Peter Jakob Kühn Riesling trocken Quarzit Zwei Trauben, 2005
Manchmal ist die analoge Welt einfach viel schöner als die digitale. Ein Blick in meine Kellersoftware wies nämlich den Bestand des Kühnschen Quarzits aus dem Jahr 2005 mit exakt Nullkommazero aus. Ausgetrunken, sagte der digitale Kollege, die letzte Flasche zu einem auf Holzkohle gegrillten Fisch bei einer Blog-Redaktionssitzung an einem lauen Spätsommerabend in 2009. Nun fand ich aber doch noch eine Flasche im Keller, die Technik ist halt doch nur immer so gut wie ihr jeweiliger Bediener. Zwischenzeitlich stimmen digitale und analoge Welt aber wieder gänzlich überein. Schon schade, irgendwie.
Helles Goldgelb mit ganz leicht rotstichigen Reflexen. Frisch nach dem Öffnen der Flasche eine dominante Spontinase, nach zwei weiteren Stunden im Dekanter geht diese über in Richtung Bitterorange und harzige Tannennadelwürze. Dazu auch süßliche Tee-Noten und ein deutlicher Kräuterton. Erst am Folgetag sind die Schwefelnoten dann ganz verschwunden. Der Wein braucht Wärme, um an Charme zu gewinnen. Er versucht es zumindest. Im Antrunk dann herbe Kräuter, verhalten Zitrus und Bitterorange, Jod, wieder eine Nuance würziges Harz. Nur angedeutete Fruchtsüße (etwas betonter am Folgetag, so zumindest mein Eindruck), das Geschmacksbild wird von den jodig-würzigen Noten geprägt, kurz blitzt dann verhalten etwas Lakritze auf. Die Säure ist stimmig eingebunden und vital. Kräftige und schärfende Mineralik. Am Gaumen feiner, konturgebender Gerbstoff. Mittellanger, leicht schmelziger Nachhall, der fast ausschließlich von der Mineralik getragen wird, und ein kleines würziges Bitterl aufweist.
Ich stimme Thorsten in seiner Prognose zum Trinkfenster zu, wobei man das bei den Kühn-Weinen ja eh nie so genau weiß. Das, was an Fruchteindrücken im Wein noch vorhanden war (aber: war da je mehr?), gefiel mir am ersten Abend jedenfalls etwas besser. Auffällige Reifetöne hatte der Wein allerdings keine. Offen über zwei Abende getrunken, am ersten Abend zwei Stunden in der Karaffe belüftet.
Im Fachhandel gekauft, 14 Euro, 88 Punkte (sehr gut), bis 2011
[02. Juni 2009] Im Glas ein recht dunkles Zitronengelb. In der harmonischen, duftigen Nase ein frischer weißer Pfirsich und noch viel ausgeprägter tabakige dunkle Kräuter und jodsalzige mineralische Noten. Auch im Mund hat der Aromakern begonnen sich zu öffnen und bietet noch intensiver die tabakige Steinfrucht, jetzt auch etwas Veilchen und Anis, dazu kräftige, fast nadelige Kräuteraromen und eine kühle mineralische Schicht, die sich auf Gaumen und Zunge legt, dort lange stehen bleibt und nach hinten salziger wird. Die vollmundigen Aromen werden hinten immer cremiger. Die Säure ist angenehm weich und sorgt als Medium für die Mineralität für eine schöne Frische. Körper und Extrakt stehen in einem schönen Verhältnis, letzteres sorgt für eine leichte Süße, Restzucker dürfte das eigentlich nicht sein. Der Abgang hat Länge. Der 2005er bietet unerhört viel Genuss für einen tollen Preis. Wer noch ein paar Flaschen ergattern kann, hat Glück. Auch der 2007er zeigte bei ersten Verkostungen ähnliche Qualitäten. Eben nur warten muss man können. Ohne Dekantieren ins große Bordeauxglas, darin ein wenig lüften gelassen, offen verkostet, zu Hause. (Thorsten)
Vom Weingut, 13,40 Euro, 89 Punkte (sehr gut), bis 2011 |