Ein neuer Star am Priorat-Himmel – der 1902er von Mas Doix?
Mit dem 1902 will die Cellar Mas Doix in die Gefilde eines L´Ermita oder Clos Erasmus vorstoßen. Den ersten Jahrgang 2009 konnte ich nun bei meinem geschätzten Weinfreund Norbert halbblind* verkosten. Der Name des Weines gibt das Jahr der Pflanzung jener Carinena-Rebstöcke wieder aus dem dieser Wein zu 100% bereitet wird. Der Wein kam in einem dreier Flight mit zwei weiteren, hochwertigen Priorat-Weine auf den Tisch. Aufgrund ihrer Jugend wurden alle Weine für 1,5 Tagen in der Karaffe belüftet.
1 Trosset de Porrera, 2009
Intensives Bukett an eingelegten Kirschen, Orangenscheiben, milde Bitterschokolade, leichter Hang zu Überreife, schönes mineralisches Fundament nach Graphit. Am Gaumen kraftvoll, saftiger Antrunk nach marmeladigen Kirschfrüchten, Waldbeeren und Zitrusfrüchten, mitten drin eine herrlich salzige Mineralität, die Frische in den Wein bringt, erneut deutliche Graphitnoten, die Tannine leicht trocknend und wirken nicht ganz charmant, die Aromatik wird auch leicht über den Alkohol getragen, ist aber noch nicht wärmend, sehr gute Länge. Ein sehr schöner Wein, dem aber die letzte Klarheit und Finesse fehlt. Dies wird aber am Tisch auch durchaus anders (=viel besser) gesehen.
88+/100
2 Mas Doix 1902, 2009
Tiefsinnige Nase von höchster Noblesse nach Blaubeeren, Schlehen und einer fleischigen Schwarzkirsche, daneben Zitrusabrieb, Teer und steinige Mineralität, einfach großartig, ohne jede Schwere oder Aufgesetztheit, besser geht kaum. Am Gaumen kann der Wein ebenfalls voll überzeugen, trotz seiner ganzen (jugendlichen) Wucht behält er immer die Balance und eine einmalige Feinsinnigkeit, Essenz von Kirschfrucht und Blaubeeren im Antrunk, die salzige Mineralität beisst in den Gaumen, Graphit und Kalkstein notiere ich mir, in der Mitte gibt sich das Holz mit einem Bitterschokoladenton zu erkennen, die Säure spielt bereits wunderbar mit den anderen Komponenten und so empfinde ich ihn als überaus trinkanimierend, was man nur wirklich wenigen Priorat-Weinen zubilligen kann, der 1902 ist es, die Aromen ändern sich laufend und werden erst nach einer ausgiebigen Flaschenreife ihre ganze Pracht entfalten, ein nahezu duftiger Wein, langes Finish. Großartig und ein Quantensprung zum Vorgänger. Ob er 200 Euro wert ist, sollen andere entscheiden.
95-96/100
3 Celler De L´Encastell Roquers de Samso, 2010
Wirkt im Bukett etwas süßer und spürbar stärker vom Faßausbau bestimmt, was mir eine Spur zu viel ist. Gefallen haben mir jedoch die klaren Waldbeeren und Schwarzkirschen, neben den Anklängen von Karamell und Schokolade insgesamt eine kühle Aromatik. Am Gaumen fällt mir ebenso unmittelbar seine kühle Aromatik auf, bereits im Antrunk tritt die steinige Mineralität deutlich hervor, die Frucht erinnert mich an saftigen Schwarzkirschen und dunklen Beeren, deutlich ummantelt vom Faßausbau und durchzogen von Bleistift und Kieselsteinen, macht den Wein eigenständig, im weiteren Verlauf wird der Wein immer kompakter, die Jugend hat ihn fest im Griff, in Nachhall zeigt sich leider ein Hauch zur Überreife, die Tannine heute noch etwas trocknend, mittleres Finish. Der Wein hat aber viel Potential, wenn die Frucht das Holz- und Tanninkleid abgelegt hat, hinreichend Substanz sollte vorhanden sein. Ein wirklich ausgezeichneter Wein, der aber nicht an den 2009er-Jahrgang heranreicht.
92+/100
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*Halbblind – Die beiden Begleiter kannte ich nicht, wußte jedoch, dass einer der drei Weine der 1902 sein musste. Die Reihenfolge meiner Notizen entspricht dem Flight.