Guigal Condrieu, 2009
Ich muss feststellen, dass ich in der letzten Zeit eine gewisse positive Schwäche für jugendliche Condrieu entwickelt habe. Mit einer Mischung aus überbordenden, kristallklaren Frucht auf der einen Seite und den im Regelfall vanillig-krokantigen Holzaromen als Gegenpart sind diese Weine für mich Argument genug, bar jeder Vernunft zum Korkenzieher zu greifen, anstelle den Weinen ein gutes Jahrzeht Reife angedeien zu lassen. Nichts da, raus mit dem Korken und Spass dabei haben, wie einen solch ein Wein
überrollt verführt.
Und genau so geschah es mit diesem Exemplar: toll schon die Nase, eine Mixtur aus holzwürzigen Aromen, ich rieche Karamell, grüne Nüsse und einen großen Topf Vanillecreme. Barrique deluxe. Dahinter aber eine üppige, jugendliche Aprikose, Orangenblüte, ja sogar Bergamotte. Ungemein dicht und verfüherisch animierend.
Der Wein startet mit einem fülligen Antrunk, in dem Mandarine und Aprikose vorscheinen, dazu wieder cremige Nuss-Vanillenoten. Der Wein zeigt sich mit feiner Säure und schierer,Kraft. Mundfüllender, dichter Stil – der Wein ist (obwohl nicht die ultra-Top-Cuvée des Hauses) ungemein reich an Frucht und Extrakt, dabei aber voll ausbalanciert und – nota bene – trinkig. Betonter mineralischer Ausdruck im weiteren Verlauf, die steinherbe Würze wird immer mehr zunehmend. Langer Nachhall, hier nochmal eine Mischung aus druckvoller Frucht, Stein und schmackhaften Holzaromen, die – insbesondere nach etwas Karaffierzeit – an Kaffee erinnert. Just im letzten Moment geht der Wein eine Spur zu sehr in die Breite, was ihm eine noch höhere Bewertung verwehrt: hier wird der Alkohol – solange der Wein solo genossen wird – einen Tick wärmend. Ein kleiner Schluck blieb drei Tage in der geöffneten Flasche, der Wein wirkt danach sogar noch etwas präziser, weil sich Frucht und Holz noch besser gefunden haben. Wer also Sonntags Lust auf jungen Condrieu hat, sollte schon einmal am Freitag dekantieren. Schaden tut es dem Wein jedenfalls nicht.
Aus dem Fachhandel, 34 Euro, 92 Punkte (ausgezeichnet), jetzt bis 2022