Chateau Poujeaux Molise-en-Medoc, 1997
Im Glas ein leicht transparentes, dunkles Rubinrot, das sich zum Rand hin in orange-braunen Reflexen verläuft. Die Nase ist eines trüb verregneten Mittwochs höchst unangemessen, denn das hat Feiertagsqualität! Komplex! Rote Fruchtaromen (Johannisbeere, Kirsche, etwas Cassis) haben sich verbunden mit orientalischem Gewürz, flankiert von einem perfekten Holzarrangement – ein feiner Zedernton, der von Schokotönen und etwas Mokka verführerisch begleitet wird. Mit mehr Luft auch verhalten etwas Unterholz, Hagebutte und grüne Kräuter. Schichtenweise kann man sich hier durch das Glas nach unten vorarbeiten, es lohnt ein um das andere Mal. Das ist sowas von perfekt ausbalanciert, ich bekomme das Grinsen wirklich nur schwer wieder aus dem Gesicht!
Mittlerer bis schon voller Antrunk, eine Melange aus roter Frucht, Kräutern, warmer Kaffee, in den man Vollmilchschokoladenraspel geschmolzen hat, wieder Zedernwürze – kein Rubenstyp, wenngleich mit Rundungen ausgestattet, wohlproportioniert an der richtigen Stelle. Im Mund kommt der Wein mit der Komplexität der Nase leider nicht mehr ganz mit, die Aromen wirken etwas verwaschener – schön bleibt der Auftritt dennoch. Sehr ausgewogener und mit gewisser Eleganz versehener Stil. Das Tannin ist seidenweich, es legt sich wie ein Schimmer über die Zähne, auch die Säure ist (anders als noch vor einigen Jahren) bei dieser Flasche harmonisch eingebunden. Wenn man mäkeln wollte, dann muss man noch feststellen: es fehlt dann doch der letzte Druck am Gaumen für den ganz großen Auftritt, der Wein wird hier deutlich leiser, aber er hallt überaus harmonisch und mit sehr guter Länge und leichtem Schmelz nach.
Und mit dieser Ausgewogenheit hat sich dieser Wein seine unerwartet hohe Punktzahl redlich verdient, wie ich finde…
Offen getrunken, undekantiert – die Flasche hatte volle Trinkreife.
Im Fachhandel zur Jahrtausendwende gekauft, 32 DM, 92 Punkte (ausgezeichnet), bis 2011 (aus-)trinken