Max Ferd. Richter Riesling Brauneberger Juffer-Sonnenuhr Auslese halbtrocken, 2003
Ich weiß noch, wie ich im Frühjahr 2005 im Weingut Richter in der Verkostungsstube saß. Zur mittäglichen Unzeit dort aufgeschlagen, nahm sich der Senior des Hauses, damals hoch in den Achtzigern, meiner an und führte mich kompetent und witzig durch das aktuelle Programm. Von den Riesling-Stilistiken der Mosel hatte ich damals keinen Schimmer, ich wollte einfach einen Kofferraum voll Wein von einem renommierten und dennoch preislich geerdeten Gut haben. Die Versuche des Herrn Richter, mir das schmackhaft zu machen, was die Mosel nun mal auszeichnet – restsüßen Riesling -, blieben nicht ganz erfolglos, einen echten Brummer wollte ich aber auch, und so kaufte ich auch drei Flaschen von diesem hier. Ein sonderbares Format, würde ich heute sagen: Auslese halbtrocken mit 13% Alkohol. „Joa,“ nickte der alte Herr Richter damals versonnen, „der hat ’nen breiten Fuß.“ So ist es. Zur kräftigen Substanz und zur spürbaren Restsüße kommt desweiteren ein deutlicher Botrytis-Touch, entsprechend schwer fiel es meinem Besuch am Wochenende, den blind vorgesetzten Wein auch nur halbwegs richtig einzuordnen.
Eine spürbare Botrytisnote wallt mir aus dem Glas entgegen, gepaart mit einer leichten Reife- und ganz leichten Röstnote sowie der Richter-typischen Stilistik, zu der mir meistens nicht mehr einfällt als das Wort „konservativ“: ein Anklang an feuchte Pappe, vielleicht Kräuter, irgendwie und im besten Sinne ein Wein aus einer anderen Zeit. Sehr vage das, ich weiß. Den Kontrapunkt hierzu setzt eine ziehende Mineralik, die sich insbesondere mit der Botrytis ein spannendes Wechselspiel liefert. Deutliche Fruchtsüße, mit hochreifen Aromen von Mango und Maracuja. Ein leichter Anflug von Alkohol. Im Mund dann überrascht mich dieser Wein wieder einmal, ganz entgegen der Erwartungen, die man so gerne an einen 2003er hat, kommt dieser hier mit einer absolut intakten Säurestruktur daher, etwas gerbstoffig (ich meine sogar, im Abgang trocknet er ein wenig zu sehr aus), frischere Fruchtnote hier als in der Nase, eher Zitrus, saftig, Kräutermineralik, Druck und Wucht, aber nicht ewig tief. Auch hier wieder ein leichter Alkoholtouch, den Abgang finde ich nicht allzu lang.
Trotz aller Einwände, trotz des ungewohnten Typus, der Wein gefällt: Konturiert, balanciert und mit einer ansprechenden, abwechslungsreichen Aromatik. Auf dem derzeitigen Niveau dürfte er sich noch zwei bis drei Jahre halten.
Vom Weingut, 15,50 Euro, 87 Punkte (sehr gut), jetzt bis 2012