Zitronenbiskuit, dazu nasse Steine, rote Beeren, rauchig-schiefriger Einschlag. Im Antrunk erneut eine tolle Saftigkeit, dabei aber kreidig wirkend, leichte Biskuitnoten, Cassisblätter, als Frucht am ehesten reife duftige Zitronen, Schnittkräuter und wieder Biskuit, ernster steiniger Wein, kühle Stilistik, sehr mineralisch, pikant, aristokratische Klasse, ungemein langer, komplexer Abgang. Viel Potenzial!
93+/100