Julian Haart – Die Lagenweine und zwei Süße zum Abschluss
So, es geht weiter mit den Lagenweinen, den beiden Spitzenweinen von Julian Haart, gefolgt von zwei Restsüßen. Dieses Mal gemeinsam mit Guido verkostet. Wir stimmten mit unseren Einschätzungen überein.
Riesling Piesporter Goldtröpfchen, 2012
Reintöniger Duft nach Zitronen und Orangenschalen, Schieferanklänge im Hintergrund, sauber und helltönig. Am Gaumen von mittlerem Körper, saftiger Antrunk mit erneut viel Zitrusfrüchten, vor allem Orangen sind vorherrschend, die Mineralik noch recht verhalten, was bei Jungweinen aus dieser Lage nicht unüblich ist, ein stimmiger Säurebogen begleitet uns über den gesamten Verlauf, fest wirkend, im hinteren Verlauf kommen immer mehr dunkle Beerenfrüchte, wie Holunder und Cassis, auf und bleiben betont lange am Gaumen. Ein überaus gelungener Wein aus einer nicht gerade für trockenen Weine prädestinierten Lage, oder muss ich umdenken? Dürfte von 2-3 Jahren Flaschenreife profitieren. Entwickelte sich folgende Tage immer weiter.
26 Euro, 90-91+ (ausgezeichnet), jetzt bis 2025
Riesling Wintricher Oligsberg, 2012
Im Gegensatz zum Göldtröpchen hier eine von der Mineralität geprägt Nase. Es duftet nach frischen Kräuter, Rauch, Basalt und erhitzem Stein, geht eine schöne Verdinung mit den vorhanden Aprikosen- und Ananasnoten ein. Er juckt in der Nase derart dicht ist er gepackt, eine ausgezeichnete Nase. Am Gaumen bestätigt er dieses Niveau. Erneut von mittlerem Körper, mit dichtem und saftigen Antrunk nach jugendlichen tropischen Früchten, umgeben von Rauch und Kräuterwürze, die Mineralik drängt sich also sofort nach vorne und verleiht dem Wein sofort eine große Tiefe und Ernstaftigkeit. Gerade das Spiel von den leicht lieblichen Tropenfrüchten mit der kräutrigen, ja fast würzig-röstiger Mineralik gibt dem Wein Tiefe und Trinkspaß zugleich mit, herrlich animierendes Säurespiel, enormer Zug am Gaumen, zeigt deutlich Tiefe an, langes Finish. Wow, in meiner jungen Weinkarriere hatte ich den Ohligsberg trocken noch nie so gut im Glas.
31 Euro, 92-93+ (ausgezeichnet), jetzt bis 2030
Riesling Spätleser Wintricher Ohligsberg, 2012
Ein wenig mehr hatten wir uns von der Spätlese versprochen. Es mangelt ihr heute noch an Biss und aromatischer Vielseitigkeit. In der Nase ein glockenklares Bild, wenngleich merkwürdig verhalten, Anklänge von steiniger Mineralität, ein Ahnung jugendlicher tropischer Früchte und Steinfrüchte. Der Auftakt am Gaumen wie man es sich erhofft, blitzsauber, sehr verschlossene Fruchtaromen nach unreifen Pfirsichen und Zitrusfrüchte, die Mineralik etwas unterentwickelt, erinnert eher an des Goldtröpchen als an den Ohligsberg, ein Schieferduft ist erkennbar, die Säure wirkt zurückgedrängt, dadurch fehlt dem Wein in der Mitte die Spritzigkeit, auch im Nachhall dünnt er aromatisch erstaunlich aus und so bleibt nur wenig beschreibenswertes im Nachhall zurück. Man soll uns nicht falsch verstehen, der Wein macht Spaß und ist allemal sehr gut, weil er ansprechend reintönig ist und sicherlich ist er noch zu jung und unentwickelt, aber wir wären bereit gewesen für eine ausgezeichnete Spätlese, nur hierfür fehlt es uns dann doch um einiges, vielleicht korrigeren wir uns in fünf Jahren.
20 Euro, 86+ Punkte (sehr gut), jetzt bis 2027
Riesling Auslese Wintricher Ohligsberg, 2010
Hat das Bukett einer kindlichen Auslese wie ich es mag. Hochrein, ohne jede Botrytis, kandierte Zitrusfrüchte, grüner Apfel, leichte Lacknoten, Orangenschalen, man erahnt schon die Konzentration dieses Weines in der Nase. Am Gaumen rein wie ein Gebirgsbach, nicht zu süß, saftige Zitrusfrüchte, frisch aufgeschnittene Ananas, die Säure puffert den Restzucker perfekt ab und sorgt für den nötigen Schwung, kräutrige Mineralität, wird leicht rauchig im Nachhall, gute Länge, noch sehr jung, aber wozu warten. Vermutlich wird er mit der Reife mehr von seiner Tiefe freigeben, aber heute liegt noch der Tau auf ihm und dass ist ebenso verführerisch. Eine ausgezeichnete Auslese, wobei wir das angepriesene „kaleidoskopartige Aromenspektrum, das ständigen Veränderungen unterworfen ist und er somit zu den größten Weißweinen der Welt gehört“ (Zitat des Händlers) leider nicht entdeckt haben, aber vermutlich fehlt es uns da einfach an Sinn.
20 Euro, 91 Punkte, jetzt 2032