Domaine de Chevalier Pessac-Leognan, 1989
An den Rändern ein altersgerechtes Ziegelrot, im durchscheinenden Kern ein mittelintensives Kirschrot, zarter Wasserrand. Zieht schöne gotische Kirchenfenster in der Glasinnenwand. Gänzlich aufgeblühte, wunderbar zarte Bordeaux-Nase. Noble Vielschichtigkeit der leisen Töne, kommt auf Zamtpfoten daher. Reife, rote Waldbeeren und Backpflaumen verwoben mit Rauch (erinnert irgendwie an versengte Textitien), Tabak und Teernoten. Letzeres sorgt für Kontur und Spannung. Nach einer Weile wird das Bukett noch um Leder und Schokolade ergänzt. Zum reinlegen. Am Gaumen ebenso zurückhaltend, von schlanker Statur, setzt voll auf Eleganz. Diese schwerelos-leichte Art hält der Wein über seinen gesamten Verlauf, auch seine Tannine und die Röstaromen vom Faßausbau spielen mit. Delikater, feinfruchtiger und würziger Auftakt. Milde, fast samtige Tannine kugeln über meine Zunge und zu meiner Freude zeigen sie im hinteren Verlauf ein klein wenig Kontur. Das Holz ist vollkommen mit den rotbeerigen Fruchtaromen verwoben. Ahnungen von Schinkenspeck, Rauch, mildem Kaffee und Tabaknoten, retronasal kommen die Röstaromen etwas verstärkt auf. Leider kann der Wein dieses noble Spiel nicht im Abgang durchhalten. Hier wird ihm seine Eleganz zum Verhängnis, denn nun eher dünn bleibt nach einem knapp mittellangem Abgang nicht mehr viel zurück. Trotzdem bin ich hin und weg ob der Eleganz und der vielschichtigen Aromatik. Hier beherrscht jemand sein Handwerk ganz ausgezeichnet. Von der Flasche ins Glas und war sofort bereit groß aufzutrumpfen. Ein Solo-Wein zum Selbststudium.
Der 89er-Jahrgang ist in dieser Dekade eine Ausnahme. Die meisten anderen 80er-Jahrgänge erreichen in der Regel nicht diese Qualität, vielleicht ausgenommen vom 83er. Die neueren Jahrgänge sollen aber wieder sehr schmackhaft sein.
Vom Fachhandel, ca. 60 Euro, 91,5 Punkte (hervorragend), jetzt bis 2015