Domaine de la Tour du Bon Saint-Ferreól Bandol, 2004
Bandol ist nicht nur ein Städtchen an der Cote d’Azur, die Küste und die Hügel darum herum ergeben auch das danach benannte Weinbaugebiet. Die Rebfläche ist winzig, kleiner als das nur 30 Kilometer westlich liegende Stadtgebiet von Marseilles. Und doch ist der Weinstil unverkennbar. Die Weine sind eigenartig undurchdringlich, sie haben rein gar nichts mit den üppigen, warmen Südrhone-Weinen zu tun und ebenso wenig mit den fruchtig-würzigen Languedocs und Roussilions. Der Stil ist viel kühler, fast salzig, man glaubt hier die Nähe zum Meer und die kühlen Winde zu schmecken. Gewonnen wird der Bandol zum größten Teil aus Mourvedre, einer ganz kleinbeerigen Traube mit viel Tannin, das auch den Stil des Weines prägt. Die Domaine de la Tour du Bon zählt zu den Senkrechtstartern in der kleinen Region, der Saint Ferréol ist das Spitzencuvée des Weinguts. Der Anteil an Mourvedre wurde seit 1999 immer weiter vergrößert und liegt mittlerweile bei 95 Prozent.
Im Glas gar nicht mal dunkel, ein eher helles, leicht violettes, trübes, fast stumpfes Rot von Cocktailkirschen, am Glasrand ziehen sich Kirchenfenster auf. In der Nase Schwarzkirschen und andere dunkle Beeren, dazu eine leichte, würzig-harmonische Stallnote und auch etwas Schokolade. In der Nase eine kühle Stilistik, ätherische Noten, etwas Garrigue, von Alkohol trotz der 14,5 Prozent keine Spur.
Im Mund wird es dann richtig spannend. Haben Sie schon mal einen Bleistift gegessen? Ich nicht, aber sollte das gut sein, stelle ich es mir vor wie bei diesem Wein. Ganz viel Graphit, dazu nicht zu würziges Holz. Eine tolle Tanninstruktur, viel und weich, mit Potenzial für einige weitere Jahre. Die Aromen sind dunkel und haben eine süße Würze, eine eigenartige, tolle Mischung aus Blaubeeren, Tinte und Blut — der richtige Wein für die aktuelle Vampirsaison. Im Mund kommt die ätherische Kühle zwar etwas kürzer als in der Nase, aber sonst ist der Antrunk das Schönste an diesem Wein. Das Tannin ist wunderbar weich, die Fruchtaromen wirken konzentriert, aber elegant, hinzu kommen kühle erdige und pilzige Noten. Der Alkohol wird auch im Mund richtig gut weggepuffert. Der Abgang hat Länge auf den tintig-würzigen Aromen, die Tannine werden hinten sogar noch etwas salzig. Insgesamt ein wunderbarer, typischer Bandol mit einiger Eleganz und ersten Reifenoten. So schön Bandols auch sind, das Problem damit ist die lange Flaschenreife, die die Weine brauchen. Auch diese Flasche wurde vielleicht etwas zu früh geköpft. Auch wenn es dabei nichts zu bereuen gab — wer so geduldig sein kann, sollte trotzdem noch zwei Jahre warten.
Nachtrag: Auch 24 Stunden später ist der Wein noch voll da, die Aromen sind sogar noch etwas ausgeprägter, zur Graphitnote gesellen sich noch Pfeffer und Piment. Der Wein punktet noch höher als am Tag zuvor, also am besten gleich sechs, sieben Stunden dekantieren.
Aus der Preisaktion beim Fachhändler, 12,50 Euro (eigentlich um 28 Euro), 91 Punkte (ausgezeichnet)