Philippe Gilbert Sauvignon Blanc Menetou-Salon, 2005
Knapp 350 Verkostungsnotizen hat es gedauert, bis – endlich – einmal ein Weisswein von der Loire im Mittelpunkt der hiesigen Aufmerksamkeit steht. Schändlich, schändlich, diese gröbliche Mißachtung, wenn man sich die Qualität der dort angebauten Produkte einmal bewußt vor Augen führt. Aber ich gelobe im Namen der Blogbesatzung hiermit Besserung (auch wenn ich im Zweifel alleine dafür herhalten muss).
Während man die nur ca. 30 km entfernte Appellation Sancerre auch weit über die Landesgrenzen hinaus gut kennt, fristet die AOC Menetou-Salon ein weitgehendes Schattendasein. Nicht zu Recht, wie ich finde. Der Stil der Weine ist denen aus Sancerre recht ähnlich, die Qualitäten sind auch durchaus vergleichbar (soweit ich das bislang beurteilen kann), allein die Preise sind ein klein wenig entspannter, so mein gefestigter Eindruck. Ich selbst bin dieser AOC (und zugleich auch diesem Weingut) zuerst vor einigen Jahren auf einer Weinmesse begegnet, die Qualität, die ich dort ins Glas bekam, liess mich aber schnell hellhörig werden. Und nach einem ersten „Manitou-wer?“ ist die Appellation auch nicht mehr in Vergessenheit geraten. Sauvignon Blanc, das wird nun wirklich niemand mehr überraschen können, ist in der Region die prägende Weissweinrebe. Sie wächst hier (wie auch in benachbarten Appellationen) auf Kalksteinböden.
Auf dem Famlienweingut der Gilberts macht man seit dem 18. Jahrhundert Wein, seit Ende des letzten Jahrzehnts steht es unter der Leitung von Philippe Gilbert, der auf 27 ha neben Sauvignon Blanc auch Pinot Noir anbaut.
Blasses Strohgelb. In der Nase zunächst deutliche Spontinoten, die einen leicht gummiartigen Ton preisgeben, der aber verfliegt – mit mehr Luft schält sich erst verhalten, dann immer deutlicher werdend ein ätherischer Zitrusduft nach vorne, die Nase bleibt dabei weiterhin mineralisch-rauchig-schmutzig (im absolut positiven Sinne). Höchst erfreulich ist das gänzliche Fehlen von Katzenurinnoten – derartige Noten, die einem bei Sauvignon Blanc ja in unterschiedlichster Intensität begegnen können, muss man mögen – oder (so wie ich in aller Regel:) halt nicht. Insofern: erfreulich. Der Antrunk lässt keinen Zweifel offen, das wird ein mineralisches Vergnügen. Saftig, zugleich ätherisch, breiten sich die recht elegant wirkenden Zitronennoten, begleitet von einem leichten und nicht störenden Gerbstofffilm im Mund aus, um dann doch umgehend von der sehr kraftvollen Mineralik umschlossen zu werden. Der Wein ist absolut trocken, ich habe keine genauen Werte, tippe aber auf etwa 2-3 g/l Restzucker. Auch im langen, leicht zitrusschmelzigen Abgang baut der Wein ganz auf die kraftvolle Mineralik. Der Wein gewinnt nochmals mit steigender Temperatur im Glas und sollte bei ca. 12 Grad getrunken werden; was seine Stilistik betrifft: dies ist kein Wein für Freunde von fruchtbetonten Sauvignon Blanc. Ein wirklich ansprechender, ja auch ein wenig (positiv) anstrengender Wein mit einem sehr ordentlichen Preis-Genussverhältnis. Offen und undekantiert getrunken.
Im Fachhandel gekauft, 12,50 Euro, 89 Punkte (sehr gut), bis 2010 trinken.