Hermann J. Wiemer Riesling Late Harvest Finger Lakes, 2008
Dies ist sozusagen die süße Schwester der „Reserve Dry“ von Hermann J. Wiemer: Wenn jene das Große Gewächs des Gutes ist, dann ist das hier die Spätlese restsüß aus Erster Lage, mit 59g Zucker und zu quasi dem gleichen Preis. Ich erinnere vom Weingutsbesuch im letzten Mai keine überragende Tiefe, aber dennoch habe ich damals eine Flasche mitgehen lassen, nur so für alle Fälle. Jetzt war es soweit.
Apfel-Zitrus-Noten, sehr gebietstypische Frucht, aber nicht so aggressiv wie bei manch anderem Finger-Lakes-Genossen. Ein paar grünliche Noten, Lakritz oder besser Kräuterbonbon. (Kennt jemand die Hamburger U-Bahnhaltestelle Schlump? Da steht oben ein Bonbon-Stand: so.) Noch deutlich jung, ganz dezente Mineralik und nasse Steine, ohne die Andeutung besonderer Süße. Auch nicht besonders tief, wie mir scheint. Und hier spaltet sich nun die Verkostung auf in Tag 1 und Tag 3: Da nämlich hat sich diese Tiefe eingestellt, eine leise, aber sehr feine Mineralik macht sich breit, fast ernst wirkend. Sehr schön.
Zurück zu Tag 1: Im Mund merkt man doch die Menge an Restzucker im Wein, sie ist jedoch sehr gut von der kraftvollen Säure abgepuffert. Recht viskos. Auch hier wieder ganz leicht diese Kräuterbonbons, Apfel und Zitrone, ein ziemlich kräftiger Gerbstoff, gute Länge, aber wieder: keine besondere Tiefe. Und der Sprung zu Tag 3: Auch im Mund hat sich nun einiges getan, Süße und Säure haben sich noch schöner miteinander verwoben als ohnehin schon, gelbe Steinfrucht und eine auch hier leise, aber fast abgründige mineralische Tiefe haben sich eingestellt.
Dieser Wein braucht offensichtlich Luft oder einfach noch mehr Reife. Blöd, dass das die einzige Flasche war. Am Tag 1 ca. zwei Stunden in der Karaffe, danach in der verschlossenen Flasche im Kühlschrank aufbewahrt.
Vom Weingut, 23.- USD, 88+ Punkte (sehr gut), Mitte 2012 bis 2015