Heymann-Löwenstein Riesling vom blauen Schiefer, 1997
Über diesen Wein einen Artikel zu verfassen, hatte ich beileibe nicht geplant; zu wenig versprach ich mir von ihm. 1997 gilt heute nicht mehr als besonders vielversprechendes Jahr für (fast) alle trockenen ausgebauten, deutschen Rieslinge. Zu viel Hitze nahm den Weinen über die Jahre ihre Frucht und Frische. Die allermeisten wirken heute breit, manche gar brandig vom übermäßigem Alkohol geprägt. Nur von der Mosel und dem Rheingau hatte ich kürzlich erfreuliche Ausnahmen im Glas. Dazu zählt nun auch der Riesling vom blauen Schiefer von Heymann-Löwenstein.
Gereifte Nase mit deutlicher Petrolnote, geht aber noch eine schöne Verbindung mit der Frucht ein, die an getrockenete Aprikosen und Apfelscheiben erinnert, auch die Botrytis spielt eine durchaus feine, genehme Rolle. Der Duft erinnert unmittelbar an die Terassenmosel dank seiner Würzigkeit, eher erdigen Mineralität und Wachsnoten. Wenn man etwas für gereifte, trockene Rieslinge übrig hat, eine feinsinnige, schöne Nase, wenngleich es an Tiefe fehlt.
Am Gaumen ohne jede Breite oder Opulenz, aber mit viel Saft, Frucht und natürlich Petrol. Die pikante Säure noch ertaunlich harmonisch mit dem Fruchtextrakt verwoben, sie wirkt reif und vermeidet jede Aufdringlichkeit. Die Jahre haben dem Wein seine ursprünglich reichliche Süße ausgejagt, was ihn nun animierend trinkbar macht und dank 11,5% Vol. kann man ohne Reue die Flasche zu zweit über den Abend spielend leeren. Über den gesamten Verlauf deutlich gereift, zeigt seine Frucht aber stets sehr sauber und frisch, die Süße nimmt im hinteren Verlauf etwas ab, die typische Kräuterwürze scheint dann hindurch, die Botrytis zeigt sich nur dezent mit malzigen Noten, beide verleihen dem mittellangen Nachhall eine feine Herbheit, an die ich mich heute nicht stören kann, vielmehr erfrischt sie und erweckt Vorfreude auf den nächsten Schluck. Wer hebt schon die Basisqualität (heute Schieferterrasse) von HL 15 Jahre auf? Ich kann es nur empfehlen, mal eine Flasche zu vergraben, wenngleich die Stilistik des Gutes sich heute ein wenig verändert hat. Ein ungemein animierender Wein, der eigentlich viel höhere Genusspunkte verdient hätte.
Schatzkammer, nicht mehr erhältlich, 86 Punkte, jetzt trinken.