J.B. Becker Riesling Wallufer Walkenberg Spätleser trocken, 1993
Kräftiges, mitteltiefes Bernsteingold. Komplexe Nase mit Frucht, deutlicher Gewürznote, mineralischen Anklängen und feinster Edelfirne. Die Frucht erinnert an Apfelbutzen und Aprikosenkonfitüre, gewürzt durchaus markant mit Kümmel, Thymian und einer Ahnung Waldmeister. Ebenso vorhanden ein klares mineralisches Fundament aus Basaltton und Brotkruste. Diese ganzen Nuancen zeigte der Wein aber erst nach etwa drei Stunden in der Karaffe, soviel Zeit benötigte er um sich nach der langen Flaschenlagerung beruhigen und öffnen zu können.
Im Mund fest, mit deutlicher Herkunfts- und Winzercharakteristik. Da fällt zunächst der betont trockene Stil und die kecke Säurestruktur auf. Die hohe Extraktdichte deutet auf eine Spätlese im oberen Öchsle-Bereich hin. Geschmacklich setzt er die erdbezogene Aromatik bei der Mineralik und den Gewürzen fort und erlangt so einen weiten sensorischen Raum, der in einem gelungenen Kontrast zur Säure steht. Die Frucht tendiert am Gaumen nun in Richtung kandierten Zitrusfrüchten, wobei das im Hintergrund erkennbare Kernobst nicht unerwähnt bleiben soll. Der Charme des Weines hält sich somit in Grenzen, er verfügt jedoch allemal für mich als Freund wirklich trockener, durchaus säurebetonter Rieslinge das gewünschte Maß an Frische und Trinkigkeit, dass ihn zu einem perfekten Begleiter an kühleren als auch an wärmeren Tagen macht. Das Alter ist ihm nicht anzumerken, wenngleich auch am Gaumen die Reife zu schmecken ist. Es ist jedoch stilistisch kein Altwein, so konnte ich oxidative Noten nicht erkennen. Insgesamt ein kraftvoller Wein, ohne Alkoholprobleme, mit Rasse, Spiel und Tiefe, der einen beachtlichen Nachhall als finalen Schlusspunkt bereithält.
Vom Weingut, 15 Euro, 90 Punkte (ausgezeichnet), jetzt bis 2015