Chateau Leoville Barton, St. Julien, 1994
In der Nase Honig, wenig Frucht, ein Hauch Mandarine und Cassis, dann sehr viel Stein und dunkles Mineral, kräutrig. Sehr alkoholstark. Im Antrunk üppig, aber trocken. Schmelzig und sehr steinig, wieder Honig, Cassis, erste Reifetöne, herbes Mineral. Wenig Frucht. Gute Struktur. Ruhige Säure. Deutlich mittellang, steinig-schmelziger Abgang, am Gaumen hält der Wein die Balance zwischen Körper und Alkohol nicht und bleibt alkoholisch.
Beim Aufdecken, nachdem ich meine Notizen niedergeschrieben hatte, war ich ziemlich überrascht, denn den Wein hatte ich ja neun Monate zuvor bereits im Glas gehabt. Erkannt habe ich ihn natürlich nicht. Meine Prognose, ihn eher bald auszutrinken, würde ich aber dahingehend ergänzen und sagen: er sollte im Laufe des Jahres ausgetrunken werden, denn der Alkohol wird nicht schöner werden mit weiterer Reife.
[19. Mai 2009] Dichtes Purpurrot, kaum Aufhellung zum Rand des Glases hin. Die dichte Nase wird dominiert von Cassisnoten, dazu kommt ein leicht „grüner“ Ton, der ein nicht ganz reifes Lesegut (Cabernet Sauvignon) vermuten lässt, dazu viel dunkle Schokolade, etwas Paprika und ein kühler Eukalyptustouch. Im Mund überraschend jugendlich, Cassis, eher dunkelfruchtig, etwas Zedernholz, mit einer fülligen Struktur, die dabei aber nicht fett, sondern kraftvoll und dennoch nobel wirkt; auch findet sich viel toastige Holzwürze und dichte Schokonoten – wie bei einer Schokolade mit 70% Kakaoanteil. Der Wein hat eine ansprechende Struktur, auch die Säure ist perfekt eingebunden; im mittellangen Abgang zeigt sich ebenfalls viel Schokolade, die Frucht wird von den Holzeindrücken insgesamt aber noch zu sehr zugedeckt. Ganz leicht trocknendes, präsentes, aber doch geschliffenes Tannin. Dieser Wein braucht demnach noch weitere Geduld. Die getrunkene Flasche hatte jedenfalls noch Potential, er zeigte zudem noch keinerlei tertiäre Reifetöne. Man muss allerdings wohl diese leichten Unreifetöne in der Nase in Kauf nehmen, diese werden ihn wohl auch im weiteren Reifeverlauf begleiten. Aber das Leben könnte wirklich härter zu einem sein… In aller Ruhe blind verkostet, zuvor gute 4 Stunden in der Karaffe belüftet. (GM)
Im Fachhandel, 58 Euro, 89+ Punkte (sehr gut), 2012-2018
[16. Juli 2014] 1994 wird einfach nicht mein Bordeaux-Jahr. Die Tannine zu harsch, der Caberent zu grün. Das gilt auch für diesen Leoville-Barton, der ja generell zu den kernigen Saint-Julien-Weinen zählt, aber in einem solchen Jahr eben besonders uncharmant ausfällt, wobei man ihm eine tiefe, saftige Fruchtigkeit zugestehen muss. Aber der Reihe nach: Das Bukett dominiert von Zedernholz, jugendlichen, unreifen Cassis-Aromen, reife Sauerkirsche, grüne Paprika, dahinter dunkle Herrenschokolade, Asche und Kohle. Am Gaumen von mittlerem Körper, durchaus ein klarfruchtiger Auftakt mit Kirsch und Hagebutten-Aromen, aber stets flankiert von grün wirkendem Cassis und Paprika-Anklängen, dazu ein Hauch Naphtalin, die Tannine abstringierend, der Cabernet war einfach nicht vollkommen ausgereift, das haptische Mundgefühl wirkt trocknend und entspricht nicht meinen Erwartungen an einen hochwertigen 20 Jahre gereiften Bordeaux-Wein, die Tiefe ist mittel, die Säure reif und gut integriert, hilft nur nix, eine Vollbremsung auf trocknenden Tanninen macht einfach keine rechte Freude, mittlere Länge mit erneut grünen Noten. Der Wein macht einfach keine Trinkfreude und es fehlt ihm an der nötigen Harmonie um ihm noch eine sehr gute Bewertung zu geben. Für das Geld hatte ich schon deutlich mehr Wein im Glas. (KA) Im Fachhandel, 58 Euro, 84 Punkte (gut), 2014+ |