Domaine de Chevalier Pessac-Leognan, 1983

Domaine de Chevalier Pessac-Leognan, 1983

Der 83er von Chevalier soll ein sehr klassischer, überaus gelungener Vertreter dieses Jahrganges sein , dass überwiegend eher leichte und elegante Weine hervorbrachte. Nach meinen Dafürhalten wurden im südlicheren Medoc die besseren Weine erzeugt – es blieb dort eben trocken im Herbst, während es im Norden viel regnete. Insbesondere der Chevalier wird in der Literatur immer wieder lobend erwähnt und so kam der Wunsch auf diesen Wein einmal im Glas zu haben.

Sehr helles, durchscheinendes Ziegelrotbraun mit rostbraunen Reflexen, deutlicher Wasserrand. Nicht untypisch für einen 83er, aber doch arg dünnflüssig, fast wässrig abfliessend an der Innenwand meines Glases. Ich gestehe, ein wenig Sorgen um meine Investition von immerhin 60 Euro machte ich mir auf Anhieb. Die Nase zeigt unmittelbar einen gereiften Bordeaux an. Erstaunlich expressiver, aber noble zurückhaltender Duft. Ein wilde Mischung aus Gewürzen, tierischen Anklängen, frischen Kräutern und einem medizinalen Touch, der mich an Jod erinnert. Demnach auch ein mineralischer Einschlag. An Aromen notiere ich ein Mix aus Waldboden, Minze, Pilze, ein Hauch Brombeeren, Leder und auch Tabaknoten. Die anfänglichen Muff- und Altersnoten ala Liebstöckel und gar Bartensaft verschwinden nach 2-3 Minuten im Glas. Die Minze kommt immer stärker auf und haucht dem Chevalier Frische ein. Trotzdem bleibt es eindeutig eine Nase von einem gereiften Wein, dessen Entwicklung bereits weit fortgeschritten ist. Ausgemachter Altweintrinker muss man dafür aber nicht sein. Die Tiefe und feinsinnige Art mildern meine anfängliche Sorge.

Im Mund wirkt der Wein nun doch älter, schon knapp über den Höhepunkt hinweg. Recht schlanger, fast harter Antrunk. Zwar findet man noch eine Vielzahl an Aromen, aber man muss schon ein wenig Zeit mitbringen – kein Wein für schnelle Blindverprobungen. Deutliche Altersnoten in Form einer Winzigkeit zuviel Kräuter, einer prägnanten Säure und er wirkt auch bereits ein wenig gezerrt. Dahinter zeigt sich aber sehr deutlich seine ehemalige Kraft und Struktur. Dunkle Kirschen, halbbittere Schokolade und feine Tabakaromen sorgen noch für einen angenehmen Verlauf. Die Tannine sind gut eingebunden, trocknen leider aber immer noch etwas aus. Die opitmale Balance wird er nicht mehr finden. Der Körper ist hierfür zu dünn und die Frucht bereits zu sehr auf dem Rückzug. Was bleibt ist seine Eleganz, sein Spiel, einfach seine aromatische Tiefe. Für Freaks wie mich, die immer auf der Suche nach dem Aromabild eines Weines sind, ein ungemein spannendes und lehrreiches Spiel. Im hinteren Verlauf gewinnt der Wein. Die Eleganz nimmt zu und seine Strenge ab und verwöhnt im Nachhall gar mit warmen Tabakschwaden, dunklen Waldfrüchten und ein wenig Wild- und Ledernoten. Sehr gute Länge. Ach ja, das Bordeaux der 80er war halt einfach schön. 1 Stunde in der Karaffe, baute am zweiten Tag deutlich ab.

Vom Fachhandel, ca. 60 Euro, 87 Punkte (sehr gut), jetzt trinken

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