J. Friederich Riesling Bullayer Sonneck Auslese, 1976
Es gibt Weine, die bringen mich einfach nur zum Schmunzeln… Diesen Wein habe ich vor nun mehr als vier Tagen geöffnet. Der Korken war komplett durchfeuchtet, es wuchsen Pilzkulturen aus einer schon fast vergangenen Zeit darauf. Ich habe den Wein dann in eine andere, saubere Flasche umgefüllt, an besagten Abend wurde er nur zur Hälfte getrunken. Und da stand die Flasche nun seitdem in der Kühlung und harrte ihrer Dinge. Heute endlich kam ich dazu, nachzuverkosten. Ich dachte, der Wein wäre inzwischen umgekippt. Aber mitnichten.
Dunkles Honiggold mit ersten bernsteinfarbenen Reflexen. In der deutlich firnigen Nase finden sich gleichwohl noch merkliche Lebenszeichen, vor allem Flieder, gehackte Kräuter und Honigspuren nehme ich war. Im Mund gereift süß, der Wein dürfte in seiner Jugend wahrscheinlich untrinkbar pappig gewesen sein, jetzt hat er Wein nur noch eine eher feinherbe Süße, eine verhaltene, aber noch saftige Säure, dazu eine deutliche Kräuternote und — neben der Firnnote — auch pelzige Gerbstoffe. Diese bleiben am Gaumen mit Karamell- und feinen Honignoten stehen. Dazu mürber Apfel. Bestimmt kein Wein, den ich jeden Tag trinken wollte, aber einer, der jetzt gerade zu Serrano-Schinken eine schier bahnbrechende Kombination eingeht. Es ist ja eigentlich fast etwas respektlos, hier noch Punkte zu verteilen — aber dieser Wein hat sich für sein Alter wirklich respektvoll geschlagen. Offen verkostet, über vier Tage geöffnet.
Bei Ebay für kleines Geld geschossen, 83 Punkte (gut), trinken.